Die Schulerau im 18. Jahrhundert unter Habsburgischer Herrschaft (II)

Ein Nebenschauplatz der kriegerischen Auseinandersetzungen um die befestigte Stadt Kronstadt

Der Aufmarsch der Junii-Reiter am ersten Sonntag nach den orthodoxen Osterfeiertagen ist heute zum Kronstädter Stadtfest erklärt worden.
Foto: Hans Butmaloiu

Für das Jahr 1728 verzeichnet die historische Forschung über   die Bräuche  der   rumänischen Bevölkerung   in  der    Oberen Vorstadt    von    Kronstadt  ein  besonderes Ereignis: die erste schriftliche    Erwähnung  des   alljährlich  bei  den   Salomonsfelsen stattfindenden Festes der „Junii“ (Oltean,V.: „Junii din Şcheii Braşovului“. Monografie istoric². Edict Production. Iaşi 2005.)

Dieses wahrscheinlich seit ältesten Zeiten praktizierte Volksfest der Rumänen aus der Oberen Vorstadt hat einen sehr originalen, unverwechselbaren Ablauf, der in dieser Form selbst im Altreich jenseits der Karpaten nicht bekannt war.

Der Kronstädter Archäologe und Heimatforscher Dr. Julius Teutsch hatte in seinem Bericht „Die Salomonsfelsen bei Kronstadt“ im „Bericht  des Burzenländer Sächsischen Museums in Kronstadt“ (1913) auf den wahrscheinlichen Ursprung dieser sehr spezifisch rumänischen volkstümlichen Veranstaltung der „[cheier“ hingewiesen: Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Brauch, der auf ein vorchristliches Fruchtbarkeitsritual hinweist und seit ältesten Zeiten praktiziert wurde.

Besonders interessant und den meisten Heimatkundlern auch nicht bekannt, ist Prof. Vasile Olteans Erwähnung des alten  rumänischen Volksbrauches der „Sonnenerscheinung“, der früher alljährlich am Schuler stattfand.

Am  Abend  vor  Pfingsten  wurden  die  rumänischen  Bewohner   der  Oberen Vorstadt   von Kronstadt durch Torklopfen (mit den sehr charakteristischen schlangenförmigen  metallischen Klopfvorrichtungen an den meisten Toren) verständigt, sich zu versammeln, um am Abend eine gemeinsame Wanderung auf den Schuler ( rumänisch  „Postăvar“) zu unternehmen. Mit großer Wahrscheinlichkeit beschritt man den bekannten Weg der Herden von den Salomonsfelsen durch die „Valea Oabenului“, vorbei am „Heldengrab“, über den „Crucur“ auf das Schuler- Gebirge.

Am Schuler angekommen, verharrte man bis zum Sonnenaufgang. Nach dem Sonnenaufgang warfen alle Anwesenden umherliegende Steine und Hölzer der Sonne entgegen – ein magisches Ritual, mit welchen vermeintlich verhindert wurde, dass die bösen Geister (rum. „vîrcolacii“) die Sonne stahlen. Wie Prof. V. Oltean in seinem oben zitierten Buch erläutert, stammt diese Information aus mündlichen Berichten der Vorfahren. Im Unterschied zum Fest der „Junii“, wird dieser Brauch schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr praktiziert.

Die österreichischen Besatzungstruppen in Siebenbürgen hatten im Jahre 1701 neben der weiteren Gültigkeit der spezifisch siebenbürgischen Maßeinheiten  auch die in Österreich ge-bräuchlichen Maßeinheiten  eingeführt. Man hatte aus Österreich auch moderne Vermessungsverfahren und das nötige  Instrumentarium zu Vermessungen und Kartenerhebung nach Siebenbürgen mitgebracht.

Laut Quellen begann Jacob Zultner am 27. Juli 1732, auf Empfehlung des damaligen Stadtkommandanten, die Vermessung der Stadt Kronstadt. Einige Jahre später (1737) veröffentlichte Oberstleutnant Franz von Seethal den ersten handgezeichneten Stadtplan von Kronstadt (Zultner–Seethal-Karte).

Nachdem im Jahre 1778 in den Quartalen der Stadt Kronstadt die Hausnummern vergeben wurden, hatte in dem Exemplar der Zultner–Seethal-Karte  aus den Kronstädter  Staatsarchiven jemand die Grundstücke und Häuser nebst Nummern eingetragen. Leider enthält die Zultner–Seethal-Karte aus den Kronstädter Stadtarchiven nicht auch das Gebiet der Salomonsfelsen und der Schulerau.

Im Herbst  des Jahres  1732, am 9. Oktober, wurde der Besuch des Herzogs von Lothringen in Kronstadt angekündigt. Da dieser sich voraussichtlich an einer organisierten Jagd beteiligen wollte, verkündete der Magistrat im ganzen Stadtgebiet und Umgebung das Jagdverbot. Das gesamte Gebiet der Schulerau war davon betroffen.

Im Januar 1738 sah sich der Magistrat der Stadt veranlasst, die Stadt-Gebirge, darunter auch die Schulerau und das Schuler–Gebirge, nach Abführen einer festgelegten Taxe unter die 25 „Senatores“ des Stadtrates zu verteilen. Die Maßnahme erwies sich als notwendig, um die sehr hohen Schulden der Stadt zu sanieren. Durch die Forderungen der Besatzungstruppen waren die Ausgaben der Stadt auf das siebenfache, auf 260.000 Fl. angestiegen.

Da in den Wirren des Kuruzen–Krieges  seit 1705 der Martinszins nicht mehr bezahlt wurde, entstanden in der Mitte des 18. Jahrhunderts Zahlungsforderungen von 400.000 Talern, auf die der Kaiserhof in Wien Anspruch erhob. Durch kluges Taktieren konnte Baron Samuel von Brukenthal die Kaiserin Maria Theresia in Wien überzeugen, dass eine so hohe Summe nur über mehrere Jahrzehnte mit angemessenen Zinsen erstattet werden konnte. Brukenthal hatte eine Zeitspanne von 77 Jahren ausgehandelt. Schon im Jahre 1823 waren alle Schulden beglichen.

Im  Jahre  1738   wurde  Kronstadt  von  einem  schweren  Erdbeben  heimgesucht. Es wurden mehrere  wichtige  Gebäude  der  Stadt baufällig,   wie  zum  Beispiel  das  Hauptgebäude  der Honterus-Schule sowie das Gebäude der Kapelle des Männerkonvents  „Peter und Paul“.  In den darauf folgenden Jahren  wird das Gebäude der Honterus-Schule  neu aufgebaut. Die Kapelle des Männerkonvents dagegen wurde abgerissen und eine neue barocke Kirche in der Klostergasse für die katholische Bevölkerung der Stadt gebaut.

Nach dem Regierungsantritt der Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1740 stellte sich in ganz Siebenbürgen und im Burzenland eine Periode der wirtschaftlichen Erholung  ein. Viele  Gebäude in der Stadt, die noch durch den großen Brand  im Jahre  1689  beschädigt  auf einen Wiederaufbau  warteten, konnten nun fertiggestellt werden, darunter auch die Überdachung der großen Marienkirche (seit damals „Schwarze Kirche“). Die ganze Zeitspanne ist gleichwohl nicht nur positiv zu bewerten.
     
(Fortsetzung folgt)