Eine Ausstellung lebt durch ihren Katalog

Ein Jahrhundert Kronstädter Kunst und Fotografie bestens dokumentiert

Nur wenige Tage bevor die Ausstellung „Ein Jahrhundert Kronstädter Kunst 1815 – 1918“, organisiert vom hiesigen Kunstmuseum geschlossen wurde, konnte der Katalog zu dieser Schau veröffentlicht und vorgestellt werden. Auch unter besten drucktechnischen Voraussetzungen  erschien dieser im Verlag des Kronstädter Kunstmuseums und kann da  zum Preis von 38 Lei gekauft werden. Der Katalog umfasst zwei  sehr gut dokumentierte Studien, die über eine weniger bekannte Schaffensperiode Auskunft geben. Doktorand Radu Popica, Kurator der Ausstellung , stellt die wichtigsten bildenden Künstler mit ansprechenden Reproduktionen ihrer bezeichnenden Werke vor, die auch in der Ausstellung zu sehen waren und aus unterschiedlichen Beständen dafür zur Verfügung gestellt worden. Die zweite Studie, gezeichnet von Camelia Neagoe,  bezieht sich auf die Geschichte der Kronstädter Fotografie, die Entwicklung dieser Kunst und deren bedeutendste Vertreter in der Stadt unter der Zinne in den Jahren  1842 – 1918. Es ist eine der  umfassendsten Rückschauen auf diesen Kunstbereich, die bisher ausgearbeitet worden sind. Die Studie wurde dem Historiker und Archivar Gernot Nussbächer (1939 – 2018) gewidmet, der mit „unendlicher Bescheidenheit, Gutmütigkeit und Großzügigkeit“ die Forschung in den Archiven geleitet hat, wie die Autorin betont. Die Kartotheken, die ihr für die Studie zur Verfügung standen, hat sie in eigenständiger Forschungsarbeit in den Jahren 2010 – 2014 zusammenstellen können. Somit wird diese Schau weiterhin nicht nur im Gedächtnis der Besucher bleiben, sondern  auch als Dokumentation, da, wie Radu Popica bei der Vorstellung betonte, eine Ausstellung durch ihren Katalog über weitere Jahre hinaus lebt und in Erinnerung bleibt.
Geprägt wurde das Kunstschaffen dieser Zeit durch  die großen Ereignisse, die das Jahrhundert markierten. Der Wiener Kongress (1815), das Ende des Ersten Weltkriegs und die Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien (1918). Vertreten wurde die bildende Kunst vor allem durch Mi{u Popp, Constantin Lecca, Wilhelm Kamner und Friedrich Miess. Samuel Herter, Leopold Adler und Carl Muschalek sind kennzeichnend für die Entwicklung der Fotokunst.
In der analysierten Zeitspanne hat der Autor der Studie Radu Popica auch Künstler ausfindig machen können, die aus Wien, München oder Pest  kamen, sich zeitweilig hier niedergelassen haben, um weiter nach Bukarest zu reisen. Beispielsweise hat sich Andreas Benedict Höflich 1838 aus Nürnberg da aufgehalten. Ihm folgte Adalbert  Schäffer (1839), Ludwig Schneider, der von 1845 – 1847 da war, oder der Wiener Johann Nepomuk Horrak, der  vor allem als Porträtist bekannt war. Auch die nach ihren im Ausland vorgenommenen Studien heimgekehrten Künstler haben der bildenden Kunst da neue Impulse gegeben, aber auch Modernisierung, neue Schaffenstendenzen  mit sich gebracht: Friedrich Miess, Emerich Tamas oder solche, die sich da niedergelassen haben wie Hans Bulhardt, Arthur Coulin. Ihr Debut verzeichneten Hans Mattis-Teutsch, Hans Eder, Fritz Kimm, Eduard Morres, Hermann Morres, Ernst Honigberger, Margarete Depner, Hans Hermann, Nicolae Popp. Reproduktionen ihrer Arbeiten, die biographischen Daten, und die verwendete Biblio-graphie sind aufschlussreich für jeden Kunstfreund und vor allem für die, die besonderes Interesse  an der Entwicklung der Kunstgeschichte in Kronstadt, und besonders in dieser Zeitspanne haben.
