Monografie und Museum der Heimatgemeinde gewidmet

Erich Lukas hat sich als Autodidakt voll Seligstadt im Fogarascher Gebiet verschrieben

In diesem Jahr erschien im Fogarascher Negru Voda Verlag nun die von Erich Lukas verfasste Monografie von Seligstadt in ru-mänischer Sprache.

Bereits 1994 hatte gleicher Autor in deutscher Sprache ein Heimatbuch über seinen Geburtsort herausgebracht. In einer verbesserten Fassung erschien dann 2013 dessen zweite Auflage mit einem Geleitwort von Pfarrer Dr. Johannes Klein.

In dem von ihm eingerichteten Museum in Seligstadt sind mehrere Sammlungen ausgestellt, die für Besucher besondere Anziehungspunkte darstellen. Selbst Erich Lukas findet immer wieder darin neue Anhaltspunkte, wie da unter den unterschiedlichen Kaffeemühlen. Im Vorjahr sah er den Zeitpunkt gekommen um das Haus in dem er das Museum eingerichtet hat, samt Sammlungen dem Jugendbegegnungszentrum, das der Evangelischen Kirche A.B. Fogarasch zugehörig ist, zu übertragen.

Am äußersten Nordrand des Kronstädter Kreises liegt Seligstadt, heute ein kleines Dorf mit etwa rund 120  noch da lebenden Einwohnern: Rumänen, Roma und zwei Sachsen – laut Angaben  des Gemeindeverbands Fogarasch vom 31. Dezember 2017, fünf –,  wie Erich Lukas, der Autor der in diesem Sommer erschienenen und vorgestellten Monografie (rumänische Fassung) seiner Heimatgemeinde, festhält. Zu diesen zählt auch er und seine Frau, die vom Frühjahr bis Herbst sich da aufhalten, in der kalten Jahreszeit in ihrer angenommenen Heimat Deutschland leben. Würde  da nicht das vor einigen Jahren auf Initiative von Pfarrer Dr. Johannes Klein  modern eingerichtete Jugendbegegnungszentrum bestehen, das wiederholt zum Treffpunkt vor allem von jungen aber auch älteren Personen wird, wäre fast totale Stille in dem Dorfleben.
Der von Beruf gelernte Maschinenbautechniker wurde 1935 in dieser Ortschaft geboren, die er 1949 verlassen hat, um in Kronstadt seinem Beruf nachzugehen.  1980 reiste er aus, um 2008 wieder  in seinen Geburtsort zu kommen, wo er sich  völlig seiner Sammlerleidenschaft und  der Geschichte des Dorfes, das verwaltungsmäßig zu Scharosch gehört, widmete. Als wir ihn im Sommer vor drei Jahren kennenlernten und über das von ihm gegründete Museum  in einem großen Haus, das seine Frau von ihren Großeltern geerbt hatte, berichteten, stellten wir die verschiedenen Sammlungen vor, die, wie er damals betonte, 3000 Gegenstände umfassen (KR Nr. 30/30.Juli 2015).  Auch hatte er eine deutschsprachige Monografie der Ortschaft 1994 ausgearbeitet, die er ergänzte und die 2013 als eine Neufassung erschien und von Pfarrer Dr. Johannes Klein mit einem Einleitungswort versehen wurde. Der unermüdliche  Autodidakt  nahm sich der Arbeit an, auch eine Ausgabe in rumänischer Sprache  zu veröffentlichen, um die Geschichte des Dorfes, ihrer Bewohner mit Bezug auch auf die Landesgeschichte, den einheimischen Mehrheitsbewohnern zu vergegenwärtigen.  An diesem Vorhaben wurde er  von einigen Mitarbeitern unterstützt: Prof. Elena Rotariu, die Fakten und Erinnerungen der hiesigen Bewohner bot, Lehrerin Mariana Unche{el, die geschichtliche Daten und Volkszählungen zur Verfügung stellte, sowie die Journalistin Maria Silvia B²r²gan, die sich der Redaktion und Korrektur der  rund 300 Seiten umfassenden Arbeit  angenommen hat. Ende August wurde dann diese öffentlich vorgestellt und fand Anerkennung. Die in rumänischer Sprache erschienene Fassung, die den Titel „Seli{tat – Vechiul nostru sat natal din Ardeal“ (Seligstadt – Unser alter Geburtsort aus Siebenbürgen) trägt, ist im Negru Vod² Verlag von Fogarasch 2018 publiziert worden, und wurde den beiden bestehenden Kirchengemeinden, der orthodoxen und der evangelischen A.B., dem Bürgermeisteramt der Gemeinde Scharosch gewidmet, von wo auch die Unterstützung des Bürgermeisters Ioan D²nu] Timi{ kam. Gesendet wurde der Band auch an die Bibliothek der Rumänischen Akademie.  In seinem 2017  verfassten Vorwort zu dieser Ausgabe betont Pfarrer Dr. Johannes Klein:  „Erich Lukas bietet ein Buch in rumänischer Sprache, und bietet somit die Möglichkeit all denen, die nicht die deutsche Sprache kennen, die Geschichte des Dorfes einzusehen. Wir danken dem Autoren für diese Arbeit, die als ein Zeugnis der Öffnung der sächsischen Gemeinschaft im neuen Jahrtausend  verstanden wird. Wir wünschen diesem Buch, dass es viel gelesen wird und sein Geist sich bei den Lesern wiederfindet“. Der orthodoxe Pfarrer der Ortschaft, Florin Donos², betont in seinem Vorwort „Herr Erich Lukas ist ein lebendiges Beispiel, das zeigt, dass nicht die Nationalität  ausschlaggebend ist, und dass es zwischen Rumänen und Sachsen, die so lange Zeit zusammengelebt haben, eine Brüderlichkeit und Liebe gibt, die niemals verlöschen wird“.
Die erste urkundliche Erwähnung von Seligstadt geht  als „Villa Militum“ auf das Jahr 1206 zurück.  1355 finden wir eine Ur-kunde, in der die Ortschaft als Seligstadt bezeichnet wird, die als freie Königsbodengemeinde zur Hermannstädter Provinz gehörte und später zum Schenker Stuhl. Nach der Wende von 1989 ist von der massiven Aussiedlung auch dieses Dorf nicht verschont geblieben, was man auch an der Baustruktur mit den vielen verlassenen und zum Teil eingestürzten Häusern sieht.


