Klangessenzen aus zweieinhalb Jahrhunderten

Gute Kammermusik aus Jena im Mureşenilor-Haus

Jörg Schneider (Oboe), Solveig Rosenhauer (Violine), Frederik Nitsche (Viola) und Sabrina Lutz (Cello) im Mureşenilor-Haus.
Foto: Christine Chiriac

Gekonnt gespielte Kammermusik ist selten. Man würde sich in Kronstadt öfter so gelungene Quartett-Abende wünschen wie es der mit „klassischer und neuer Musik aus Jena“ am zweiten Februarwochenende war. Im schönen Ambiente der „Casa Mureşenilor“ waren auf Einladung des Deutschen Kulturzentrums Kronstadt Musiker der Jenaer Philharmonie zu Gast.

Die vier jungen Instrumentalisten sind permanente Mitglieder von „KlangEssenz“, einem Ensemble für Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, das sich für alle Instrumentenkombinationen und Konzertprogramme flexibel hält.

In Kronstadt spielten Jörg Schneider (Oboe), Solveig Rosenhauer (Violine), Frederik Nitsche (Viola) und Sabrina Lutz (Cello) einleitend das Quartett für Oboe und Streichtrio F-Dur KV 370 von Mozart. Eine Freude war die Oboe mit ihrem solistischen Selbstbewusstsein und dem warmen Klang, bis ins Detail koordiniert mit den Streichern, welche die Rolle der Begleiter exakt komplettierend und überzeugend erfüllten.

In den darauffolgenden „Goldbergvariationen“, nach Bach von Dimitri Sitkovetski für Streichtrio bearbeitet, zeigten Violine, Viola und Cello mal schön homogen, mal in abwechselnden Kommentaren und musikalischen Charakteren gleichermaßen ihre Kunst. Nur der leider ziemlich überzeugte Applaus zwischen den einzelnen Sätzen der Werke zerbrach hie und da die Stimmung.

Wie Jörg Schneider in einer kurzen Ansprache erklärte, widmet sich das Ensemble in erster Linie der zeitgenössischen Musik. Es gehört zum Selbstverständnis von „KlangEssenz“, auch die Hörer begeistern zu wollen, die mit den neuen Klängen nicht so vertraut sind. In diesem Sinne schloss das Oboenquartett (1994) von Isang Yun den Abend ab.

Um den Entstehungskontext des Werkes zu veranschaulichen, fasste der Oboist des Ensembles die Biografie Isang Yuns kurz zusammen. Der bedeutende zeitgenössische Komponist, geboren 1917 im heutigen Südkorea, war bereits während seiner Studienzeit im Widerstand gegen die japanische Besatzung aktiv. Er wurde in den 60er Jahren in Berlin vom südkoreanischen Geheimdienst entführt, gefoltert, unter dem Vorwand von Spionage und Landesverrat inhaftiert und kam erst nach internationalen Protesten frei. Yun lebte seitdem im Westen.

Seine Musik – auch das Oboenquartett, dessen Uraufführung im November 1995 der Komponist nicht mehr erlebte – widerspiegelt die ganze Brutalität des Erlebten. Das Werk verschmilzt fernöstliche Musiktraditionen mit Techniken aus dem Abendland und bleibt dabei auch dem nichteingeweihten Ohr verständlich. Effektvoll, auch wenn unerwünscht: die Schlusstöne der Musik wurden noch einige Sekunden lang von den Parolen der Protestler vom Kronstädter Marktplatz ergänzt, bevor das Publikum Beifall schenkte.