Für nationale Gleichheit der Völkerschaften und ihrer Sprachen (III)

170 Jahre seit dem Tode von Stephan Ludwig Roth

Büste von Stephan Ludwig Roth auf dem Freiheitsfeld in Blasendorf Foto: Agerpres

Das Lyzeum „Stephan Ludwig Roth“ in Mediasch

Der Prozess von Stephan Ludwig Roth Foto: siebenbürger.de

Kritik am magyarischen Sprachgesetz
Als Nationalitätenpolitiker meldete sich Roth öffentlich erstmals 1842 zu Wort, nachdem auf dem siebenbürgischen Landtag die 275 Abgeordneten des ungarischen Adels und der Szekler gegen die 35 Stimmen der sächsischen Vertreter ein Gesetzesprojekt verabschiedet hatten, welches das Magyarische zur allgemeinen öffentlichen Landes- und Unterrichtssprache erhob. Indem Roth dieses Gesetz ablehnte, dem offensichtliche Assimilierungstendenzen mittels der magyarischen Sprache zugrunde lagen, wurde er nicht nur zum publizistischen Anwalt der Sachsen sondern auch der Rumänen.
In seiner Auseinandersetzung mit dem projektierten Sprachgesetz bediente er sich historischer, verfassungsrechtlicher sowie natur- und menschenrechtlicher Argumente. Dabei bemühte er sich, ein Konzept für die Regelung der nationalen und sozialen Beziehungen zwischen Ungarn, Rumänen und Sachsen einerseits, dem Adel,  den Bauern und dem Bürgertum andererseits zu entwickeln.
Auf die Entstehung der gemischten, ethnischen Bevölkerung Siebenbürgens eingehend, schrieb Roth: „Als der magyarische Schwarm sich in Pannonien niederließ, drängten sie die slawischen Ureinwohner links und rechts und machten sich Platz. Da sie aber noch unbrauchbaren, wüsten Raum zwischen sich fanden, beriefen sie Kolonisten aus Deutschland, diese Plätze anzubauen. Von hier schreibt sich die Verschiedenheit der Landesbewohner her. Die Slawen  sind die Ureinwohner - die Magyaren die Er-oberer - die Deutschen berufene und verbriefte Einwanderer. Diese drei Volksstämme haben in demselben Lande nun seit geraumer Zeit gelebt. An Reibungen hat es nicht gefehlt... Bei all dem gab es auch ziemlichen Frieden, und die Zeit hat manches Eck und manche Spitze abgebrochen und abgeschleift. Das mütterliche Land war gesegnet, diese drei Nationen an ihren Brüsten zu säugen, und alle drei haben im Innern gebaut und die Haushaltung betrieben... Die neue Lehre unserer Tage, dass man magyarisch sprechen müsse, um der Heimat würdig zu sein, ist bisher nicht erhöret worden. Der Ma-gyare aß das Brot, wenn in die Furchen auch slawischer Schweiß getropfet worden; der Magyare kleidete sich in deutsche Erzeugnisse, wenn sie auch nicht von magyarischen Händen gewoben waren, und wenn das Schwert zu ziehen war, stieß der Magyare den Slawen nicht vom Schlachtplatz, weil er Gott nicht Isten hieß, noch verschmähte er die Burg, wenn ein deutscher Mund ihn Willkommen hieß...“.
Hier und auch sonst spricht Roth von Slawen, meint damit aber  die Rumänen, über die er inkonsequenterweise einerseits behauptet, sie seien „ursprünglich Slawen gewesen“, während er andrerseits in ihnen die Nachkommen lateinisch sprechender Vorfahren des antiken Daziens sieht.
