Kompendium der bildenden Kunst der Rumäniendeutschen erschienen

Eingehende Analyse des Schaffens in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Wende 1989

Gudrun-Liane Ittu, „Arta plastică a germanilor din România 1945-1989“ (Die bildende Kunst der Rumäniendeutschen 1945 – 1989), Editura Academiei Române, Bukarest 2014.

Der im Vorjahr erschienene Band über die bildende Kunst der Rumäniendeutschen  in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur politischen Wende (1945 – 1989) im Verlag der Rumänischen Akademie, stellt eine eingehende Analyse des Schaffens, aber auch der Umstände dar, denen sich gewollt oder ungewollt die Künstler zum Teil anpassen mussten. Gudrun-Liane Ittu die Autorin dieses Kompendiums das in rumänischer Sprache erschienen ist, bietet somit der Mehrheitsbevölkerung des Landes, vor allem aber den Kunstinteressenten  die Möglichkeit einen Eindruck von dem bedeutenden Beitrag der deutschsprachigen bildenden Künstler zum allgemeinen Kulturgeschehen  zu gewinnen.

Es sind die Jahre, in die das Schaffen einiger bedeutenden Künstler aus der Reihe der deutschen Minderheit fällt. Bloß einige dieser Künstler auf die im Band Bezug genommen wird, sollten einleitend verzeichnet werden: Helmut Arz, Sieglinde Bottesch, Friedrich Bömches, Margarete Depner, Hans Eder, Juliana Fabritius-Dancu, Franz Ferch,  Ingo Glass, Ilse Hehn, Hans Hermann, Karl Hübner,  Stefan Jäger,  Hans Mattis-Teutsch, Waldemar Mattis-Teutsch, Harald Meschendörfer, Trude Schullerus, Kaspar Teutsch, Helfried Weiss u.a. Zu dem werden deren Lebensdaten, Teilnahme an Ausstellungen in einem ausführlichen bibliographischen Anhang von der Autorin geboten.

Dem aufliegenden Band, der der letzte dieser Serie ist, sind zwei weitere vorausgegangen, die ebenfalls in rumänischer Sprache im Verlag der Rumänischen Akademie erschienen sind.  Der erste Band war unter dem Titel „Tradiţie, modernitate si avangardă în arta plastică a germanilor din Transilvania la sfârşitul secolului al XIX-lea şi începutul secolului XX“ (Tradition, Modernismus und Avantgardismus in der bildenden Kunst der Deutschen in Transsilvanien am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts“ im Jahr 2008, und „Artişti plastici germani din România. Intre tradiţie, modernitate şi compromis ideologic. Anii 1930 – 1944“  (Deutsche bildende Künstler aus Rumänien. Zwischen Tradition, Modernismus und ideologischem Kompromiss. Die Jahre 1930-1944)  im Jahr  2011 erschienen.

Im ersten Band geht die Autorin auf die bildenden Künstler in Siebenbürgen ein, im zweiten auf die aus dem ganzen Land. Dieses war auch die Zeitspanne in der ein Teil der deutschen Bevölkerung unter den Nazieinfluss geraten war. Zum Unterschied zudiesen beiden Bänden, befasst sich nun Gudrun-Liane Ittu mit der Zeit der kommunistischen Jahre und deren Einfluss auf das Kunstschaffen im Allgemeinen. In dieser Periode waren auch die Künstler, die den nationalen Minderheiten angehörten, in den jeweiligen Berufsvereinen auf Landesebene zusammengeschlossen worden.

