„Es gibt nichts Schöneres als Kinder und Bücher“

Eine Kronstädterin wurde zur Bibliothekarin des Jahres ernannt

Melania Luana Butnariu ist seit einem Vierteljahrhundert Bibliothekarin, 23 Jahre davon arbeitete sie mit Kindern und Jugendlichen.

Melania Luana Butnariu ist Bibliothekarin mit Leib und Seele. Seit 23 Jahren arbeitet sie bei der Kinder- und Jugendabteilung, mittlerweile Exzellenzzentrum für Kinder und Jugendliche, der Kreisbibliothek „George Barițiu“ in Kronstadt, wo sie zahlreiche Veranstaltungen für Kinder und Teenager organisiert. Anfang des Monats wurde sie vom Verein Rumänischer Bibliothekarinnen und Bibliothekaren (Asociația Națională a Bibliotecarilor din România) zur Bibliothekarin des Jahres 2020 gewählt. Die Auszeichnung wird im Herbst in festlichem Rahmen überreicht werden. Die 45-Jährige, die vor der Pandemie bis zu Tausend Kinder wöchentlich in der Bibliothek empfing, übertrug schon zu Beginn des Lockdowns ihre gesamte Tätigkeiten online und blieb somit den Lesern nahe. Zum Kindertag überraschte sie junge Leser mit einem achtstündigen Lesemarathon, im Rahmen dessen 70 Bibliothekarinnen und Bibliothekare von öffentlichen und Schulbibliotheken in Rumänien und der Republik Moldau, Fünf-Minunten Geschichten vorgelesen haben. Die Liveübertragung erreichte rund 25.000 Zuschauer. Die Zusammenarbeit des Exzellenzzentrums und einer Kronstädter Schule wurde im UNESCO-Führer zur Anwendung von Bildungsverfahren während der Corona-Pandemie als Beispiel empfohlen. Über die Bedeutung dieser Auszeichnung sowie über ihre laufenden und zukünftigen Projekte sprach Melania Butnariu mit KR-Redakteurin Laura Căpățână Juller.

 

Frau Butnariu, herzlichen Glückwunsch für diese Anerkennung. Laut Angaben von Mitgliedern des Vereins Rumänischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare haben fast alle Jurymitglieder für Sie gestimmt. Was bedeutet dieser Preis für Sie?

Es ist eine Ehre für mich, diese Prämie zu erhalten, doch, ehrlich gesagt, werde ich täglich durch das Lächeln der Kinder, der kleinen Leser, die die Kinderbibliothek besuchen, belohnt. Der Preis ist eine Bestätigung dafür, dass ich gute Arbeit geleistet habe. Gleichzeitig nehme ich sie als Verantwortung auf, noch besser zu werden.

Im März 2020, während des Lockdowns, haben Sie Ihre Tätigkeit gänzlich ins Online übertragen. Wie kam es so schnell zu dieser Umstellung?

Die Pandemie hat neue Gelegenheiten gebracht, auf die sich alle Initiativen, Projekte und Programme von 2020 gestützt haben. Am 13. März 2020 begann der Lockdown, vier Tage später sollten wir landesweit die erste Bibliothek sein, die in virtueller Verbindung mit den großen und kleinen Nutzern getreten ist. Ich habe versucht, alle bereits geplanten Programme virtuell durchzuführen. Das war inspirierend, ich hatte immer mehr Ideen wie ich meinen Lesern die geistige Nahrung, die alle mehr denn je nötig hatten, nahebringen kann. So habe ich schon im März 2020 die öffentlichen und Schulbibliotheken in Rumänien und der Republik Moldau in einer Gruppe, namens „Sfoara virtuală“ (Das virtuelle Seil) vereinigt. Wir führen gemeinsam Projekte durch, nehmen an Werkstätten teil und wachsen gemeinsam. Und so können wir auch den Lesern mehr bieten. In diesen Zeiten kann nur das Miteinander den Beruf des Bibliothekars auf so hohem Niveau halten.

Sie lieben es, mit Kindern zu arbeiten. Wie verlaufen die Online-Treffen für Sie?

Ich liebe diesen Beruf, einen der schönsten überhaupt. Es gibt nichts Schöneres als Kinder und Bücher. Das ist meine Berufung, der ich meine gesamte Zeit und mein Interesse widme. Wie in allen anderen Bereichen, mussten auch wir unsere Arbeit an diese Zeiten anpassen, Möglichkeiten ausdenken, schnellstens mit den Lesern in Verbindung zu gelangen. Eine Herausforderung. Die Online-Treffen waren immer schön, aber auch traurig. Die Kin- der, die bis dahin zum Umarmen, Lesen, Spielen in die Bibliothek kamen, waren nun auf einem Bild schirm zu sehen. Ihre Augen waren traurig, unsere Gespräche liebevoll. Das ermutigte mich noch schönere Aktivitäten für sie zu or- ganisieren, damit sie wissen, dass sie auch in diesen Zeiten auf mich bauen können.

