Lösung gegen unerwünschte Hunde

Öffentliches Tierheim Biengärten rettet monatlich rund 50 - 80 Exemplare von den Straßen

Diese Welpen sind wenige Wochen alt. Sie wurden im Hof einer alten Frau gefunden, die mehrere Hunde hält. Sie ist erkrankt und kann sich nicht mehr um die Tiere kümmern. Nun leben die Welpen im Tierheim Biengärten. Fotos: Tierheim Biengärten

Grațiela wurde vor wenigen Tagen von ihrer Adoptivfamilie zurück ins Tierheim gebracht. Angeblich soll sie die Nachbarkatze ange- griffen haben. Nun sucht sie eine neue Familie.

Max ist ein Mischling. Mit vier Monaten wurde er aus dem öffentlichen Tierheim in Biengärten von einer Kronstädter Familie adoptiert. Er ist mit den Kindern der Familie und einem anderen Hund aufgewachsen. Nach vier Jahren schicken seine Herrchen den Angestellten des Tierheims immer noch Fotos, um sie über Max´s Wohlbefinden zu informieren. Solche schöne Geschichten hört man selten in Rumänien. Denn Adoption von Hunden ist hierzulande eine Seltenheit. Nichtsdestotrotz gibt es sehr viele Vierbeiner, die ein Zuhause brauchen.

Sabina Anghel ist Angestellte des Vereins „Millionen Freunde“ (AMP) und arbeitet seit acht Jahren im einzigen öffentlichen Tierheim in Kronstadt, der von den Lokalbehörden in Partnerschaft mit AMP geführt wird. Sie erzählt von wenigen Adoptionen, hingegen von unzähligen Fällen, in denen Welpen oder ausgewachsene Hunde zurückgelassen werden und im Tierheim landen. „Wir finden oft Welpen in Kartonschachteln vor unserem Tor, oder Hunde die an unser Tor angebunden sind. Immer wieder rufen Leute an, die von Autos angefahrene Tiere gefunden haben, die schnellstens Hilfe brauchen“. Auf der Facebookseite der Institution (Ad≤postul Public Stupini - Serviciul Gestionarea c‚inilor f≤r≤ st≤p‚n Bra{ov) werden fast täglich Geschichten über Hunde gepostet, die irgendwo abgesetzt wurden: in Mülltonnen, in Säcken an Straßenrändern, bei Eingängen in Wohnblocks. Die Methoden, mit denen Leute versuchen unerwünschte Hunde los zu werden sind sehr abwechslungsreich, manche davon auch grausam.

KostenlosesChippen und Sterilisation in Biengärten

Anghel ist enttäuscht über diese Methoden. Sie kann einfach nicht verstehen, warum es immer wieder zu dieser Situation kommt, in der Hunde ausgesetzt werden. Dabei ist die Lösung ungewollten Nachwuchs zu vermeiden sehr leicht und darüber hinaus kostenlos: Sterilisierung. Das Öffentliche Tierheim führt Informierungs- und Sensibilisierungskampagnen zur Sterilisation von Hunden mit Besitzern in der Zinnenstadt durch. Die Tiere werden kastriert und erhalten einen Mikrochip unter die Haut, durch den sie identifiziert werden; somit werden sie auch ins R.E.C.S. (Registrul de Eviden]≤ a C‚inilor cu St≤p‚n) aufgenommen, wie es das Gesetz vorsieht. Des weiteren werden sie gegen Tollwut geimpft und entwurmt. „Das Einzige, was Hundebesitzer machen müssen, ist es, einen Termin unter der Telefonnummer 0268.547.815 zu vereinbaren“ erklärt die Frau. Doch nähmen die Bürger das Angebot nicht wahr. „Manche meinen, ihre Tiere durch Kastration zu verstümmeln. Andere haben Angst, dass es nach so einer Operation Nebenerscheinungen geben kann“. So kommt es dazu, dass in den ersten acht Monaten dieses Jahres allein 28 Herrchen diese Option beantragt haben.

Teufelskreis muss unterbrochen werden

Deshalb wird der Teufelskreis fortgesetzt. Sehr viele nicht sterilisierte Hunde werden täglich von ihren Besitzern frei auf die Straße geschickt - sind also keine Streuner - was jede sechs Monate für einen neuen Wurf sorgt. Niemand will sich die kleinen Tiere aneignen. „Die Anzahl der Streuner ist in den letzten Jahren erheblich gesunken, von rund 1000 auf etwa 600 – 700 Tiere jährlich. Es ist ein Fortschritt. Es ist aber ein langsamer Prozess, der sehr viel Mühe kostet“ sagt Sabina Anghel.

Die Tiere, die auf der Straße frei laufen, oder zurückgelassen werden und mangels Registrierung durch einen Mikrochip nicht identifiziert werden können, gelangen, im besten Fall in Tierheimen, wenn nicht unter die Reifen von Autos. Werden sie in 21 Tagen seit ihrer Ankunft im Heim von niemandem adoptiert oder zurückgeholt, müssen sie, laut Gesetz eingeschläfert werden. Weil er diese Methode grausam findet, adoptiert der Verein „Millionen Freunde“ alle Hunde in Biengärten und beherbergt sie bis sie in einer Familie aufgenommen werden.