Auf der Volksversammlung von Blasendorf vom 3./15. Mai 1848, die während der Revolution  stattfand, hatten die Rumänen gefordert, hinfort nur noch Rumänen genannt zu werden, da der Name „Walach“ als erniedrigend betrachtet wurde. Roth, der an der Versammlung teilgenommen hatte, wollte  hinfort diesen Beschluss beachten.  Er vermerkt aber dazu: „Ob die Rumänen direkte Abkömmlinge der Römer seien - ist eine historische Aufgabe, die aber hier gar nicht in Erwägung kommt. Sie selbst wollen so und nicht anders genannt werden. Das ist genug und die Hauptsache... Das Selbstgefühl der Romanen ist erwacht“. Er glaubte ferner, dass die rumänische Trikolore von Blasendorf auch in Jassy und Bukarest „Herzklopfen verursacht habe“, was auf das Bewusstsein von der nationalen Einheit der Rumänen hinwies.

Anwalt der Rumänen
St. L. Roth erkannte in den gärenden Vormärzjahren, dass die soziale und nationale Befreiung der Rumänen keinen Aufschub mehr erduldete. Von dem ungarischen Adel forderte er, die hörigen Bauern, deren größter Teil Rumänen waren, zu befreien. „An euch magyarischen Edelleuten ist es, die walachischen Untertanen zu begütigen, zu befriedigen, durch Liebe Liebe zu gewinnen, durch Vertrauen Kindesliebe zu erzeugen“. Ohne die Befreiung der Bauernschaft, so Roth in seiner Schrift „Wünsche und Ratschläge. Eine Bittschrift fürs Landvolk“ (1842), sei kein ökonomischer Fortschritt zu erzielen. Er plädierte außerdem dafür die Rumänen als vierten Stand anzuerkennen. „Sie (die Walachen) aufzunehmen wäre ein Werk der Gerechtigkeit. So lasset denn die Walachen als Mitstand in den siebenbürgischen Völkerbund treten. Er  sei der vierte Bruder“.
Kam Roth auf die Situation der auf dem Königsboden lebenden Rumänen zu sprechen, dann war er weniger konsequent und verteidigte den privilegierten Besitz- und Rechtsstand der Sachsen. Dieser war ihm im nationalen Abwehrkampf viel zu wichtig, als ihn freiwillig aufzugeben. Er gesteht diese Inkonsequenz übrigens selbst ein. Als mildernde Umstände führt er an, dass diese Haltung wenigstens darin konsequent sei, dass er früher wie später sein Volk unendlich liebe, dem er alles verdanke. Gleichzeitig verurteilte er die angeblich von magyarischer Seite betriebene Aufhetzung der Rumänen gegen die sächsischen Vorrechte. Er war aber so einsichtig zu erkennen, dass der privilegierte Stand der Sachsen nicht mehr lange zu halten war. Er meinte daher, die freien Sachsen hätten nicht viel zu verlieren, wenn sie ihre „politischen Vorrechte“, die sie als „Trümmerchen“ ihrer „historischen Verfassung“ noch besäßen, aufgeben müssten. Die Rumänen würden dann das werden, was die Sachsen schon seien, ein freier bürgerlicher Stand.
Roths Vorbehalte gegen die Gleichstellung der Rumänen auf Königsboden sind auf seine Angst zurückzuführen,  die Sachsen könnten von diesem noch jungen, aufstrebenden und sich stark vermehrenden Volk unterwandert und assimiliert werden. Er verteidigte den Rechtstand auf dem Königsboden mit dem Argument von dessen Erstbesiedlung durch die Sachsen und unter Berufung auf verbriefte Privilegien, die den Deutschen das ausschließliche Bürger- und Zuwanderung von Deutschen sei daher für den Fortbestand der „deutschen Kolonie“ in Siebenbürgen notwendig. Aus Berg bei Stuttgart bat Roth am 23. September 1845 den siebenbürgisch-sächsischen Hofsekretär Ludwig von Rosenfeld in Wien, dahingehend sich einzusetzen, dass die österreichische Regierung die Ansiedlung von Deutschen in Siebenbürgen fördere, denn die Sachsen  seien in einer „so desperaten Lage“, dass sie in hundert Jahren zu bestehen aufhören würden, wenn sie keinen Zuzug erhielten. Wie wir wissen, ist die von Roth initiierte Schwabenkolonisation nicht nur gescheitert, sie löste zudem eine heftige ma-gyarische Gegen- und Hetzkampagne gegen ihn und eine ablehnende Haltung der Rumänen aus, da sie darin eine Stärkung des siebenbürgischen Deutschtums auf ihre Kosten befürchteten.