Die Autorin geht auf die verschiedenen Perioden dieser Zeit ein, in denen anfangs die Schaffenden verpflichtet waren, die Einschränkungen des sozialistischen Realismus zu berücksichtigen (1948 – 1954) bis hin zu der Zeit einer politischen Entspannung, die nach 1965 einsetzte, als sich die bildenden Künstler wieder der Traditionen ihrer Mitbürger, in diesem Fall der Rumäniendeutschen, in ihren Arbeiten  widmeten. Die Synthese von Gudrun-Liane Ittu baut auf die  Kunstchroniken, die in der deutschsprachigen Presse des Landes – Neuer Weg, Volk und Kultur, Neue Literatur, Karpatenrundschau, Hermannstädter Zeitung, Neue Banater Zeitung -,  aber auch im deutschen Sprachraum – Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, Südostdeutsche Vierteljahresblätter, Siebenbürgische Zeitung – sowie der rumänischen Kulturzeitschriften, der Kataloge der Kunstmuseen  erschienen sind. Daher führt Gudrun-Liane Ittu zahlreiche Namen der  Autoren dieser Chroniken  darunter Elisabeth Axmann, Franz Heinz, Hans Bergel, Rohtraut Wittstock-Reich, Annemarie Podlipny-Hehn, Horst Schuller, Helmut Stürmer, Walter Konschitzky, Claus Stephani, Brigitte Stephani, Manfred Wittstock an, mit den jeweiligen Angaben wie Titel, Publikation in der diese Beiträge erschienen sind, zum Teil auch mit Zitaten. Von großem Nutzen waren der Autorin auch die in den letzten Jahren veröffentlichten Kunstkataloge anlässlich der verschiedenen retrospektiven Ausstellungen  im Brukenthal-Museum, im Kronstädter Kunstmuseum oder dem Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim. Eingangs zu dem Band werden somit die Namen der Publikationen und deren Abkürzungen angeführt, die von der Autorin in ihrer Analyse verwendet wurden.

 Nach dem Vorwort gliedert Gudrun-Liane Ittu  den Band in drei Kapitel. Im ersten werden die Leser in einer kurzen Zusammenfassung mit der Geschichte der deutschen Minderheit in Rumänien vertraut gemacht. Beginnend mit der Ansiedlung geht sie  kurz auf die Rolle der Sächsischen Nationsuniversität (1486), auf die nachfolgenden geschichtlichen Ereignisse,  aber auch  auf die  Zeit des Nationalsozialismus, der Russlanddeportation und Evakuierungen und deren Folgen ein.         
    
Im zweiten, ebenfalls kurz gefassten Kapitel bezieht sich die  Autorin auf die Entwicklung der bildenden Kunst der Rumäniendeutschen  bis zur kommunistischen Periode.

Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich in Hermannstadt  eine Gruppe einheimischer Künstler gebildet, wobei aber erst gegen das Ende dieser Zeitspanne  der wesentliche Kontakt zur westlichen Kunst durch Carl Dörschlag (1832 – 1917) der aus Deutschland  kam, und Ludwig Schuller (1826 – 1906) einem Österreicher hergestellt wurde. Zu der sogenannten „Gründergeneration“ gehörten in Hermannstadt Fritz Schullerus, Karl Ziegler, Arthur Coulin, Anna Dörschlag u.a. Hinzu kamen dann die Kronstädter Künstler  Hans Hermann (1885 – 1980), Eduard Morres (1884 – 1980), Hermann Morres (1885 – 1971), Hans Eder (1883 - 1955), Fritz Kimm (1890 – 1979), Margarete Depner (1885 – 1970), Grete Csaki-Copony (1893 – 1990), Hans Mattis-Teutsch (1884 – 1960) u.a.  Die Naziideen fanden auch bei einigen der hiesigen deutschen Künstler ihren Niederschlag, was in einigen „Gesamtschauen“ ( 1937, 1938) dann zum Ausdruck kam.

Einer ausführlichen Analyse unterzieht die Autorin des Bandes dann im dritten Kapitel das Schaffen der deutschen Künstler  in der sozialistischen Gesellschaft. Einige der Künstler wurden wegen einiger ihrer Arbeiten, die sie vorher geschaffen hatten, Verfolgungen ausgesetzt. Hans Guggenberger (1902 – 1987), der ein Porträt Hitlers gemalt hatte, oder andere  wie Friedrich Bömches, Horst Zay, Hans Adam, Eva Maria Stürmer, die nach Russland deportiert wurden, oder Viktor Stürmer ,der vom sowjetischen Geheimdienst der Spionage beschuldigt und ursprünglcih zum Tode verurteilt wurde  und nachträglich zu 25 Jahren Haft, sind einige bezeichnende Beispiele und weitere werden in dem Band angeführt. In den dogmatischen Jahren (1948 – 1954)  wurde in Hermannstadt eine Gewerkschaft der bildenden Künstler, Schriftsteller und Journalisten gegründet.

