„Musik gibt uns Hoffnung“

Steffen Schlandt bietet einen Einblick in die Open-Air-Veranstaltungen „Organ Nights“ und „Musica Barcensis“

Steffen Schlandts Audio-Video-Studio in der Schwarzen Kirche Foto: die Verfasserin

Bei wunderschönem Wetter konnten zahlreiche Zuschauer das Konzert in Tartlau (vom 2. August) genießen

Seit Mitte Juni erfreuen sich hauptsächlich Kronstädter an den im Honterus-Hof organisierten Orgelkonzerten „Organ Nights 2020“, die auf einer großen Leinwand, die an der südlichen Außenwand der Kirche befestigt ist, live miterlebt werden können, Hunderte Zuschauer verfolgen die Ereignisse on-line. Auch das Festival „Musica Barcensis“ bringt zahlreiche Musikliebhaber in die Burzenländer Kirchenburgen, unter freiem Himmel, zusammen, geplant wird auch das Festival „Musica Coronensis“. Steffen Schlandt, Kantor und Organist der Honterusgemeinde, hat diese beliebten Ereignisse an die heutigen (Coronavirus-)Zeiten angepasst und findet neue Formeln, die Musik an das Publikum zu bringen. Die Umstellung war nicht leicht, sie wurde bis ins kleinste Details mit Spezialisten besprochen und von Schlandt eingesetzt.Seine Leidenschaft für das Fotografieren, Filmen und für den Schnitt, die er seit Jahren pflegt, hat ihm die Arbeit mit den Apparaten, die zwischen dem Organisten und der Leinwand funktionieren müssen (Videokameras, Mikrofone, Videoschnittstelle, Videomixer, Webpresenter, Computer, Videorekorder, Projektor), um die Live-Übertragungen der von der Honterusgemeinde organisierten Konzerte aus der Schwarzen Kirche zu ermöglichen, erleichtert. 


„Bei einem Konzert hast du einen Organisten, einen Regis-tranten, einen Küster und eine Kirche, das ist alles. Bei so einem Apparat hast du leider eine leere Kirche, aber du hast eine Unzahl an Kabeln und elektronischen Geräten und alles muss in beide Richtungen gehen, es muss einerseits ins Netz gehen und andererseits muss es auf der Leinwand zu sehen sein, und diese zwei Sachen sind eigentlich unterschiedlich”, sagt der Vierundvierzigjährige. Nach sechs Veranstaltungen  in Kronstadt und vier im Burzenland hat Schlandt diese Hürde an Volontäre abgeben und kann die Konzerte genießen. „Ich will auch versuchen, das zu genießen, denn bis zum Schluss soll uns diese Musik in diesen Zeiten Kraft und Inspiration geben und das ist ja der Zweck der ganzen Sache”.

