Eine Geschichte mit und über Marionetten

Sehenswerte Privatsammlung im Museum der städtischen Wohnkultur

Vermittels Bildtafeln und Marionetten-Exponaten wird man in die Geschichte dieser Kunst eingeführt.
Foto: der Verfasser

Eine bessere Zeit für die Eröffnung einer derartigen Ausstellung hätte nicht gewählt werden können als die Adventszeit, Mitte Dezember. Nicht nur Erwachsene wurden zur Vernissage eingeladen, sondern auch Schüler, die weiterhin bis April dieses Jahres die Chance haben, diese Ausstellung zu begutachten, ihre Meinung über die ausgestellten Marionetten und Kulissen zu äußern, Kontakt mit der Geschichte dieser Kunst aufzunehmen. Die Ausstellung ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Kronstädter Museum der städtischen Wohnkultur als Teil des Ethnographiemuseums und dem Verein „Povestea unei seri“ (Geschichte eines Abends), dessen Vorsitzender zwar ein Ingenieur, aber im Herzen ein Marionetten-Liebhaber aus seiner Kindheit geblieben ist. Dipl.-Ing. Lucian Vlad Boldor ist Vorsitzender genannten Vereins und künstlerischer Agent des Puppentheaters PUCK aus Klausenburg.

Gemeinsam mit seiner Tochter Maria Boldor, die Grafik an der Kunst- und Designfakultät in Klausenburg studiert hat, haben sie praktisch auch bei der Vorbereitung der Ausstellung Hand angelegt, wobei sie seitens des Museums von den Museologinnen Elena Dimitriu und Camelia Neagoe tatkräftig unterstützt wurden. Praktisch handelt es sich um eine Privatsammlung aus dem Nachlass von Prof. Milan Pavel Şesan, einem Förderer des Marionettentheaters in Rumänien, und Großvater von Lucian Boldor, der diesem die Leidenschaft für die Marionetten-Kunst übertragen hat. Milan Şesan hat in Czernowitz eine rumänisch-tschechische Kulturgesellschaft gegründet, da sein Vater Prof. Valerian [esan (1878 - 1940) und Urgroßvater von Lucian Boldor mit einer Tschechin verheiratet gewesen war.

Valerian [esan wurde in der Bukowina geboren, studierte Theo-logie und Rechtswissenschaften an der Universität von Czernowitz und wurde später sogar Rektor dieser Universität in den Jahren 1923 – 1925 und 1927 – 1931. Prof. Dr. ValerianŞesan, der Urgroßvater von Lucian Boldor, war auch ein großer Liebhaber von Marionetten, und hat Rumänien beim Gründungskongress des Internationalen Vereins der Marionetten-Künstler 1929 in Prag vertreten. Somit zählt Rumänien zu den sieben Gründungsmitgliedern dieses Vereins. Die Gattin von Prof. Valerian Şesan, Karolina Şesan war Sängerin und unterrichtete Canto in Prag.

Unter dem Pseudonym Vera Mara hat sie die erste Theatervorstellung für die rumänische Marionetten-Bühne in vier Teilen unter dem Titel „Povestea unei seri“ verfasst, nach dem auch der vom Urenkel gegründete Verein benannt wurde. Gegründet wurde das erste Marionetten-Theater in Rumänien von Prof. Theodor Nastasi und Baron Georg von Löwendal. Die Marionetten aus dem Besitz von Prof. Valerian Şesan gingen an dessen Erben als Familienbesitz über und konnten bisher schon in über 20 Ausstellungen u.a. in Klausenburg, Hermannstadt, Neumarkt, Prag, Udine gezeigt werden.

Ein Besuch in der Ausstellung ist somit eine Augenfreude, aber auch informativ, da man in die Geschichte dieser Gattung eingeführt wird, Bühnenbilder und Marionetten aus mehreren Jahrzehnten bewundern kann.