Nachdem während der Reformen von 1848 die Fronverhältnisse und die Ständeverfassung beseitigt  (am 21. hatte auch die Nationsuniversität der Sachsen den privilegierte Stand der Sachsen auf dem Königsboden aufgehoben) und die Rumänen als gleichberechtigte Bürger anerkannt worden waren, ließ Roth die bisherige Zurückhaltung in der Rumänen-Frage fallen. In einem im „Siebenbürger Boten“ am 7. und 11. August veröffentlichten Artikel bekannte er sich zu folgender Realität: „Die durchgängige Vermischung der Walachen und Sachsen auf Sachsenboden ist nun eine vollendete Tatsache. Der Geist der heutigen Zeit, die eine verschiedene ist, verlangt keine Absonderung mehr: sie wäre übrigens auch eine Unmöglichkeit... Durch die Gleichstellung aller Bewohner des Königsbodens haben wir Sachsen als ein besonderes Volk in politischer Hinsicht aufgehört. Zu allen Ämtern der Dörfer, Märkte und Städte können und werden Walachen gelangen...Belässt uns der ungrische Reichstag unsere Munizipalverfassung und gibt es auch künftig eine Nationsuniversität auf dem Königsboden, so können unter den 7 und 2 Richtern auch Walachen sein: wählt das Volk sogar zum Komes einen Walachen, so kann es sein, so darf es sein, und – wenn er mehr dazu geeignet ist als die andern Bewerber – so soll ers auch sein, in Gottes Namen“. Er verband damit die Hoffnung, dass die Rumänen, die nun in alle Ämter gewählt werden konnten, nicht verlangten, es sollte ihretwegen, weil sie  des Sächsischen nicht mächtig, bloß rumänisch gesprochen werden. Roth sprach sich ferner gegen die Zusammensetzung der genannten Ämter und des Landtages aufgrund der Bevölkerungszahl aus, denn dadurch würde die jeweilige Minderheit überstimmt werden. „Die ganze Tendenz der Romanen liegt wie ein scharfer Pfeil auf der Sehne der Seelenzahl“, konstatierte er im Dezember 1848 während seiner Tätigkeit als Kokelburger Komitatsverwalter. „Dieses Prinzip ist ihr neues Evangelium. Wenn aber die Seelenzahl die Rechte ausmessen soll, ist sie keine Gleichheit und keine Brüderlichkeit, sondern durch die Pluritas votorum die Unterdrückung im voraus gegeben. Soll aber eine wirkliche Gleichheit, eine wahre Brüderlichkeit für alle vorhanden sein, so muss jede Nationalität in gleicher Anzahl vertreten sein... Ist die Seelenzahl der Schlüssel zur Berufung auf den (künftigen) Landtag, dann folgt es von sich selbst, dass die Romanen die Sieger und wir die Besiegten sind. Das kann und darf nicht sein. Diesem müssen wir uns mit aller Macht, selbst mit dem casus belli entgegensetzen. Gesetzt also, man beriefe einen siebenbürgischen Landtag oder bilde ein siebenbürgisches Gubernium: so sollen die verschiedenen Nationalitäten allda nicht a proportione animorum vertreten sein, sondern Unger, Sachsen und Romanen gleich viele Sendlinge oder Beamte haben. Jede Nation wähle sich dieselben, wie es ihr gefällig ist. Die Zahl aber muss gleich sein“. Auch wenn man diesem Konzept nicht zustimmt, ist darauf zu verweisen, dass es Roth dabei um den Schutz der sächsischen Minderheit ging. Für ihn stellte übrigens  die Verwalachung (Romanisierung) eine größere Gefahr dar als die Magyarisierung. Dabei kann man ihm zustimmen. Seine Forderung zielte in Wirklichkeit auf das, was man heute Gruppenschutzrecht für  Minderheiten  bezeichnet.

