Kronstadts Hubschrauber und Segelflugzeuge

Geschichtlicher Überblick in einer Ausstellung im Ștefan-Baciu-Haus

Modelle von Hubschraubern und Kleinflugzeugen, die in Weidenbach entstanden, sind im Baciu-Haus bis März 2019 ausgestellt. Foto: der Verfasser

Es ist überraschend im Gedenkhaus des Kronstädter Stadtdichters Ștefan Baciu (1918 – 1993), Baiulescu-Straße 9, eine Ausstellung anlässlich der 50 Jahre seit der Gründung des Weidenbacher Flugzeugwerkes ICA („Întreprinderea de Construcții Aeronautice“) vorzufinden. Noch ist das vorgeschlagene Museum zur Geschichte der Kronstädter Industrie in weiter Ferne. Dort sollen auch IAR,  das erste rumänische Flugwerk, gegründet 1927 und sein Nachfolger ICA ihre Geschichte erzählen. Gerettet wurde ein Hangar in Nachbarschaft der Coresi—Mall– der ideale Standort für so ein besonderes Museum.

Bis das Industrie-Museum Wirklichkeit wird, ist nun das Baciu-Haus bis März 2019 die Adresse, wo man einen Einblick erhält in die technischen Hochleistungen, mit denen sich Kronstadt vor allem in der Herstellung von Hubschraubern und Segelflugzeugen rühmen kann. Modelle der verschiedenen bei ICA, nach 1989 wieder in IAR („Intreprinderea Aeronautică Română“) als staatliche Aktiengesellschaft umbenannt, hergestellten Helikopter und Segelflugzeuge, Schautafeln mit den technischen Daten, Verkaufszahlen und weitere Infos sowie Kurzfilme von den Probeflügen sind da zu sehen. Generalmajor (i.R.) Ion Georgescu, ICA-Direktor in den 1980-er Jahre und Andrei Lörincz, technischer Direktor und Programm-Koordinator nach 1990, schilderten bei der Vernissage die Umstände, in denen in Weidenbach in den verstrichenen 50 Jahren sich eine Hochburg dieses so anspruchsvollen Industriezweigs entwickeln und fortdauern konnte. Dass die Ausstellung, nach jener im Vorjahr, die dem 90. Gründungsjubiläum von IAR gewidmet war, zustande kam, ist dem Museums- und Ausstellungskurator Traian Constantin Dumbrăveanu zu verdanken – er selber ehemaliger ICA-Mitarbeiter. Genau so wichtig ist das Zusammengehörigkeitsgefühl all jener die als Arbeiter, Entwurfs-Ingenieure, Piloten im Flugwesen tätig waren oder sind und die sich dadurch eng miteinander, wie in einer Großfamilie, verbunden fühlen. Dumbrăveanu erwähnt gegenüber der KR eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Baciu-Haus und Flugzeuge. Es ist die Freundschaft und die gemeinsam verbrachte Kindheit von Ștefan Baciu und einer der Lichtgestalten des Weidenbacher Werkes und der Kronstädter Flugwesen-Tradition, der Chefingenieur und technische Direktor Iosif Șilimon (1918 – 1981), ein international anerkannter Experte im Segelflugzeug-Entwurf und -Bau.

Begonnen hatte alles 1968, nach dem Einmarsch sowjetischer Soldaten in Prag. Ceaușescu wollte verstärkt auf eigene rumänische Verteidigungskapazitäten setzen und dazu gehörten auch im Land hergestellte Hubschrauber. Von Aerospatiale Frankeich wurden die Lizenzen für SA-316 Alouette III  und SA 330 Puma erworben und dann für den rumänischen Markt aber hauptsächlich für den Export die Hubschrauber IAR 316 B und IAR 330 Puma sowie zahlreiche verbesserte und angepasste Nachfolger-Modelle sowie Kleinflugzeuge (von Nutz- bis Sportflugzeuge) gebaut. Der Hubschrauber IAR 317 Airfox sammelte allgemeine Bewunderung bei der Luftmesse in Le Bourget (Frankreich), wobei die Fachleute staunten, dass Kronstadt in Rumänien über so eine entwickelte Produktionskapazität und das damit verbundene hochqualifizierte Fachwissen verfügte. Kurz vor 1989 kam es zu einer Großbestellung seitens der UdSSR für den Hubschrauber Ka 126. Alles blieb aber nur im Prototypenstadium, da 1989 neue Zeiten anbrachen.

Für IAR war es nicht leicht unter den neuen Gegebenheiten den hohen Standard beizubehalten. Modernisierungsprogramme (SOCAT, NATO, SM für die Vereinigten Arabischen Emirate, NAVAL) wurden mit Erfolg gemeistert von einer Belegschaft, die sehr stark geschrumpft war. Denn die Fachkräfte aus Weidenbach hatten einen sehr guten Ruf und die freie weite Welt stand nun allen offen, so dass viele ehemalige IAR-Mitarbeiter im Ausland besser bezahlte Jobs wählten. Andere Konkurrenten kamen direkt nach Weidenbach. Airbus Helicopters und Aerotec ließen sich da nieder, so dass heute mit Recht von einem Kronstädter Cluster in diesem Industriebereich gesprochen werden kann.

Die Ausstellung kann von montags bis samstags zwischen 9 und 17 Uhr besichtigt werden, wobei auch Treffen und Seminare mit Schülern und Studenten, (in Kronstadt gibt es auch die Henri-Coandă-Luftakademie!) geplant sind. Die Tradition, die Erfolge, von denen diese Ausstellung ein Zeugnis ablegt, könnten auch als Aufforderung und moralische Verpflichtung für all jene gelten, die bestrebt sind, gerade in Weidenbach, das Kronstädter Flughafenprojekt zum Durchbruch zu führen.