Camelia Neagoe ist längst keine Unbekannte mehr auch für unsere Leser. Als Museologin hat sie schon mehrere Ausstellungen in dem Museum der Städtischen Wohnkultur dokumentiert, über die Entwicklung der Fotografie hat sie auch im Rahmen der deutschen Vortragsreihe gesprochen.  Ihre unter dem Titel „Beiträge zur Geschichte der Kronstädter Fotografie (1842 – 1918)“ veröffentlichte Studie geht auf deren Anfänge, auf die verwendeten Technologien ein. Dieses ausgehend von der Daguerreothypie, die 1839 von Francois Arago in Paris erfunden wurde. Der aus Wien kommende Optiker Wenzel Prokesch  hat diese Methode als letzter in Kronstadt verwendet, und 1851 die Kalotypie  eingeführt. 1853 haben Hermann Büchner und Samuel Herter aus Hermannstadt kommend, hier die Aufnahmen erstmalig auf Papier reproduziert. Camelia Neagoe beschreibt auch die dabei vorgenommenen technischen Methoden.
Das erste stabile Fotostudio  wurde  1854 von Anton Fiala in der Waisenhausgasse 23 eröffnet.  Die Brüder Herter waren die nächsten die solche Ateliers eröffneten.  Für kurze Zeit haben da auch Hermann Büchner, Theodor Glatz und Veress Ferenc als Fotografen gearbeitet. Die „Kronstädter Zeitung“ vom 15. Juni 1859 berichtete von einem Album mit Stadtansichten, das Eduard Fritsch herausgebracht hat. Eine Serie der 18 Fotos befindet sich in der Sammlung Albert Eichhorn, die sich in Besitz der Direktion der Archive befindet.  13 Fotostudios funktionierten in den 1860er Jahren in Kronstadt.  Besonders gefragt waren die Porträtbilder. Einige Jahre später wurden  die Ateliers von Samuel Schneider, Leopold Adler, Sigmund Stephanovits eröffnet.  Das Studio von Leopold Adler hatte sogar die Ehre, Gastgeber von  Maria Theresia anlässlich ihres Kronstadt-Besuchs 1888 zu sein. In den nächsten Jahren kamen neue Ateliers hinzu, wie die von Carl Muschalek, Michael Knapp, Robert Klement. Auf Initiative des SKV haben Adler und Muschalek 1893 in Kronstädter Hotels und Kaffees ausgestellt.
Die älteste Fotosammlung entstand in den Jahren 1871 – 1914 im Evangelischen Gymnasium. 1891 schenkte Friedrich Ridely dem Gymnasium ein Album mit 567 Fotos zeitgenössischer Persönlichkeiten.  In der Sammlung des Gymnasiums befinden sich viele thematische Fotos zur Stadtgeschichte aber auch mit Kirchen und Kirchenburgen aus Siebenbürgen. 1913 wurde ein Teil der Fotos dem Burzenländer Sächsischen Museum übergeben.  Eine Sammlung stammt auch vom Stadtarchivar Friedrich Stenner,  die sich gegenwärtig in Besitz der Kreisdirektion der Archive befindet. Stenner, der auch im Männergesangverein war, hat zahlreiche Porträts von Sängern, Musikern, Komponisten, sowie ein Album von 75 Magistratsangehörigen geschaffen.
Heinrich Lehmann, Heinrich Lang, Heinrich Gust sind weitere Fotografen, die in die Geschichte dieser Kunst eingegangen sind, wie auch Dr. Carl Flechtenmacher, der 1913  als erster Amateurfotograf  Platten für Farbfotos verwendet hat.
Die Autorin dieser Studie über die Geschichte der Fotografie hat sich dabei einen bleibenden Verdienst erworben, die Kunstgeschichte der Stadt bestens dokumentiert und bereichert.