Dokumentarfilm beeindruckte tief die Zuschauer

Regisseur Florin Besoiu stellte „Die Alptraumreise“ über die Russlanddeportation vor

Der Vortrag von Florin Besoiu und der Dokumentarfilm waren ergreifend.

Der Umschlag der DVD mit dem Dokumentarfilm „Der Alptraumreise“.

Kopie einer Akte der Behörden von Donezk aus dem Jahre 1964, durch die die Beteiligung an der Zwangsarbeit vom 13. Januar 1945 bis zum 15. November 1949, bestätigt wird.
Fotos: Dieter Drotleff

Heuer erfüllten sich im Januar 67 Jahre seit der Deportation der Rumäniendeutschen zur Zwangsarbeit in die ehemalige Sowjetunion. In diesem Kontext wurde vergangenen Dienstag, dem 17. Januar, im Rahmen der deutschen Vortragsreihe im Festsaal des Kronstädter Forums, der Dokumentarstreifen „Die Albtraumreise“ („Călătorie de coşmar“) von Florin Besoiu vorgeführt, der zugleich für Drehbuch, Schnitt und Regie zeichnet und den Film zum Großteil auch finanzierte.

Vermittels von vier dabei Betroffenen aus Mühlbach  – Grete Zink, Agnetha Fakner, Christian Dahinten und Friedrich Mauksch die ihre Erinnerungen  zur Sprache bringen und das von ihnen Erlebte  schildern –  und auf Grund der zahlreichen Archivfotos aus den Lagern, hat der Autor einen beeindruckenden Dokumentarfilm geschaffen, der es verdient, in breiten Kreisen vorgeführt zu werden, damit niemals mehr solche Willkürakte gegen Menschen stattfinden. Aufklärend wäre dessen Vorführung auch in Schulen im Fach Geschichte, bezogen auf die Minderheitenproblematik.

Die einleitenden Filmsequenzen zeigen das Wappen der Sowjetmacht, die berüchtigten Hammer und Sichel,  Stalinbilder und einen kurzen Rückblick auf die Sommeroffensive 1944 der russischen Streitkräfte,  und versetzen den Zuschauer in die  Atmosphäre des Jahres 1945 .

In die Geschichte von Mühlbach führt der Autor durch die Vorstellung der evangelischen Kirche ein, um dann die Gesprächspartner zu Worte kommen zu lassen.

Die beiden Frauen berichten über die Aushebung, wie sie in kürzester Zeit sich für die Fahrt vorbereiteten mit Kleidung und Essen, die sich natürlich als unzureichend erwiesen, über den Transport in den Viehwaggons bis zu einem ungewissen Ziel, die  erlittene Kälte, über das Rattern der Räder, das sie jahrelang verfolgte, die unmenschlichen Bedingungen in den Lagern, über den Mangel an Nahrung, die Krankheiten, von denen sie befallen wurden, die schweren Arbeitsbedingungen, über die gesundheitlichen Folgen für ihr weiteres Leben.

Die beiden  Männer, von denen der Erste als Kind Zeuge wurde, wie sein Vater verschleppt wurde und die Mutter mit sechs Kindern zurückblieb, wobei der Vater in der Sowjetunion an  Hunger und Erschöpfung starb, berichten aus ihrer Jugendzeit voller Entbehrung. Der zweite Gesprächspartner, der noch nicht der Alterskategorie angehörte um deportiert zu werden, ist der Verschleppung nur knapp entgangen, da er sich im Keller rumänischer Bekannter verstecken konnte.

Bekanntlich wurden auch Jugendliche oder ältere Personen ausgehoben, die nicht auf den Listen standen aber mitgenommen wurden, wenn die Anzahl der für die Deportation bestimmten Personen nicht zusammen kam.   Insgesamt 177 Sachsen, Frauen und Männer wurden aus Mühlbach deportiert, die in 17 Arbeitslagern in der Sowjetunion verteilt waren. Abschließend zu der Vorführung kam es auch zu einem Dialog zwischen dem Regisseur und Teilnehmern an dem Filmnachmittag, wobei Florin Besoiu den Wunsch äußerte, falls Dokumente zur Deportation, Fotos  sich in Besitz der Betroffenen oder deren Nachkommen befinden, diese beim Kronstädter Forum kopieren zu lassen.

Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK), der die Vorführung dieses Dokumentarfilms vermittelt hat, erklärte sich bereit, ihm diese Materialien anschließend zu senden, die der Autor für seine nächste Filmdokumentation zu diesem Thema verwenden wird.

Wie der junge Regisseur – Florin Besoiu wurde 1984 in Mühlbach/Sebeş geboren – auf die Idee kam, eine solche Dokumentation zu erstellen, erklärte er uns selbst. „Auf einer Hochzeit traf ich durch Zufall den Direktor des Geschichtsmuseums meiner Geburtsstadt und als er hörte, ich habe Theater und Regie in Hermannstadt studiert, fragte er mich, ob ich nicht Interesse habe, einen Film über die Deportation  zu verwirklichen. Wir führten später mehrere Gespräche, er bot mir auch einige Anhaltspunkte. Um ehrlich zu sein, ich hatte eigentlich wenig Kontakt zu den Sachsen gehabt und war auch nicht mit deren Geschichte vertraut. Aber durch die sechs Jahre, die ich in Hermannstadt beim Studium und am Theater verbrachte,  sowie die Teilnahme an einem Filmworkshop, kamen sie mir näher. Ich war angetan von deren Lebensauffassungen, Mentalität, Lebensweise. Auch habe ich von Anca Bratu als Regisseurin viel gelernt und habe mich mit SF-Filmen an Festivals beteiligt, war im Ausland damit in Bratislava, Gent u. a. Dieses ist allerdings mein erster Dokumentarfilm, den ich erstellt habe.“

Florin Besoiu lebt in Klausenburg und beabsichtigt eine weitere Folge über die Deportation zu erstellen, in der er besonders auf die geschichtlichen Hintergründe eingehen möchte. „Für ‘Die Albtraumreise’ habe ich alle möglichen Quellen benutzt, habe Kontakt mit betroffenen Personen aus Mühlbach, aber auch aus Deutschland aufgenommen. Auch waren mir die beiden Bände von Nicolae Avram nützlich, der über die Deportation der Mühlbacher Sachsen geschrieben hat.“

Anschließend an den Vortrag in Kronstadt konnte die DVD, die den Film enthält, erworben werden. Weitere Interessenten daran müssen sich an das Evangelische Pfarramt von Mühlbach wenden, wo die DVD aufliegt. Der Autor hat bisher seinen Dokumentarstreifen in mehreren Städten wie Mühlbach, Hermannstadt, Petersdorf, Klausenburg, Temeswar und Sathmar gezeigt, wo der Film viel Anklang fand und mit gleicher tiefer Ergriffenheit aufgenommen wurde. Somit kann man mit Erwartung seiner zweiten diesbezüglichen Dokumentation entgegensehen.