Das Publikum warm halten


Als Inspiration gelten diese Konzerte anscheinend auch für viele Volontäre, die sich den Projekten angeschlossen haben und „irgendwie in Kontakt zu dieser Tradition kommen, irgendwie in Genuss einer Erfahrung kommen, die sie zuvor nicht hatten“, bemerkt Schlandt. Denn zum Publikum der Orgel- und Klassikkonzerte, das mittleren oder gehobenen Alters ist, kamen heuer auch junge Leute hinzu. Die neue Präsentationsart des Orgelsommers führe zur Warmhaltung des Publikums aus der Stadt, wie auch zu einer höheren Besucherzahl als je zuvor, durch das Online-Streaming gibt es Besucher aus allen Kontinenten. „Bei den Konzerten in der Schwarzen Kirche hatten wir im letzten Jahr über 280 Leute im Schnitt, das war traumhaft. Das Problem ist dann, wenn man so hoch sitzt, dann fällt man tief und jetzt haben wir rund 70 Personen pro Konzert im Schnitt“, erklärt der Küntler, dafür wird aber jede Videoübertragung von mehr als 1500 Zuschauern auf Facebook mitverfolgt.
Die Live-Übertragung bietet durch die vier professionellen Kameras, die im Inneren der Kirche filmen, auch reichliche Detailaufnahmen von den Instrumenten, auf denen gespielt wird, die bei Konzerten im Inneren so nicht erlebbar sind. Auch steigere die Ausstrahlung je eines Portraits einer weniger bekannten, aber reizvollen Orgel aus Siebenbürgen, sowie verschiedener wertvoller und interessanter Objekte aus dem Gotteshaus den Lehr- und Kunstteil des Ereignisses.
Beim Festival „Musica Barcensis“ wird nicht mit einer Leinwand gearbeitet, „sondern mit dem direkten Erlebnis, das heißt, dass die Künstler direkt vor dem Publikum stehen und auch gesehen werden“. Beim Konzert vom 2. August, in Tartlau, drangen die Klänge von „Cantate Domino“ (Ursula und Klaus Philippi – Orgel bzw. Cello, und Sopran Melinda Samson) durch alle geöffneten Kirchentüren an das im Innenhof der Kirchenburg sitzende Publikum, darunter auch mehrere Kinder. Nach dem Konzert wurden die Zuschauer in die Kirche eingeladen, „damit man sich erinnert wie schön und intensiv es ist, wenn man beim Konzert mittendrinn ist“.

Dankbar für die Solidarität


Auch das Festival „Musica Coronensis“, dessen 18. Auflage im Herbst stattfinden soll, „wollen wir nicht untergehen lassen. Wenn es irgendwie möglich ist, Sachen unterzubringen, dann ist es nötig das zu machen“, ist Steffen Schlandt der Meinung. Das Programmheft steht schon fest, man warte nur noch auf eine Antwort seitens der Lokalbehörden, ob sie finanzielle Unterstützung anbieten. Nachdem die Lokal- und Kreisbehörden zu Beginn der Pandemie die Finanzierung für den kulturellen Bereich komplett gestrichen haben, was Schlandt unter jeder Kritik findet und gegen das man „lautstark in der ganzen Branche protestieren“ sollte, konnte „Organ Nights 2020“ mit Unterstützung der Deutschen Botschaft zustande kommen und den Auftritt zwei ausländischer Gäste in der Zinnenstadt ermöglichen. Für „Musica Barcensis“ hat der Veranstalter Forum Arte seine Reserven eingesetzt, um ein Drittel der 18 Konzerte, die geplant waren, präsentieren zu können. Für die Solidarität der zahlreichen Akteure, die diese Events ermöglicht haben, unter ihnen auch manche Künstler, die auf ihr Honorar verzichtet haben, ist der Musiker sehr dankbar.

Einladung, aus der Routine heraus zu kommen


„Ich lade die Leser ein, das zu machen was sie auch sonst gemacht haben: zu diesen Konzerten zu kommen. Es ist auch eine Möglichkeit sich zu sehen, zu sozialisieren, die Musik live zu hören“, sagt Steffen Schlandt. Man könne auch in diesen Zeiten, wo ganz wenig möglich ist, trotzdem Sachen miterleben und mitnehmen, die helfen aus der Routine heraus zu kommen und bieten die Möglichkeit, sich mit Inhalten zu konfrontieren, die man sonst nicht bedenkt. „Eigentlich geht jeder mit einem erfüllten Geist nach Hause.“
Die Orgelkonzerte im Honterus-Hof finden bis einschließlich dem 19. September jeden Samstag, ab 20 Uhr statt. Die Organisten Eckart Schlandt, Antal Eduard, Paul Christian, Geanina Sălăgean und Iulia Reitu, sowie Brita Falch und Jürg Leutert werden auftreten. „Capella Coronensis“ sowie „Berti Barbera & Nicu Patoi“ spielen im Rahmen der zwei letzten Konzerte des Festivals „Musica Barcensis“, jeweils am Sonntag.