Darunter sind auch mehrere deutsche Namen zu finden. Das sich einige  den neuen Anforderungen anpasste,n war irgendwie verständlich. Andere wie beispielsweise Hans Eder musste ein Porträt des russischen Schriftstellers Puschkin ändern, da es angeblich Spuren der bürgerlichen Auffassung aufwies. Karl Hübner wurde von der Leitung der Brenndorfer Zuckerfabrik mit der Anfertigung einer Statue  aus Zucker anlässlich des Geburtstages von Stalin beauftragt. In Ausstellungen fand man Kunstwerke, die bezeichnende Namen für die Zeit tragen mussten:Anbaukampagne, Nationalisierung, Gründung der Kollektivwirtschaft, Arbeiterporträt. Einige Künstler erhielten staatliche Aufträge für ganz bestimmte Themen.

Eine neue restriktive Schaffenszeit trat 1953 nach dem Tod von Stalin bis 1958 ein. 1955 wurde auf dem zweiten Kongress der Rumänischen Arbeiterpartei  über die Durchführung einer „Kulturrevolution“ debattiert. In großen Regionalausstellungen sollte das immer wieder zum Ausdruck kommen, Arbeiten die nicht diesen Richtlinien entsprachen, wurden nicht zugelassen. Gudrun-Liane Ittu teilt die Jahre der sozialistischen Epoche in fünf Zeitabsscnitte bezüglich der strengen dogmatischen Regelungen oder der teilweisen Lockerungen ein. Nach genannter Zeitspanne folgt die von 1958 bis 1962, die als die kleine Eiszeit betrachtet wird, der dann die große Enteisung 1965 – 1973 folgt, und an die wieder neue Einschränkungen von 1974 bis 1989 angeschlossen werden.

Einige Maßnahmen, wie die Gründung des Friedrich Schiller-Kulturhauses in Bukarest, das Erscheinen der regionalen Publikation „Volkszeitung“ 1957 in Kronstadt, waren als  der deutschen Minderheit entgegenkommende Maßnahmen gedacht. Anderseits gab es auch  Gegenangriffe, wie beispielsweise 1958 seitens der „Scânteia“ als zentrales Presseorgan der Rumänischen Arbeiterpartei gegen  die Literaturzeitschrift „Neue Literatur“, die positiv über den Schriftsteller Adolf Meschendörfer berichtet hatte. Auch der Schriftsteller- und der  Schwarze Kirche-Prozess bildeten Themen dieser Publikation, um Angriffe gegen die deutschen Intellektuelle zu starten.

Die Jahre nach 1965 bezeichnet die Autorin des aufliegenden Bandes als  Wendepunkt zu dem großen ideologischen Tauwetter und eine Öffnung  zum Westen. Gekennzeichnet wurde dieses  durch mehrere Kulturaustausche. In Bukarest wurden große Kunstausstellungen wie „Käthe Kollwitz“ (1959), „Henri Moore“ (1966), „Picasso „ (1968), „Paul Klee“, „Amerikanische bildende Kunst der Gegenwart“ (1969) u.a. organisiert. Diese Entspannung wirkte sich positiv auch auf das Schaffen der hiesigen deutschen bildenden Künstler aus. So wurde Hans Mattis-Teutsch (1884 – 1960) neu gewertet, eine Retrospektive wurde im Kronstädter Kunstmuseum 1984 veranstaltet. Eine besondere Entwicklung wurde bei Friedrich Bömches von Boor verzeichnet, wobei der aus Kronstadt stammende Philosoph Walter Biemel diesen als Genie der Malkunst bezeichnete. Ähnliche positive Entwicklungen werden in diesen Jahren in den Arbeiten von Hildegard Kremper-Fackner, Franz Ferch, Harald Meschendörfer, Hans Stendl, Wilhelm Fabini. Kaspar Teutsch, Reinhardt Schuster, Sieglinde Bottesch, Helmut Stürmer u.a verzeichnet.