rtsgeschichte im Landeskontext
Erich Lukas  betont in seinem einleitenden Wort, dass  er über Geschichte, Leben, Glauben, Kultur, Wirtschaft, Verteidigung, Politik, Auswanderung, Kolonisation  und all das schreibt, was sich auf rumänischem Boden seit der Gründung von Seligstadt zugetragen hat. Da wenig Geschichtliches über das Dorf aufzufinden ist, hat er sich an viele Ortsbewohner in fortgeschrittenem Alter gewendet, und somit Auskunft über Wirtschaften, Veranstaltungen, anhand auch von alten Fotos zusammentragen können. Ausgehend von der Landes- und rumänischen Siebenbürgen-Hymne, stellt er die geografische Lage  vor. Seligstadt befindet sich 8 km vom Mittelpunkt des Landes, der bei Schönberg liegt. Weitere Angaben bezüglich der Anziehungspunkte  bietet der Autor mit der evangelischen Kirche A.B., dem Jugendbegegnungszentrum, dem von ihm gegründeten Museum der Sammlungen. Auch stellt er kurz die Nachbarortschaften vor: Großschenk, Rohrbach, Scharosch, Bekokten, Retersdorf, Hundertbücheln, Mergeln. Es folgt eine kurze Zusammenfassung  der Landesgeschichte, der Geschichte Siebenbürgens  und der Kolonisation der Sachsen. Etwas ausführlicher geht er auf die Beteiligung Rumäniens am Ersten und Zweiten Weltkrieg, auf die Große Vereinigung vom 1. Dezember 1918 ein. Da wird man von seiner eingehenden Archivforschung überrascht. Namenslisten  der Soldaten aus der Gemeinde, die in der rumänischen und in der deutschen Armee gekämpft haben, Angabe der Gefallenen  mit der Hausnummer, sind sicher aufschlussreich für die Ortsbewohner.  Ein Bezug auf den Beschluss der Sachsen, die die Vereinigung voll unterstützten und der am 8. Januar 1919 in Mediasch gefasst wurde, wäre nicht falsch am Platz gewesen.
Es folgt auch die Liste der aus Seligstadt am 13. Januar 1945 in die Sowjetunion  deportierten Sachsen. Von den 75 Personen starben sieben in Russland, 68 konnten heimkehren. Bezug nimmt er anschließend auf den antikommunistischen Widerstand, an dem sich auch rumänische Ortsbewohner beteiligten. Lukas bezieht sich dann auf die Enteignung der Sachsen, auf die Anweisungen, was diese an das Bürgermeisteramt abgeben mussten,  bietet die Liste der Roma, denen sächsische Häuser zugeteilt wurden und die in diese eingezogen sind, mit den Namen der Eigentümer. Nach dieser 1945 stattgefundenen Enteignung wurden 1946 sogenannten Kolonisten auch  sächsische Häuser zugeteilt.  Es war eine Kompensation für die  Reservesoldaten, die im Zweiten Weltkrieg an der Front waren und in sächsischen Besitz laut einem Beschluss der Kreisbehörden kamen.
Übersichtlich ist eine Liste sämtlicher Wirtschaften aus der Ortschaft nach 1945 mit den Namen der Hauseigentümer, deren Beruf, Beschäftigung, Hausnummer, einschließlich Spitznamen. Insgesamt waren das 183 rumänische und sächsische Familien. Teilweise werden auch Fotos derer Häuser geboten. Es folgt die Struktur der Ortschaft, die aus zwei langen, parallelen Straßen bestand.
Weiter Raum wird der Entwicklung der Landwirtschaft in dem Dorf gewidmet. Aus den Registern des Gemeindearchivs werden die Listen der Bauern angegeben, die Mitglieder der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) unter dem Druck staatlicher Behörden wurden. Die Handwerke, die in der Gemeinde traditionell ausgeübt wurden, waren Tischler, Schreiner, Schmiede, Ziegelhersteller, Schuster, Schneider, Bienenzüchter. Auch die  Bauernmärkte, Wirtsstuben, Geschäfte werden vorgestellt.  So kann man auf einem Foto rumänische und sächsischen Bewohner gemeinsam bei einem Trinkgelage sehen.