St. L. Roth war sicherlich kein Feind der Magyaren, obwohl er durch eine manipulierte Anklage als solcher durch ein Standgericht am 11. Mai 1849 zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Roth hat bloß die Magyarisierungspolitik abgelehnt, und von dieser Warte aus in zum Teil sarkastischen und bissig-ironischen Polemiken die Feder geführt. So scheint das Bild, das er von den Ungarn gibt, weniger wohlwollend als seine Plädoyers für die Befreiung der Rumänen.
Die Szekler behandelt er meistens nicht gesondert, sondern zählt sie zu den Magyaren. Im Jahre 1848 meinte er aber gegenüber der Auffassung der Rumänen, die die Magyaren und Szekler nur als eine einzige Nation gelten lassen wollten, dass diese historisch immer getrennt in Erscheinung getreten seien. „Soll Frieden auch im Herzen sein, so darf man ihnen nicht wehe tun“, meinte Roth. Auf die historischen und sozialen Unterschiede zwischen ihnen eingehend, schrieb er in einer „Anzeige für Einwanderer nach Siebenbürgen“ im Stuttgarter „Der Be-obachter“ am 2. Oktober 1845: Die ungarische Verfassung auf Komitatsboden sei aristokratisch, der Boden fronpflichtig ohne Leibeigenschaft; der hohe Adel ehrenhaft – der mittlere anmaßend – der niedere roh, die Fronvögte hartherzige Erpresser. Die Szekler stünden halb auf bürgerlich-freien Grundsätzen, teils auf aristokratischen. Ihre Geschichte sei eine fortwährende Unterdrückung des Schwächern durch den Mächtigeren. Anfangs seien alle frei und gleich gewesen, durch die Boshaftigkeit der Menschen und durch die Ungunst der Zeit aus Unabhängigen zum Teil  Knechte  geworden. Es gebe daher im Szeklerland Adel und Bürgertum.
 Das Volk der Magyaren
In seinen Auseinandersetzungen mit den Magyaren bemühte sich Roth, nachzuweisen, dass deren Furcht, innerhalb der andersvölkischen Mitbewohner unterzugehen, nicht begründet sei. Sie würden alle Bedingungen – geographischen Raum, Zahl, Sprache, Kultur – erfüllen, um eine eigenständige Nation zu bilden. Während „zahlreiche Schwärme der großen Völkerwanderung mit Stumpf und Stiel ausgerottet und verschwunden seien“, hätten die Magyaren als Volk ihre Eigenart bewahrt. Diese „wunderbare Erhaltung“ sei nicht etwa durch Magyarisierung der Mitnationen erfolgt, sondern durch Annahme des Christentums und abendländischer Lebensformen. Dadurch, so Roth, ward aus einer „reitenden Horde ein europäisches Volk“. Es stimme zwar, dass die Magyaren keine ethnischen Anverwandten hätten, von denen sie eine zahlenmäßige Verstärkung erhalten könnten, trotzdem sei eine Vermehrung auf Kosten anderssprachiger Mitbewohner durch deren Assimilierung nicht erforderlich. Nichtmagyarische Sprachbäume sollten nicht ausgehauen werden, vielmehr sollte alle Mühe, Zeit und Fleiß zur Pflege des eigenen Baumes aufgebracht werden. „Bedingungen einer vollkommenen Bildung (für das Magyarische) sind hinlänglich vorhanden“, argumentiert Roth, „wenn auch verschiedene Völkerschaften noch im Lande wohnen.
