Essen bei Hermann

Ein siebenbürgisches Restaurant in Neustadt

Die Fassade des Restaurants mit Logo und Tagesangebot.
Fotos: Hermanns Hof

Der Unternehmer Axente Neagu

„Die Familie, die früher hier gewohnt hat, war gewiss wohlhabend“, sagt der jetzige Inhaber des Hauses in der Langgasse 85 in Neustadt, Axente Neagu. „Sie besaßen viel Grund – das zeigt sich an der riesengroßen Scheune im Hinterhof, an den Getreidelagerräumen, an der Remise.

Vielleicht 80 Prozent der Fläche waren der Wirtschaft gewidmet, die Wohnräume hingegen sind klein.“ Im Dezember 2011 wurde im ehemaligen Bauernhof das Restaurant „Hermanns Hof“ mit sächsischer, ungarischer und rumänischer Küche eröffnet. Den Kaufvertrag hatte Axente Neagu ein Jahr zuvor zu seinem 31. Geburtstag unterzeichnet. Seither investierte sein Team viel Zeit und Arbeit in eine denkmalgerechte Sanierung. Die historische Bausubstanz wurde bewahrt, neue Elemente und Dekorationen wurden mit Sinn und Geschmack für die siebenbürgisch-sächsische Tradition eingebracht und schmücken sogar das Logo beim Eingang, die Servietten auf dem Tisch und die Schürzen des Küchenpersonals.

„Das Schwierigste war der Start, weil das Team jung ist und zum ersten Mal ein derartiges Projekt umsetzt“, sagt der Unternehmer, der an Wochenenden selber auf der Baustelle beim „Zementgießen oder Wände glätten“ mitgeholfen hat. Das Restaurant will ganz bewusst keine „hochklassige Luxus-Speisegaststätte“ sein, sondern ein gemütliches Haus auf dem Lande, wo man sich wohl fühlt, aufmerksam bedient wird, leckere Kost genießt und nicht viel bezahlt.

„Vor ein paar Jahren habe ich mit einer Schnellgaststätte im Zentrum von Kronstadt begonnen, habe dann eine Werkmensa bei Schaeffler eröffnet, die auch jetzt noch funktioniert, zurzeit bauen wir ‘Hermanns Hof’ aus... Wer weiß, vielleicht kommt es noch dazu, ein ganz anspruchsvolles Restaurant zu eröffnen“, sagt Axente Neagu.

Dabei ist er nicht „hauptberuflich“ Unternehmer: die meiste Zeit verbringt der Diplom-Wirtschaftsingenieur seit 2003 im Schaeffler-Werk bei Kronstadt, wo er zurzeit den Bereich Werkzeugmanagement leitet. Wie er Fabrikarbeit, Business und Kochkunst miteinander verbindet? „Erstens mithilfe engagierter Kollegen und begabter Manager in jeder Arbeitsstätte. Dann mit viel investierter Zeit.“

So dürfte auch künftig die Aufwärtsentwicklung gesichert sein, denn Axente Neagu hat ehrgeizige Pläne: den Ausbau der Restaurant-Räumlichkeiten im Keller und auf dem Dachboden, eine bedeckte Terrasse in der früheren Remise, ein Biergarten, Büros. Anstelle der ehemaligen Scheune soll ein Hotel entstehen: die Rezeption modern, mit viel Glas und Licht, die Räume spezifisch für die Gegend, womöglich mit bemalten Möbeln.

Begeistert für sächsische Bauernhöfe und für Kirchenburgen ist Axente Neagu schon seit Kindesalter, als er die Schulferien im Geburtsort seines Vaters, Frauendorf, verbrachte. Der Hermannstädter war Schüler des Brukenthal-Gymnasiums und studierte an der Hermann-Oberth-Hochschule, bevor er 2003 „Kronstädter“ wurde.

Wer ist aber der „Hermann“ aus dem Namen der Speisegaststätte? Die hauseigene Legende sagt, dass Hermann vor vielen Jahrzehnten der Eigentümer des Bauernhofes war – ein guter Wirt und begabter Koch, der gerne Freunde und Gäste von nah und fern zu Tische einlud. Die wahre Story lautet anders: „Früher organisierte ich regelmäßig Kochabende mit Freunden“, erzählt Axente. „An einem der Abende haben wir ein Brainstorming gemacht, um den Namen des Restaurants zu finden. Heute noch habe ich die zwei DIN A4-Blätter mit allen möglichen Namen, die uns damals eingefallen sind.“

Hermann mag also erfunden sein, doch seine Gastfreundschaft spürt man schon wenn man den Hof betritt. Der Spruch, der am Eingang die Kunden willkommen heißt - „Grüß Gott, tritt ein, bring Glück herein!“ – wurde also nicht von Hermanns Gattin gestickt, sondern beim Handarbeitsbasar des Kronstädter Deutschen Forums gekauft. Hauptsache: die sächsische Suppe mit Meerrettich und Räucherspeck, die Beuschel mit Semmelknödeln, das Salzburger Bierfleisch, das Feuer im Kamin, der Backofen in der Küche und die Burzenland-Bilder an der Wand sind alle echt.