Diskrete Kompetenz und Hilfsbereitschaft – suspekte Eigenschaften

Ein Nachruf auf Dipl. Ing. Georg Franz

Dipl.-Ing. Georg Franz (23.1. 1952 – 2.7. 2012)
Foto: Wolfgang Wittstock

Auf welchen Franz sich die ADZ-Todesanzeige vom 3. Juli beziehe, wollte ein Bekannter wissen und bemerkte nach erfolgtem Bescheid: „Der war wohl nicht sehr aktiv...“. Obwohl die Bemerkung eher entschuldigend als abwertend gemeint war, veranlasste sie mich, meine persönlichen Erfahrungen mit Georg Franz zurückzuspulen.

Als KR-Redakteur hatte ich wiederholt sowohl beim Nussbacher Agronomen als auch beim Mitglied der Kirchengemeinde-Vertretung Georg Franz journalistische Informationen eingeholt. Ein Highlight in diesem Sinne war die Gaunerkomödie, die die Gemeindeverwaltung dem sächsischen Landwirten und Fuhrmann J. Sch. zu spielen im Gange war und wo der Betroffene die KR zu Hilfe gerufen hatte. Georg Franz kannte den Fall und hatte J. Sch. vergebens davor gewarnt, sich auf den Deal einzulassen: J.Sch. sollte den Gemeindestier nachts in seinem Hof einstallen und tagsüber der Gemeindehirte den Stier und die Verantwortung übernehmen.

Das klappte nur kurzfristig, bis der Hirte sanft einnickte und der Stier auf den Bahngleisen den Tod fand. Dafür sollte nun plötzlich Nachtquartiergeber J. Sch. geradestehen. Entgegen der sprichwörtlichen Weisheit half Georg Franz seinem Landsmann, der sich nicht hatte beraten lassen, gegen seinen Arbeitgeber (Franz war damals schon Chef des Territorialen Landwirtschaftszentrums Nussbach/Măieruş). Statt den Stier zu bezahlen, musste J. Sch. ein paar Fuhren Holz aus dem Geisterwald karren...

Ein paar Jahre später – die Saxonia betreute die siebenbürgenweit gegründeten Landwirtschaftsvereine im Rahmen der bundesdeutschen Förderungsprogramme. Inzwischen erfolgte diese Betreuung weitgehend durch einen deutschen Berater, der den Vereinen Entwicklungsrichtungen aufzwang, denen sie nicht gewachsen waren. Schließlich agierten der Berater und seine Mitarbeiter in eine vom Forum nicht mehr kontrollierbare Richtung und die von ihnen gegründete Gesellschaft „SCAT“, die mit der Zielgruppe nichts mehr gemeinsam hatte, profitierte allein von der Förderung.

Die fachmännischen Bedenken  und Mahnungen erfahrener Landwirte (darunter auch G. Franz) führten schließlich dazu, dass die Forumsleitung auf die Dienste des deutschen Beraters verzichtete und die Fördermittel sinnvoller und gezielter eingesetzt werden konnten. Die Saxonia indes nutzte die fachliche Kompetenz von G.Franz, der zuerst in die Vollversammlung delegiert worden war und bald darauf in den Vorstand gewählt wurde, wo er vollverantwortlich zur Auswahl und Beratung der zu Fördernden beitrug.

Außerdem erteilte er in- und besonders ausländischen Fragestellern und potenziellen Investoren brauchbare Antworten auf ihre Fragen im landwirtschaftlichen Bereich. Oft beantwortete er die an ihn weitergeleiteteten Briefe, Faxe und E-Mails selbst. Die Reaktion war meistens eine sehr dankbare – für Promptheit und Kompetenz. Nicht umsonst hatte der Spitzenabsolvent des Temeswarer Agronomie-Instituts sowie zahlreicher in- und ausländischer Fachseminare, Workshops und Erfahrungsaustausche sich mit den neuesten Erkenntnissen und Methoden westlicher Landwirtschaft vertraut gemacht: 1991-2002 war er Leiter des Agrarzentrums Nußbach, 2002-2005 avancierte er im gleichen Zentrum zum Verantwortlichen auf Kreisebene für die Erstellung des EDV-Landwirtschaftsregisters und schließlich wurde er 2005 bei der Agentur für Landwirtschaftssubventionierung (APIA) Fachberater und verantwortlich für die Begutachtung der Subventionsanträge im Bereich Tierzucht.