Hat das Exzellenzzentrum in diesen Monaten Leser verloren?
Die Freude, ein Buch zu suchen, es zu durchblättern, qualitative Zeit mit dem Lesen zu verbringen, aber auch die Treffen mit Lesern und das Plaudern, das ist verloren gegangen. Andererseits habe ich die Zeit genutzt, fast ununterbrochen virtuelle Treffen mit Lesern, Bibliothekaren, Lehrern, Kindern aus der ganzen Welt zu haben: von Österreich, über Bulgarien und der Türkei, nach Kanada und bis nach Indien haben wir miteinander gelesen.

Derzeit findet die neunte Edition des internationalen Projekts „Freundschaft auf einem… virtuellen Draht“ (Prietenie pe o sfoară...virtuală) statt. Wie verläuft das Projekt und wie können Kin der daran teilnehmen?

Das Projekt läuft zwischen dem 2. April und dem 15. Juni und richtet sich an Lehrkräfte und Bibliothekare, die Interesse haben, mit Kindern zu arbeiten. Jedes Jahr wählen wir einen Autor aus, aus dessen Werken wir gemeinsam mit den Kindern lesen. Am Ende der Lektüre zeichnen, malen oder basteln die Teilnehmer etwas zum Gehörten. Die mitwirkenden In- stitutionen tauschen die entstandenen Werke untereinander aus und stellen sie an einer Schnur aus. Fotos von den Veranstaltungen sowie von den Ausstellungen werden online gepostet, wobei im Juni ein virtuelles Album vom gesamten Event erstellt wird.

Dieses Projekt habe ich am 2. April 2013, dem Internationalen Kinderbuchtag, ins Leben gerufen. Dieses unterstützt die Freude am Lesen und fördert das Interesse an Kinder- und Jugendliteratur. Da dieser Tag am Geburtstag des bekannten Dichters und Schriftstellers Hans Christian Andersen stattfindet, haben wir bei der ersten Edition den dänischen Schriftsteller gefeiert. Seither haben wir unter anderen die Gebrüder Grimm, Carlo Collodi, Roald Dahl gelesen. Dieses Jahr widmen wir dem rumänischen Autor Petre Ispirescu. Bislang haben über 200 Schul- und öffentliche Bibliotheken in 40 rumänischen Kreisen und der Republik Moldau und mehr als 100.000 Kinder mitgemacht. Nähere Informationen sind montags bis freitags zwischen 10 und 14 Uhr unter der Telefonnummer 0268-474081, oder per E-Mail, copii@bjbv.ro, erhältlich.

Werden Sie den im Vorjahr während der Pandemie gestartete „Lesemarathon“ weiterführen?

Ehrlich gesagt würde ich noch nichts über die diesjährige Edition verraten, nur soviel: Es werden auch Geschichten in deutscher Sprache vorgelesen werden.

2020 wurde die Wissenschafts-Ecke im Rahmen des Projekts „Experimentarium“ eröffnet. Worum geht es da?
Den bisherigen Programmen und Diensten fügen wir nun auch eine wissenschafliche Ebene hinzu, die in Zusammenarbeit mit dem Kronstädter „Fondul [tiin]escu“ verläuft. Kinder und Erwachsene werden erwartet, an Vorstellungen und Aktivitäten teilzunehmen. Derzeit verlaufen sie online, sobald es erlaubt wird, werden wir uns physisch treffen.

An welchen Projekten arbeiten Sie noch?
Ich bereite etwas sehr Interessantes und herausforderndes für die Nutzer der rumänischen Bibliotheken vor, etwas, das von der Rezension des Buches „Dash & Lily: Ein Winterwunder“ von Rachel Cohn und David Levithan ausgeht. Dash findet in einer Buchhandlung ein rotes Notizbuch, in dem ein Mädchen namens Lily den Finder zu einem geheimnisvollen Spiel auffordert. Würdest du die Herausforderung annehmen, oder das Buch zurück ins Regal stellen? Das ist unsere Herausforderung an die Kinder und Jugendlichen, Überraschungen für die Sommerferien bereiten wir allerdings auch für Eltern, Großeltern und Lehrer vor.

Welches ist Ihr Lieblingskinderbuch?
Das ist eine ziemlich schwere Frage. Ich liebe Geschichten, aber wenn ich nur eine nennen sollte, dann ist es Andersens „Der standhafte Zinnsoldat“. Ein glückliches oder ein trauriges Ende, eine Geschichte die jedem, unabhängig vom Alter, gefällt.


Frau Butnariu, vielen Dank für das Gespräch!