Kunst aus den Schützengräben

Ergreifende Ausstellung in den Räumen des „Casa Mureşenilor“-Museums

Dekorierte Munitionskisten, Kruzifixe aus Patronen, Feuerzeuge, die aus Kugeln angefertigt wurden, Kerzenständer aus Projektilen, Vasen und Teller aus Kriegshelmen und Kanonenröhren, Flugzeugmodelle, Talismane und Schmuck, Botschaften und Muster, die in Knochen oder Steine geritzt wurden, Gewehrkugeln, auf denen Namen und Daten eingraviert wurden, Fotografie-Rahmen aus den Resten eines Flugzeugs, Skizzen, die Szenen aus dem Leben der Kriegsgefangenen darstellen, Granathülsen, die in Vasen, Aschenbecher, Feuerzeuge und Lampen verwandelt wurden- bis zum 2. Juni kann man all diese Objekte im „Casa Mureşenilor“-Museum sehen, im Rahmen der Ausstellung „Trench Art- Kunst aus den Schützengräbern“.

In den Wirren des Ersten Weltkriegs entstanden

„Trench Art“ mag vielen Leuten ein unbekannter Begriff sein. Dabei handelt es sich um kunsthandwerkliche Objekte, die von Soldaten, Zivilen oder Kriegsgefangenen im Verlauf des Krieges angefertigt wurden. Oft bestand die Trench-Art aus militärischem Müll, aber auch aus natürlichen Materialien wie Knochen oder Steinen. Der Begriff umfasst weitgehend die Kunst aus den Schützengräbern des Ersten Weltkriegs.

Die Soldaten verwendeten die Materialien mit viel Phantasie- Rattenhaut wurde zum Beispiel für die Anfertigung von Geldbeuteln verwendet. Auch das Aluminium, das von einem Zeppelin stammte, der 1916 über England abgestürzt war, diente als Arbeitsmaterial.

Gefunden wurden die Objekte auf Dachböden oder dank der archäologischen Ausgrabungen auf historischen Schlachtplätzen. Viele befinden sich heute in Museen, Galerien oder auf Auktionsseiten im Internet. Ein Sammler aus Bukarest, der Ingenieur Cristian Dumitru, hat über 200 solcher Objekte aus seiner Privatkollektion dem „Casa Mureşenilor“ zur Verfügung gestellt.

Über zwei Jahrzehnte lang hat Dumitru die Objekte aus Rumänien, Frankreich, Italien, Belgien und Deutschland gekauft- auf Flohmärkten oder im Internet. Anfang der 90er Jahre hat der Bukares-ter Ingineur den ersten Trench-Art-Gegenstand erworben. Es war ein Aschenbecher, der während des Ersten Weltkriegs aus einer Kanonenröhre entstanden ist. Im Inneren des Aschenbechers befindet sich ein integriertes Feuerzeug, das aus einer Patronenhülse angefertigt wurde. „Kunst aus den Schützengräbern. Das Trench-Art-Phänomen“ ist die erste Ausstellung in Rumänien, die sich derartigen Objekten widmet. Neben den Gegenständen wurden auch Fotografien, Feldpostbriefe, Uniformen, Militärkarten und Medaillen ausgestellt.
 

Tauschhandel, Therapie und Souvenirs für Daheim

Das Interesse an Objekten aus dem Ersten Weltkrieg ist in den letzten Jahren erheblich größer geworden. Die Gegenstände, die in den Schützengräben von Soldaten angefertigt wurden, erzählen von bisher verborgenen Geschichten aus dem Krieg.

Die Kunst diente in vielen Fällen dem Tauschhandel. Wie man in alter Feldpost nachlesen kann, haben französische und englische Soldaten einen Tauschhandel von Zigaretten und Schokolade gegen Werkzeuge und Muster für leere Patronenhülsen oder Ringe aufgezogen. Aber die meisten Objekte wurden aus therapeutischen Zwecken hergestellt - während der Arbeit vergaß man, wenn auch nur für kurze Zeit, dass in unmittelbarer Nähe der Krieg tobte. In den schwierigen Zeiten dienten diese Gegenstände als Trost und Begleiter, sogar als glücksbringende Talismane. Viele Soldaten bastelten die Objekte und bewahrten sie später als Souvenirs auf- sie sollten sie an die Zeit in den Schützengräben erinnern. Auch für die Familie zu Hause kreierten die Soldaten Kunstwerke- wie etwa Aschenbecher aus Patronen.

Auch solche Objekte erzählen vom Krieg. Es sind keine Erinnerungen auf Papier, sie zeugen aber vom Leben gewöhnlicher Menschen in ungewöhnlichen Zeiten.

Für die Hinterbliebenen waren diese Gegenstände ein Andenken an diejenigen, die im Krieg gefallen sind. Sie halfen, das Gedenken an den gefallenen Sohn, Bruder oder Gatten zu bewahren. Viele solcher Objekte wurden in den Fluren, Schlafzimmern und auf den Kaminsimsen der Kriegswitwen gefunden.

Doch die „Trench Art“ bedeutet viel mehr als nur das: Mordinstrumente wie Waffen können zu Objekten des Friedens und der Versöhnung umgewandelt werden.

Die Ausstellung „Trench Art- Kunst aus den Schützengräbern“ kann montags bis freitags zwischen 9 und 17 Uhr besucht werden. Der Eintritt kostet 5 Lei für Erwachsene, ermäßigt 3 Lei für Rentner und 2 Lei für Schüler und Studenten. Als Rahmenprogramm zur Ausstellung finden periodisch Workshops für Kinder statt. Mehr Informationen auf der Facebook-Seite „Casa Mureşenilor“.