Das Leben des magyarischen Volkes, welches eine breite Unterlage hat, kann seine Sprache ganz durchdringen. Die anderen Völker beabsichtigen keine Störung in der Ausübung, Anwendung und Ausbildung derselben. Freilich ganz ungestört sind sie nicht, so schrankenlos können sie sich nicht bewegen, als wenn sie die alleinigen Landesbewohner wären“. Roth als sächsischer Nationalitätenpolitiker entlarvt im selben Zug in ironischer Weise die Versuche der Ungarn, ihr  assimilierendes Sprachkonzept als eine Wohltat für die fremdvölkischen Mitbewohner darzustellen. „Sie halten ihre Sprache“, schreibt er, „für einen Edelstein, für eine Perle, für einen Schatz, für eine Goldgrube usw. Und darinnen haben sie vollkommen Recht, und hierinnen meine ich es so aufrichtig, dass ich dasselbe nicht minder wahr halte als von meiner eigenen Muttersprache. Diese kostbare, unschätzbare Sache wollen sie nun vor aller Welt Augen ... durch ein Landesgesetz mit angehängtem Adelssiegel allen Völkern des Landes zum unentgeltlichen und vollkommenen Eigentume schenken. Diese ihre Sprache, die einzige orientalische im gebildeten Europa, wollen sie nicht, wie Egoisten tun, für sich allein behalten - nein, sie soll Gemeingut, die Muttersprache aller Seelen werden... Nur weil wir nicht hastig auf das Geschenk herfallen, die Wohltat nicht mit beiden Händen ergreifen, hält man uns für ein bisschen dumm und vernagelt... Wundern  sich nun diese Ultra, oder wie man beliebt zu sagen: Magyaronen, wie es möglich sei, dass wir sie so schwer verstehen, ja missverstehen; so mögen sie sich wenigstens darüber nicht wundern, dass auch wir uns darüber wundern, dass sie auch uns nicht verstehen“.
Es ist verständlich, dass ein solcher Ton die ungarischen Publizisten und Politiker auf die Barrikaden rief. Die ungarische Presse begann eine Hetzkampagne gegen den Verfasser des „Sprachkampfes“, die im Zusammenhang mit der Schwabenkolonisation noch gesteigert wurde. Roth scheint davon wenig beeindruckt gewesen zu sein, denn 1846 äußerte er in einem Trinkspruch auf der Tagung des „Vereins für siebenbürgische Landeskunde“ in Mühlbach: „Einige Ultras machen nicht den ganzen Adel aus, und Ultras haben wie Walfische zwar ein weites Maul, aber zugleich auch einen engen Schlund, und dieselbigen, die im Landtagsaale Beifall klatschten, als eine böse Schrift vorgelesen wurde (gemeint ist wahrscheinlich das Sprachgesetz von 1842), dieselbigen, die dem Erdélyi Hiradó, wenn er hetzt, auf die Schulter klopfen... dieselbigen Ultras, die aus Sachsenhass allem Unrecht, allen Rechtskränkungen, welche Komitatenser an Sachsen verüben, schadenfreudig Vorschub leisten; alle diese und die anderen Hetzer werden, wenn nur erst die gereizte Bestialität recht in Wut geraten ist und an der Kette reißt, schon zu hetzen aufhören, aus erwachter Besorgnis nun für  die eigene Haut und Waden“. Es kam leider nicht so, wie es Roth bald am eigenen Leibe verspüren sollte.
Dieser Trinkspruch hatte für Roth übrigens ein unangenehmes Nachspiel. Am 11. Juni veröffentlichte der „Erdélyi Hiradó“ einen ausführlichen Bericht über die Mühlbacher Landeskundeversammlung, wobei er Roth beschuldigte, sich in seinem Trinkspruch in hetzerischer Weise gegen den Adel und seine Privilegien geäußert zu haben. Nicht genug damit, am 3. Juli 1846 forderte die Siebenbürgische Hofkanzlei in Wien das Gubernium in Klausenburg auf, Roth wegen des erwähnten Trinkspruches zur Verantwortung zu ziehen. Obwohl dieser in einem Rechtfertigungsschreiben darauf hinwies, dass das ungarische Blatt seine Äusserungen entstellt wiedergegeben habe und sich verwundert zeigte, dass die Hofkanzlei und das Gubernium ohne eigene Untersuchungen vorzunehmen, bloß auf die Darstellung des ungarischen Blattes ihn zur Rechenschaft zogen, wurde der evangelisch-sächsische Bischof dennoch von eben diesen Stellen beauftragt, dem beschuldigten Pfarrer einen Verweis zu erteilen.
