Grenzen der Stadtentwicklung


Kronstadt braucht einen neuen allgemeinen städtebaulichen Plan (PUG). Alte Entwicklungsstrategien müssen überdacht werden. Bisherige Studien sollen aktualisiert werden, weil die alten den neuen Herausforderungen nicht gewachsen sind. Die Stadtverwaltung will verstärkt die öffentliche Meinung der Kronstädter berücksichtigen.
Das soll auch über eine Online-Umfrage auf der Webseite des Bürgermeisteramtes (www.brasovcity.ro) bis zum 26. April geschehen. Die Erwartungen der Stadtbewohner, die ihrerseits sehr unterschiedlich (abhängig z. B. von deren Interessen, Alter, Bildung, Einkommen) sein dürften, sollen dabei in Einklang mit den Erkenntnissen der Experten in Sachen Städtebau und Verwaltung gebracht werden. Nicht zuletzt gelten auch die Bedürfnisse der Investoren, denn ohne sie stagniert die Wirtschaft der Stadt und somit auch ihre Entwicklung und der Lebensstandard der Kronstädter.
Der neue PUG soll von zwei Bukarester Firmen, Synergetic Corporation und Quattro Design, bis Ende 2023 erarbeitet und auch digitalisiert vorgestellt werden. Dafür stellt das Bürgermeisteramt knapp über vier Millionen Lei (einschl. MwSt.) bereit. Die erste Etappe, die Begründungsstudie, läuft bereits.
Es handelt sich um eine komplexe, verantwortungsvolle Aufgabe. Denn allgemeine Ziele wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Digitalisierung („Smart City“), neue coronabedingte Konzepte für öffentliche Gesundheit, müssen den lokalen Gegebenheiten angepasst werden. Diese können sowohl als Pluspunkte für Tourismus, Handel, Verkehr gelten (geographische Lage, Geschichte, kulturelle Vielfalt), aber auch Grenzen setzen, vor allem wenn es um Umwelt- und Naturschutz und somit um Lebensqualität geht.
 Einige Beispiele von Problemen, die die zukünftige Stadtplanung zu bewältigen hat, wären:
– enge Straßen, Parkplatzmangel in der Inneren Stadt und in der Oberen Vorstadt/Schei;
– große Unterschiede zwischen den Wohnblockvierteln wie Astra, Burggrund, Noa, Triaj (bis 1989 eher als „Schlafstädte” für tausende Arbeitnehmer der inzischen aufgelösten Großwerke gedacht) und den alten historischen Stadtteilen (Innere Stadt, Bartholomä, Blumenau, Obere Vorstadt);
– ein Hauptbahnhof innerhalb der Stadt, so dass die Eisenbahngleise den Verkehr erschweren;
– Auto-Zufahrt aus der Stadt in Richtung Schulerau ausschließlich über die Postwiese;
– kein Messegelände samt Mehrzweckhalle für Großveranstaltungen die jetzt allerdings (bis wann?) ausfallen;
– die Tallage des historischen Stadtzentrums und der Oberen Vorstadt – eine Sackgasse für den Verkehr und manchmal ein „Kessel“, wo sich tagelang mehr oder weniger verschmutzte Luftmassen ansammeln;
– Verlagerung von Behörden, Geschäften, Kultureinrichtungen aus der Inneren Stadt.
Lösungen sind gefragt. Sie hängen sicherlich auch davon ab, wie Kronstädter, Fachleute und Investoren die Zukunft der Stadt sehen. Denn eine touristische Hochburg weist ganz andere Bedürfnisse auf als zum Beispiel ein Wirtschaftsstandort.
Hinzu kommen die Erwartungen der Stadtbewohner in Bezug auf ein modernes und zuverlässiges Gesundheitssystem, auf gute Bildung von Kindergarten bis Uni, auf Unterhaltung und Freizeitalternativen für Jung und Alt, auf Sportveranstaltungen mit internationalem Echo oder auf eine niveauvolle Kulturszene, die den Unterschied zu anderen Großstädten machen kann.
Ralf Sudrigian