Hüte aus der Zwischenkriegszeit ausgestellt

Noch bis Ende November im Museum für Städtische Zivilisation

Über 50 Kopfbedeckungen sind ausgestellt. Foto: Museum der Urbanen Zivilisation Kronstadt

Die Namen Heinrich Tischler, Paul Ziske oder Wilhelm Blücher, aber auch Eva Schwartz und Constantin Cristoloveanu sind in Kronstadt bekannt. Die Genannten waren Hutfabrikanten zu Beginn des 20. Jahrhunderts und sorgten durch ihre handgefertigten Produkte dafür, dass das Kronstädter wohlhabende Bürgertum die neuesten Modetrends aus europäischen Großstädten wie Wien oder Paris mithalten konnte. In 24 Werkstätten von Hutmacherinnen und Modistinnen wurden bis 1948 Zylinder, Hüte, Mützen und Kappen angefertigt und verziert. Männer trugen Modelle wie u.a. Melone (der steife, abgerundete Hut, der ursprünglich in England modern war), Borsalino (ein italienisches Luxusprodukt, mit breiter Krempe, das heute noch weltweit einen Kultstatus besitzt), Fedora (ein weicher Filzhut mit breiter Krempe, der längs der Krone nach unten geknickt und an der Vorderseite an beiden Seiten eingekniffen ist), Zylinder ( ein hoher, steifer Hut, mit zylindrischem Kopf und fester Krempe) oder Clack (Zylinder der zusammengeklappt werden kann). Die Kopfbedeckungen für Damen waren mit Blumenmotiven bestickt, mit Perlen, Schmuck, oder Federn verziert, ja sogar mit ausgestopften Vögeln. Diese Modelle sind im Rahmen der Ausstellung „Der Hut – Accessoire, Eleganz und Botschaft in der Zwischenkriegszeit in Kronstadt”, im Museum für Städtische Zivilisation (Marktplatz/Piata Sfatului Nr. 15) zu bewundern.
 

Hut mit ausgestopftem Vogel
„Die Sammlung des Museums ist recht arm, weil die Leute nach der Machtübernahme des Kommunismus Hüte, Pelze und alle anderen Zeichen der Bourgeoisie verbrannt haben, um nicht verhaftet zu werden“, erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Oana }ig²nu{. Nichtsdestotrotz stehen ganz unterschiedliche Modelle aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Schau, die teils aus der Museumssammlung - zu der Margarete Depner und Maya Philippi beigetragen haben - und teils aus der Privatsammlung der rumänischen Hutdesignerin Kristina Dragomir stammen. Sie ist die Hutmacherin des rumänischen Königshauses. Auch Queen Elisabeth II. hat eine ihrer Kreationen getragen, sowie auch Sängerinnen wie Lady Gaga oder Katy Perry. Die Künstlerin hat einige Hüte für die Ausstellung aus der Zinnenstadt angefertigt, mit welchen sich die Besucher fotografieren lassen können.
Zu den Seltenheiten der Ausstellung zählt ein Hut des „Maison Helene“, dessen Dekoration – ein ausgestopfter Vogel – in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sehr beliebt war. Ein Wollhut der Modeschöpferin Elsa Schiaparelli aus dem Jahr 1938, oder ein Damenhut, der mit Goldfaden bestickt ist, sind auch Raritäten im Museum. Des Weiteren kann ein Zylinder bestaunt werden, ein Sammlungs-Exemplar von 1900, das niemals benutzt wurde, sowie auch eine Melone aus dem Hause Tischler und einer, der in Blüchers Atelier kreiert wurde. Als Erinnerung an die Mode von einst kann man mit einem Klappzylinder von 1920 ein Selfie machen.
 

Video über Herstellung von Strohhüten
Die Kopfbedeckung, die bis 1948 ein Zeichen von Eleganz war und sozialen und wirtschaftlichen Stand, Nationalität, Alter, Charakter, aber auch ethnische Zugehörigkeit verriet und unabhängig vom sozialen Stand zu jedermanns Garderobe gehörte, hat seit dem Kommunismus kein richtiges Comeback erlebt. Die eleganten Hüte wurden mit Tüchern oder Hauben ersetzt, Männer bedeckten ihre Häupter mit Mützen oder Kappen, danach mit Arbeitermützen. Heutzutage regieren die praktisch-sportlichen Mützen im Alltag, die hauptsächlich zum Schutz oder als Schmuck dienen. Elegante Kopfbedeckung wird eher zu besonderen Anlässen getragen und ist daher auch eher online, als in Geschäften erhältlich. Es gibt einige junge rumänische Designer, die dieses Handwerk wiederbeleben, darunter auch Dragomir.

Nicht aus der Mode gekommen scheint allerdings der Strohhut zu sein, zumindest nicht im Dorf Crișeni aus Harghita, wo es ein Museum der Strohhüte gibt, wo hunderte unterschiedliche Exemplare ausgestellt sind. In einem kurzen Video wird die Kunst der Hutmacher aus dem Dorf deutlich.

Sächsische Hauben auch ausgestellt
Ein Teil der Kronstädter Ausstellung ist den sächsischen Hauben gewidmet, die im Burzenland getragen wurden. Zu sehen sind Hauben aus schwarzem Samt, die mit bestickten Blumensträußen verziert sind. Waren die Blumen rosafarben oder rot, deutete das darauf hin, dass die Frau erst geheiratet hatte. Mit den Jahren bekamen die verheirateten Frauen gelb und violett bestickte Blumen auf die Kopfbedeckung. Seniorinnen trugen Hauben mit monochromer floralen Dekoration. 

Bei der Ausstellung lernt man auch einiges über die Schülermützen, die bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts getragen wurden. Die Schülerinnen der oberen Klassen der Evangelischen Schule trugen burgunderrote Samtmützen, wobei die Schüle-rinnen des Mädchen-Lyzeums „Regina Maria“ (heute Unirea-Nationalkolleg) eine Kopfbedeckung aus dunkelblauem Filz, mit kleinen Krempen und mit einem blauen Band trugen. Die verpflichtende Hauptbedeckung für die Eleven des heutigen Andrei-Șaguna-Nationalkollegs, damals Orthodoxes Gymnasium, bestand aus blauer bzw. schwarzer Stoffmütze, je nach Studienjahr. Man kann auch eine Reihe von Junii-Kappen bewundern, die die verschiedenen Gruppen der Reiter tragen.

Die Ausstellung wird durch Werkzeug wie Nähmaschinen und Utensilien vervollständigt, auch liegen Schachteln der Hüte, die die teuren Accessoires schützen sollen in den Vitrinen. Werbebilder und -sprüche und weitere Dokumente der Zeit in Großformat laden Besucher in die Vergangenheit ein. Eine geleitete Tour bringt selbstverständlich viele zusätzliche Informationen mit sich, wie jene, dass die hiesigen Hutmacher ihre Ware exportierten, aber auch aus dem Ausland qualitative Stoffe wie auch Hüte importierten und hier verkauften. Die Kunst der Hutmacher ist nicht die einzige, die verblasst. „Vor 1948 gab es in Kronstadt rund 1200 Handwerkswerkstätten, die sehr spezialisiert waren. Heutzutage gibt es in Kronstadt nur noch Schuhmacher, Uhrmacher und Schneider und auch die verschwinden, finden keine Lehrlinge“, erklärt die Kuratorin.

Die Ausstellung steht, mit Ausnahme der Montage und Dienstage, bis Ende November offen. Der Eintritt kostete 9 Lei für Erwachsene, 2 Lei für Kinder und 4 Lei für Rentner. Der Besuch wird nur mit gültigem Covid-Pass genehmigt.