„Emotionale Hygiene ist genauso notwendig wie physische“

Eindrücke von der zweiten Auflage des „AFECT”-Festivals

Psychologin Arina Anghel spricht über Partnerschaft. | Foto: Hugo Ioan Spahiu

Die Band „The Mono Jacks“ hat viele junge Leute zu „Afect“ gelockt.

Die Workshops wurden mit einer kleinen Anzahl an Teilnehmern abgehalten. Fotos: afect.ro

Am vergangenen Sonntag, dem 21. August, ist die zweite Edition des Festivals für emotionale Gesundheit „Afect“ zu Ende gegangen. Drei Tage lang haben Psychologen aus Rumänien und dem Ausland im Rahmen der Veranstaltung über Psychologie, Psychotherapie und Emotionen gesprochen. Zahlreiche Workshops haben dem Publikum unterschiedliche Methoden gezeigt, eine bessere Beziehung zu sich selbst und zu anderen zu schaffen und ein Gefühl des Wohlbefindens zu erreichen. Die fünf großen Themen, die unter die Lupe genommen wurden, waren Angst, Depression, Abhängigkeit, Trauma und  Partnerschaft und Kinder. 

Psychologie soll zugänglich sein

Die Sprecher, ausgebildete Psychologen und Psychotherapeuten, haben in einer leicht verständlichen Sprache und mit ganz konkreten Beispielen über alltägliche Probleme gesprochen. Psychotherapeutin Arina Anghel beispielsweise hat auf der Bühne der Terrasse der Afi-Mall, wo alle Vorträge und Diskussionen abgehalten wurden, über Probleme in der Partnerschaft und deren Auswirkung auf die Kinder gesprochen. Mark Itzler (Großbritannien) ist auf die Bedeutung und die Vorteile einer konstanten Arbeit an sich selbst eingegangen. 

„Wir wollen die Psychologie aus der Praxis herausholen, sie zugänglich machen“ erklärt Florența Simion, Managerin des Festivals. Der Glaube, dass nur psychisch kranke Menschen zum Psychologen gehen, sei weiterhin sehr verbreitet in Rumänien, daher bringt das Festival diese Wissenschaft unter Menschen, und zwar direkt in die Mall, wo sehr viele Leute verkehren. „So, wie die Lebensmittel zugänglich sind und man sie in der Mall kaufen kann, so soll auch Psychologie zugänglich sein“, meint sie. 

Das Ergebnis waren gut besuchte Konferenzen, sehr persönliche Fragen seitens des Publikums an die Sprecher, wie auch die Teilnahme zahlreicher junger Leute an den Veranstaltungen im Programm. Jugendliche besuchten Konzerte der Bands „The Mono Jacks“, „Omul cu Șobolani“ und „Jurjak“, Kinder wurden durch Bastel- und Malworkshops, wie auch durch Filme angesprochen. 

Dialog mit dem Publikum 

Besonders beliebt waren die Frage-Antwort-Runden nach den Konferenzen, bei denen Interessenten Richtlinien oder Empfehlungen zu bestimmten Unklarheiten, die sie hatten, erhalten konnten. „Gefühle sind nicht richtig oder falsch. Alles, was man fühlt ist in Ordnung, man muss aber darüber sprechen“, erklärt die Festival-Managerin, Psychologin Floren]a Simion. Es sei genug, wenn zwei, drei Teilnehmer aus dem Publikum gewisse Probleme öffentlich aufwerfen, „viele der Anwesenden werden sich wiederfinden“. Es sei bedeutend, über die eigenen Gefühle zu sprechen, um sie richtig zu erkennen und dann auch anzunehmen. So lerne man, mit ihnen umzugehen. „In den Beziehungen zu anderen setzen wir Masken auf, wir wollen als jemand anderes erscheinen“, dabei dürfe man sich erlauben nicht perfekt zu sein, sagt die Fachfrau. 

