Kronstadt-Projekte vor dem Wahlkampf

Obwohl der Wahlkampf für die Lokalwahlen offiziell erst Anfang Mai startet, bemühen sich in Kronstadt sowohl die Sozial-Liberale Union als auch die Regierungspartei (PDL) bereits jetzt um die Gunst der Wählerschaft.

Das geschieht seit einiger Zeit eher durch gegenseitige Beschuldigungen und Angriffe in Pressematerialien oder auf Flugblättern, als Projekte vorstellen und darüber sprechen. Bürgermeister George Scripcaru hat den Vorteil, kraft seines Amtes, die Projekte des Stadtrates und somit des Bürgermeisteramtes, wo seine Partei (PDL) das Sagen hat, auf verschiedenen Kanälen vorstellen zu können.

So enthält der Bescheid seitens des Finanzamtes betreffend  Begleichung der Steuern für Wohnung und Personenkraftwagen auch einen vom Bürgermeister unterschriebenen Brief, in dem, außer dem Dank an den Empfänger für seine Unterstützung als Gebührenzahler, auch auf die bereits umgesetzten Projekte sowie auf die zukünftigen Vorhaben hingewiesen wird. Die Liste dieser Projekte ist fast zwei Seiten lang, sie umfasst 33 Punkte.

Beim Treffen des Bürgermeisters mit Kronstädter Unternehmern, die vor Kurzem von der Industrie- und Handelskammer Kronstadt im Aro-Palace-Hotel veranstaltet wurde und wo der Deutsche Wirtschaftsklub Kronstadt sein Projekt einer deutschen Berufsschule vorstellte, nutzte Scripcaru die Gelegenheit und sprach ausführlich über die Projekte, die für Kronstadt und die Metropolregion gedacht sind.

In diesen Aufzählungen geht es auch um Vorhaben, die seit längerer Zeit bekannt sind und auf deren Verwirklichung gewartet wird. Einige Beispiele: Erweiterung bzw. Fortsetzung der Teilstrecken der Kronstädter Verkehrsumleitung, Neugestaltung des Alten Marktplatzes und des Honterushofes, Ausbesserung und Neubau von Straßenüberführungen (z. B. bei der Fartec-Brücke), neue Zufahrten zur Coresi-Plattform (ehemaliges Tractorul-Werkgelände), neuer Konzertsaal für die Philharmonie beim ehemaligen Patria-Kino, Erweiterung des staatlichen Altenheims im Noua-Viertel, der Bau eines multifunktionellen Sozialzentrums beim ehemaligen Astra-Industrielyzeum, ein Geschäftszentrum beim neuen Forschungszentrum der Uni in Biengärten/Stupini, das Autodrom „Motorland“ bei Tărlungeni.

Für viele dieser Vorhaben wird eine EU-Finanzierung angestrebt, da Kronstadt als einer der sieben Wachstumspole gilt. In der Wirtschaftsregion Zentrum sei Kronstadt mit Abstand der größte Beitragszahler, sagte Scripcaru. Die Nachbarkreise Hermannstadt und Muresch würden gemeinsam so viel an Beitrag zahlen wie Kronstadt allein. Deshalb könne Kronstadt auch als Nutznießer der Wirtschaftsprojekte höhere Ansprüche haben.

Außer typischen Vorzeige-Projekten mit Sofortwirkung wie Bepflanzung der Grünflächen (Parks aber auch der zahlreichen Verkehrsinseln für die sich Scripcaru als Kreisverkehr-Initiator stark gemacht hat), Asphaltierungskampagnen mit dem Lieblingspartner „Vectra“, Kinderspielplätze, Straßenbeleuchtung, neue Busse für den öffentlichen Stadtverkehr tauchen auch Projekte auf, die als gewagt oder sogar unausgereift gelten könnten und die daher eher einer öffentlichen Debatte bedürfen und die nicht als Wahlversprechen gelten sollten.

Einige Beispiele auch aus dieser Kategorie: die Drahtseilbahn vom Kronstädter Hauptbahnhof oder von Bartholomae (ehemaliges Munizipalstadion) zur Schulerau; Tiefgaragen im Stadtzentrum (zunächst eine für 306 Parkplätze unter der Zinne, in der Nachbarschaft des Militärspitals); Umgestaltungen in der Schulerau: Bau eines großen Freizeit-Komplexes an der Basis der Bradul-Skipiste und Verkehrseinschränkungen für jene, die keine Hotelbuchungen vorweisen können und die bei der Einfahrt in die Schulerau ihren Pkw auf einem neuen großen Parkplatz abstellen sollen; neue Straßenverbindung Postwiese – Obere Vorstadt entlang der Graft einschließlich durch Bau eines Straßentunnels.

Unter vielen guten Projekten tauchen auch manch fragwürdige Vorstellungen auf. Gut wäre es, Prioritäten zu setzen, die Finanzierungsquellen zu identifizieren, die Bevölkerung in die Beschlussnahme miteinbeziehen. Aber wenn es um Wahlversprechen geht, wird alles vereinfacht, andere Kriterien berücksichtigt: Was kommt besser an, womit übertrumpft man den politischen Gegner, wer kann (ohne dafür irgendwie  zur Verantwortung gezogen zu werden) mehr versprechen.