Es ist landesweit das einzige Tierheim, der das macht. „Einschläfern ist keine Lösung. Sterilisierung kostet genauso viel wie das Einschläfern. Wir sterilisieren sie, damit sie sich nicht vermehren und auf der Strafle landen.“

Rund 50 - 80 Hunde gelangen jeden Monat ins Tierheim. Sie wohnen zu viert oder zu fünft in einem 4x4 oder 5x4 Meter großem Gehege, das auch über eine kleine Auflenfläche verfügt. An Wochenenden werden sie im Hof des Heims von Freiwilligen spazieren geführt. So lernen sie an der Leine gehen und sich mit den Menschen zu gewöhnen. Das steigert ihre Chance auf eine Adoption.

Adoption nach Deutschland

Durch den Verein AMP und mit Unterstützung einer der ältesten und größten Tierschutzorganisationen in Deutschland, dem Bund gegen Missbrauch der Tiere E.V. (bmt), finden manche der Tiere aus Biengärten ein besseres Leben in Deutschland. Manchmal sind es rund 25 Exemplare im Monat, manchmal mehr. „Es dauert manchmal Monate bis Kronstädter Hunde adoptieren und auch dann sind es nur zwei, drei Hunde, die ein neues Leben anfangen“ sagt Sabina. Sie findet, die Leute müssten verantwortungsvoll sein und auch Mischlinge adoptieren. „Die meisten wollen Rassenhunde“ hat sie bemerkt. Mehr noch: nicht selten werden die Vierbeiner nach einigen Monaten, oder Jahren nach der Adoption zurück ins Heim gebracht. Zu den Gründen zählen: sie seien als Erwachsene nicht mehr so niedlich wie Welpen, sie fressen zu viel, oder seien aggressiv.

„Das geht so nicht. Sie müssen Verantwortung übernehmen. Sobald du den Hund adoptiert hast, gehört er dir, du musst dich um ihn kümmern, ihn Gassi führen, mit ihm spielen, ihn bürsten, füttern, impfen lassen“ erklärt Gabriel Homeghi, Leiter des Öffentlichen Tierheims.

Das Gesetz muss eingehalten werden

„Das Gesetz ist gut. Es musst aber eingehalten werden“ meint Sabina Anghel. Die im Jahr 2020 gegründete Tierpolizei (Poli]ia Animalelor) müsse bei allen Hundebesitzern überprüfen, ob sie ihre Tiere registrieren und regelmäßig impfen und entwurmen lassen. Aufgrund der kleinen Anzahl an Angestellten ginge das allerdings nicht, was die Situation nicht verbessert.

„Umsonst führt AMP seit 25 Jahren Sterilisierungkampagnen durch, informiert die Leute über ihre Verpflichtungen gegenüber ihren Haustieren, wenn niemand die Besitzer dazu zwingt. Das Gesetz sieht klar vor, dass die Hunde gechippt und im R.E.C.S. eingeschrieben, geimpft und entwurmt sein müssen. Jemand muss die Leute aber überprüfen, warnen und letzten Endes bestrafen wenn sie gesetzeswidrig handeln“.

In diesem Kontext wenden sich Angestellte des Tierheims an Firmenbesitzer, die große Grundflächen am Stadtrand besitzen auf denen viele Hunde leben. „Viele sind offen und lassen ihre Hunde sterilisieren. Es dauert aber, bis alle Leute, die Hunde halten, verstehen, dass es nicht freiwillig ist, Verantwortung für ihre Tiere zu übernehmen, sondern verpflichtend“.

 

 

KASTEN

Der 1997 von der international anerkannten Tierschützerin Cristina Lapis gegründete Verein „Millionen Freunde“ ist die älteste Nichtregierungsorganisation in Rumänien. Er ist insbesondere für das Bärenreservat in Z≤rne{ti bekannt. AMP führt das landesweit erste private Tierheim, Victory im Kronstädter Viertel Triaj wo Hunde beherbergt, behandelt und gepflegt werden. In Partnerschaft mit den Kronstädter Lokalbehörden verwaltet AMP seit 2013 das einzige öffentliche Tierheim in Kronstadt, und zwar jenes in Biengärten, und seit 2017 das öffentliche Tierheim aus Zărnești. Der Verein adoptiert seit 2013 bzw. 2017 alle Hunde, die in den beiden Heimen leben, was diesen eine Chance auf Leben sichert. Vielen felligen Vierbeinern findet AMP Besitzer, meist im Ausland. Alle Tätigkeiten des Vereins werden vom Bund gegen Missbrauch der Tiere E.V. unterstützt, dessen Ziel es ist Tieren eine Stimme zu geben und ihren Schutz in der Gesellschaft zu verbessern.

AMP betreibt auch einen Rettungsdienst für Tiere im Kreis Kronstadt und bietet optionale Unterrichtsstunden zum Thema Tierschutz in Schulen an.

Für die zahlreichen Hunde, die sie von der Straße rettet, braucht die NGO andauernd Unterstützung. Details über Spenden sind auf der Internetseite millionsoffriends.org zu finden.