„Wie jeder einzelne von uns, ist auch dieses Festival nicht perfekt. Wir stehen dazu, wir bekennen es“, sagt sie. Gemeinsam mit ihren Kollegen von der Stiftung „Hera“, die auch Psychologen sind, wollen sie die Psychologie auch in den kommenden Jahren an die breite Öffentlichkeit bringen und das Festival wachsen lassen. Parallel dazu führen sie ihre Projekte weiter. Außer den regelmäßigen Workshops zur persönlichen Entwicklung, sowie persönlicher Beratung soll auch ein Programm für Mütter in pränataler und postnataler Depression beginnen und ein Angstzentrum eröffnet werden. 

Zentrum für Angststörungen in Sanktgeorgen

Mitte September soll eines der Projekte, an denen die Stiftung „Hera“ arbeitet, verwirklicht werden. In Sanktgeorgen soll ein Angstzenterum (Centrul de Anxietate) eröffnet werden, wo Patienten anhand eines fächerübergreifenden Ansatzes eine richtige Diagnose erhalten. „Oftmals haben Menschen physische Leiden, lassen sich von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen untersuchen und müssen erfahren, dass es keine klinischen Gründe für ihre Beschwerden gibt. Ihre Leiden bestehen trotzdem. In solchen Fällen könnte es sich um Angststörungen handeln“, sagt Simion. Sie nennt einige Symptome wie Herzrasen, Atemnot, Panikstörungen oder sogar Todesangst, die in bestimmten Lebenslagen vorkommen können und die Lebensqualität erheblich einschränken können. Um diese los zu werden, wird ein Team an Fachleuten wie  Psychologe, Psychiater, Endokrinologe, Kardiologe, Neurologe, Lungenarzt usw. Patienten individuell behandeln, um festzustellen, woher die Beschwerden kommen. Gemeinsam werden sie einen Krankheitsbefund nennen. Das Personal der Klinik Pro Vitam aus Sankt Georgen, die Partner in diesem Projekt ist, wird auf die Leidenden individuell eingehen und die richtige Medizin für Körper, Psyche und Seele suchen.

„Die Leute sollen den Wert der emotionalen Erziehung erkennen“

Besonderen Anklang beim Festival fanden auch die Workshops, die im Kronwell-Hotel und beim Sitz der Stiftung „Hera“ abgehalten wurden. Einer davon brachte den Beteiligten „Spannungs- und traumalösende Übungen“, bekannt als TRE (Tension and Trauma Releasing Exercises) näher. Diese zielt darauf ab, mithilfe körperlicher Übungen das neurogene Zittern, das wie ein Schütteln ist, hervorzurufen. Dadurch soll eine tiefe Entspannung im Körper entstehen und (traumatischer) Stress gelöst werden. 

„Die Leute sollen den Wert der emotionalen Erziehung erkennen und ihre emotionale Gesundheit pflegen. Genauso wie man auf seinen Körper achtet und täglich duscht, so muss man auch auf seine Gefühle aufpassen, Psychotherapie zur Priorität im eigenen Leben machen“, erklärt Simion. Abhängig von den Problemen, die gelöst werden sollen, oder vom Ziel, das man erreichen möchte, kann sich Psychotherapie über mehrere Monate, sogar Jahre erstrecken. Die Sprechstunden finden wöchentlich oder jede zweite Woche statt und kosten zwischen 100 und 300 Lei, bei sehr erfahrenen Psychologen kann der Preis bis zu 450 Lei steigen. Zwar bezahlt die Krankenkasse eine begrenzte Anzahl an Sprechstunden, der Prozess, diese zu erhalten ist allerdings schwierig. In Kronstadt bieten mehrere Vereine, wie beispielsweise „Pas Alternativ“ kostenlose psychologische Beratung, allerdings für gezielte Gruppen wie Opfer häuslicher Gewalt. 

AFECT ist landesweit das einzige Festival für emotionale Gesundheit, das Diskussionen, Filme, Workshops, Theater und Tanz miteinander verbindet und an das breite Publikum bringt. Auch in Jassy wird ausgehend von Filmen über mentale Gesundheit im Rahmen des „Romanian Mental Health Film Festival“ gesprochen, in Klausenburg findet alljährlich „The Inner“ statt, eine Serie von Konferenzen und Workshops, die dem Wohlbefinden gewidmet sind. Der Eintritt zu allen Ereignissen des Festivals in Kronstadt war kostenlos.