Ab dem 1. September 2006 war Dipl. Ing. Franz Leiter der Abteilung Planung, Koordinierung und Überwachung des Kreiszentrums Kronstadt/Braşov der APIA. Allein der sächsische Landwirtschaftsverein in Nussbach, wiederholt gefördert und betreut durch die Saxonia, verzichtete trotz erheblicher Funktionsstörungen auf die Beratung und aktive Hilfeleistung des ortsansässigen Fachmanns.

Auf Bitten der Saxonia versuchte Franz weiterhin mit Rat und Tat zu helfen. Schließlich zog er sich auf die geerbten und einige gepachtete Hektare zurück und bearbeitete mit seiner Familie (Ehefrau Agnes und den Söhnen Siegfried-Wolfgang und Georg Sebastian) „seine Farm“ mustergültig.

Inzwischen musste die Saxonia eine Tochterstiftung (die Saxonia-Transilvania wurde 2007 vom Siebenbürgenforum gegründet) mit der Wirtschaftsförderung betreuen. Georg Franz wurde Mitglied des fünfköpfigen Direktoriums dieser Stiftung und von diesem zum Vorsitzenden gewählt.
Am 16. November 2011 besuchte eine Fachdelegation des bayerischen Landwirtschaftsministeriums auf einer Rumänienreise das Saxonia-Haus in Rosenau.

Auf Initiative des deutschen Generalkonsuls Thomas Gerlach sorgte die Saxonia für einheimische Gesprächspartner - unter ihnen auch Dipl. Landwirt G. Franz. Nachher bestätigte der Delegationsleiter, dass „Herr Franz der bisher beste Gespächspartner war“... Die Delegation kam aus Bukarest , wo sie mit hochrangigen Fachleuten der Branche gesprochen hatte.....

Aber: „Es kann der Beste nicht in Frieden leben,/
wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“
(Friedrich Schiller).

Für G. Franz war der „böse Nachbar“ sein neuer Direktor, ein aus dem Unterrichtswesen gefeuerter Geschichtslehrer (mit angeblich einflussreicher Verwandtschaft), dem die Kompetenz und Arbeitsfreude seines besten Mitarbeiters nicht geheuer war und der ihn deshalb zusammen mit seinem Vorgänger (ehemaligen Direktor) in einen Strafprozess verwickelte, in dem Franz keinerlei Schuld zugesprochen werden konnte. Diesen Schlag konnte ein Mensch von der moralischen Textur eines G. Franz nicht verkraften. Seine Zuversicht in eine gerechte Lösung dauerte über 2 Jahre, während deren er suspendiert und ohne jedes Einkommen war. Nicht so seine Gesundheit. Zum Jahresbeginn 2012 erschienen die ersten Symptome, die leider im Falle dieser Krankheit meistens das fatale Ende derselben ankündigen.

Sein tapferes Ringen mit dem Leiden erlahmte, als er Ende Juni das Prozessurteil erfuhr: völlig unschuldig!

Wahrscheinlich hat Georg Franz nur noch für dieses Urteil gelebt, denn manche Nussbacher haben ihm und seiner Familie ihre Zweifel an seiner Unschuld nicht verborgen.

Für einen unbekannten, unaktiven Zeitgenossen war die Trauergemeinde seines Begräbnisses am 4. Juli außergewöhnlich: Vom Ortseingang und bis zum Zentrum war seine Gasse, die „Strada Braşovului“ in Nubach vollgeparkt. Sein bester Schulfreund und Banknachbar im Repser „Şt. O. Iosif“-Lyzeum, Polizeioberst i. R. Gheorghe Creţu, stand die ganze Zeit fassungslos am Sarg und „wartete auf das Aufwachen aus diesem Albtraum, denn wie kann Gott den Franz abberufen und so viele Sünder frei herumlaufen lassen...?“