Was betrachtete die ungarische Zeitung als Aufwiegelung gegen die Rechte des Adels? Roth hatte in seinem Trinkspruch  unter anderen gesagt, dass es in Siebenbürgen drei Stände gebe, wobei er „Stände“ in diesem Fall nicht im mittelalterlichen Sinne gebrauchte, sondern damit nationale Kategorien meinte: Adel, Bürger und Untertanen. Zwischen Adel und Untertanen sei kein innerer Friede möglich, Geschichte und neueste Gegenwart lehren, dass hier ein Ausgleich geschaffen werden müsse. Aber nicht auf dem Wege der Gewalt und des Unrechts sollte das heilige Recht eingeführt werden, sondern auf dem Wege der Verhandlungen, der Nachgiebigkeit und der Billigkeit.
Beide Gegensätze müssten sich dem sächsischen Zustand, d. h. dem Bürgerstand, nähern: „Der Adel muss herunter zu uns – der Untertan muss hinauf zu uns. Dem Bürgertum gehöret die ganze Zukunft der Welt.“ Diesen Zustand herbeizuführen, hat uns Deutsche die Vorsehung gesendet. Dieses ist eine der Aufgaben unseres Volkes: dieses ist auch für mich eine Aufgabe meines Lebens“, hatte Roth erklärt. Er hatte bereits früher und hat auch später diesen Standpunkt über die soziale Mittlerfunktion der Sachsen vertreten. In dieser Aussage eine Aufwieglung zu sehen, entspricht nicht den Tatsachen, im Gegenteil, Roth hat sich immer gegen revolutionäre Umgestaltungen ausgesprochen, gegen das Beispiel der Französischen Revolution und für eine Entschädigung des Adels als Folge der durch die Bauernbefreiung entstandenen Verluste.
Obwohl St. L. Roth in seinem Trinkspruch keine siebenbürgische Nation außer der deutschen beim Namen genannt hatte, war

jedoch klar, dass seine soziale Forderung im Falle ihrer Durchführung eine Schwächung des  Magyarentums und eine Stärkung des Rumänentums zur Folge haben musste, da wie an anderer Stelle schon gesagt, der Adel ungarisch, die Untertanen aber hauptsächlich rumänische Hörige oder Fronbauern waren. Bei den gespannten nationalen Auseinandersetzungen und der bereits gegen Roth geführten Kampagne hatte der ungarische Berichterstatter den Trinkspruch als eine gegen das Magyarentum gerichtete Attacke interpretiert.
St. L. Roth weist das magyarische Begehren, Siebenbürgen mit Ungarn zu vereinigen, mit dem Argument ab, dass dieses Land seit 300 Jahren ein von Ungarn unabhängiges Fürstentum gewesen ist, sodass man sich nicht auf historisches Recht berufen könne. Die Ungarn täten so, als ob in dieser Zeit in der Weltgeschichte kein Jahr vergangen sei. Befremdet empfand er, dass nur eine Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn aber nicht innerhalb des österreichischen Kaiserreiches erwogen wurde. Der sächsische Volksstamm, so Roth, spreche sich gegen ein mit Ungarn vereinigtes Siebenbürgen aus, das von  Österreich unabhängig sei, er plädiere für den Bestand der österreichischen Vielvölkermonarchie, weil er darin eine größere Gewähr für den Erhalt des siebenbürgischen Deutschtums sehe.

Fortsetzung folgt