Ein Vorbild von Hoffnung und Zuversicht

Imposante Aufführung von Mendelssohns „Elias“ in Kronstadt

Ein großes Ensemble für ein großes Werk – Mendelssohns „Elias“ beeindruckte das Publikum in der Schwarzen Kirche.
Foto: Bela Benedek

Zum Abschluss einer Woche, in der beinahe täglich Musik Kronstädter Komponisten in der Darbietung Kronstädter Interpreten erklang, krönte die feierliche Aufführung des Oratoriums „Der Elias” von Mendelssohn in der Schwarzen Kirche die diesjährige elfte Auflage der Festspiele „Musica Coronensis”.

Entstanden ist die Konzertreihe vor einem Jahrzehnt aus dem Bestreben, die musikalischen Kräfte der Stadt am Fuße der Zinne zu bündeln und ein hochwertiges geistiges Forum rund um die Schwarze Kirche zu schaffen, in dem die Kronstädter Kulturinstitutionen eng zusammenarbeiten. Mit anderen Worten: „Musica Coronensis” betreibt ‘kulturelles Networking‘.

Ein weiteres Ziel des Herbstfestivals ist es, die alte und neue Musik der Region ins Rampenlicht zu rücken. Und gerade dies ist bisher hervorragend gelungen: Werke, die vor einigen Jahren kaum aufgeführt wurden, werden jetzt nicht nur als Archivgut wieder entdeckt, sondern von engagierten und begabten Musikern zu Gehör gebracht. Kompositionen zeitgenössischer Tondichter werden uraufgeführt, aufgezeichnet, im Internet bekannt gemacht. Institutionen, die sich bis unlängst fast ausschließlich auf sich selbst konzentriert haben, finden es nun selbstverständlich, auf ebenbürtige Partner in Kronstadt zuzugehen und gemeinsame Projekte ins Leben zu rufen – nicht nur im Rahmen der Festspiele.

Und nicht zuletzt: private Unternehmen entdecken für sich das Sponsoring von lokalen Kulturevents – selbst wenn das Festival noch größtenteils von der Kronstädter Honterusgemeinde und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest gefördert wird. Dieser langsame, aber stetige Wandel im Kulturleben der Stadt ist nicht allein auf „Musica Coronensis” (und ihre ’jüngere Schwester’ „Musica Barcensis”) zurückzuführen, doch das ‘Duo‘ ist eine treibende Kraft und hat in zehn Jahren das Angebot der einheimischen Musikbühnen maßgeblich aufgewertet.

Das Abschlusskonzert am Donnerstag zeigte die diesjährigen Festspiele auch von ihrer internationalen Seite. Gastgeber war der Bachchor der Schwarzen Kirche, der alljährlich im Programm des Festivals präsent ist und unter der Leitung von Steffen Schlandt als gemeinsamer Nenner der bisherigen Auflagen fungiert. In diesem Jahr ist der Kirchenchor 80 geworden – ein bemerkenswertes Alter für eine Singgemeinschaft, die alle herausfordernden Zäsuren des vergangenen Jahrhunderts erlebt hat und weiterhin – wie vor acht Jahrzehnten – neben evangelischen Gottesdiensten auch Aufführungen großer Werke der Klassik mitgestaltet. Auf der ‘Geburtstagsfeier‘ des Kronstädter Bachchors war nun der 1945 gegründete Bachchor Hannover zu Gast, der von Jörg Straube, dem früheren Hochschullehrer von Steffen Schlandt, geleitet wird. Auch der niedersächsische Kirchenchor singt regelmäßig in liturgischem und konzertantem Rahmen – und genau wie im Kronstädter Chor haben auch in Hannover einige heute international geschätzte Solisten (etwa der Bariton Thomas Quastoff) ihre ersten musikalischen Erfahrungen gesammelt.

Diesmal sangen als Solisten die Sopranistin Cristina Radu von der Kronstädter Oper, die Mezzosopranistin Mihaela Ungureanu-Binder, die seit 15 Jahren in Wien lebt und an der Staats- und Volksoper auftritt, sowie aus Deutschland der Tenor Cezar Dima und der Bariton Torsten Gödde. Begleitet von dem Sinfonieorchester der Kronstädter Philharmonie unter Steffen Schlandt erfüllte das gewaltige Ensemble Mendelssohns dramatische und gefühlvolle Musik mit Leben. Die Aufführung war beeindruckend – und offensichtlich eine Attraktion für das Publikum der Stadt, denn in der geräumigen Kirche blieb kaum ein Sitzplatz frei. Das Interesse der Zuhörer ist vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass „Der Elias“ nur sehr selten auf rumänischen Konzertbühnen erklingt. Umso treffender die Wahl dieses plastischen und bunten Stücks für eine Darbietung in festlichem Rahmen.

Die Geschichte des Propheten Elias sei ein Vorbild der Hoffnung für unser alltägliches Leben, so Stadtpfarrer Christian Plajer in seiner Ansprache zum Konzert. Und tatsächlich sind es die Hoffnung und Zuversicht, die – auch musikalisch – wie ein roter Faden Fluch, Verfolgung, Konflikt, Zweifel und Resignation in Mendelssohns Werk überqueren. Eine technische Herausforderung für die Musiker – die zwar wenige Ensembleproben, dafür aber monatelangen Fleiß, Anstrengung und Freude für das zweieinhalbstündige Konzert aufbrachten. Schade, dass es nur eine einzige gemeinsame Aufführung des „Elias“ gab. Doch – wer weiß? – vielleicht leistet der Bachchor Kronstadt Gegenbesuch in Hannover. Die Einladung steht.