In den Jahren 1975 – 1989 ist ein zahlenmäßiger starker Rückgang der deutschen bildenden Künstler in Rumänien  feststellbar. Dieses durch ihren erfolgten Tod wie Rudolf Schweizer-Cumpăna (1975), Heinrich Brandsch (1978), Hans Hermann (1980), Ferdinand Mazanek (1980), Eduard Morres (1980), Karl Hübner (1981), Trude Schullerus (1981), Juliana Fabritius-Dancu (1984), Harld Meschendörfer (1984), Arthur Leiter (1986),  aber auch durch die Auswanderung von Renate Mildner-Müller, Gert Fabritius, Helfried Weiß, Friedrich Bömches, Kaspar Teutsch, Reinhardt Schuster, Sieglinde Bottesch u.a.

In ihren Schlussfolgerungen betont mit Recht die Autorin, dass die Künstler, die der deutschen Minderheit in Rumänien entsprungen sind, einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der gesamten Kulturlandschaft des Landes erbracht haben. Deren Werke muss man in die verschiedenen Schaffensperioden  eingliedern und die künstlerischen Strömungen berücksichtigen. In den letzten Jahren unter der Diktatur Ceau{escus, wurde der politische Einfluss wieder stark bemerkbar in dem Schaffen der Künstler, hat aber den Dogmatismus  der fünfziger Jahre nicht mehr übertreffen können.

Der Band enthält sechs Anhänge . Der erste umfasst eine Zeittafel mit den wichtigsten Daten zur Geschichte der deutschen Minderheit des Landes nach dem 23. August 1944 bis 1989, drei Auszüge   mit Ausstellungschroniken, die im „Neuer Weg“ erschienen sind. Es folgt ein Anhang mit der Buchgrafik und deren wichtigsten Vertretern. Im sechsten Anhang bietet die Autorin die Namensliste der deutschen bildenden Künstler des Landes, die in den Jahren nach 1870 bis 1969 geboren wurden. Da vermisst man die Namen von Grete Csaki-Copony (1893 – 1990), Fritz Kimm (1890 – 1979), Ernst Honigberger (1885 – 1974). Wie schon betont, folgt ein inhaltsreicher bibliographischer Anhang  der deutschen bildenden Künstler in Rumänien, die in der analysierten Zeitspanne 1945 – 1989 geschaffen haben.  Angeführt wird weiter von der Autorin die verwendete Bibliographie  mit Quellenangabe auch der Publikationen,  die sie in ihrer Analyse einbezogen hat. Ergänzt wird der Band mit der Reproduktion von 41 Arbeiten bildender Künstler, die in diesen Jahren entstanden sind und zum Teil den Zeitansprüchen  gewidmet wurden. Einige Beispiele sind bezeichnend: „Lesen der Scânteia“ (Trude Schullerus), „Schachspiel in einem Arbeiterklub“ (Hans Hermann),  „Reichtum“ (Josef Tellmann), u.a.

Der aufliegende Band ist das Ergebnis einer eingehenden Dokumentation, die Gudrun-Liane Ittu im Bereich des Schaffens der rumäniendeutschen bildenden Künstler mit Kompetenz vorgenommen hat, um dem Leser und Forscher ein wichtiges Kompendium zur Verfügung  zu stellen. Mit diesem hat sie erfolgreich die Serie der drei Bände abgeschlossen die dem rumänischen Leser somit ein umfassendes Bild über einen Schaffensbereich der hier lebenden deutschen Minderheit bietet und als Beitrag für das gesamte Kulturerbe des Landes gewertet werden muss.