Kirche und Schule
Der orthodoxen Kirchengemeinde steht die 1866 erbaute Kirche seither zur Verfügung. An dieser wurden im Laufe der Jahre mehrere Reparaturen durchgeführt. Mehre Innenansichten, Ikonen werden reproduziert, es werden einschließlich Details über die Glocken geboten. Die seither in dieser Kirche amtierenden Pfarrer werden angeführt.  Es folgt die Geschichte der Evangelischen Kirche.  Deren Baubeginn ist nicht geklärt, fällt aber auf die Zeit von 1300 – 1450. In den Jahren 1500 – 1525 wurden die Verteidigungsanlagen errichtet. 1848  wurde  die Decke in der Kirche ersetzt. Der Altar stammt aus dem Jahr 1807 und wurde von Fritz Schullerus gemalt. Die Orgel stammt aus dem Jahre 1694. 1867 wurde diese ganz erneuert, und 1973 einer Generalreparatur unterzogen.  Die Liste der evangelischen Pfarrer  von 1563 bis zum Zeitpunkt  wird geboten. Seit 2006 betreut seelsorgerisch Pfarrer Dr. Johannes Klein auch diese Diasporagemeinde.
Die rumänische Konfessionalschule stammt aus dem Jahr 1912. Die erste deutsche Schule befand sich 1500 an der Straße. 1862 wird eine neue Schule auf dem Hügel neben der Kirche errichtet und 1912 erweitert. Wegen dem schlechten baulichen Zustand musste sie 2000 abgetragen werden.
Einige überlieferte Erzählungen aus der Ortsgeschichte, verschiedene Bräuche und Traditionen, bei den Ortsbewohnern – gleich welcher Ethnie sie angehören – sind mit Interesse aufzunehmen, wie auch die vielen Illustrationen. Nicht alle Fotos konnten entsprechend reproduziert werden. Doch das schmälert nicht die Bedeutung dieser mühevollen Arbeit, die der Autor aus Liebe zu seiner Heimatgemeinde geleistet hat.