Schreiben in der Pandemie (II)

Acht Kronstädter Autoren wurden zum Thema Leben und Schreiben in Corona-Zeiten befragt

Robert Gabriel Elekes:  „Interdisziplinarität ist für mich das Schlüsselwort”
Das Interview führte Zsolt Kelemen, Masterand im I. Jahr des Masterstudiengangs Interkulturelle Studien zur deutschen Sprache und Literatur der Kronstädter Philologischen Fakultät, Transilvania Universität

Wie haben Sie dieses letzte Jahr erfahren? Was haben Sie am meisten vermisst? Was haben Sie Neues versucht?
In meinem Fall brachte die Pandemie einige ziemlich drastische Veränderungen auf persönlicher Ebene, es war also eine ziemlich schwierige Zeit. Was mir natürlich am meisten gefehlt hat, war der direkte Kontakt zu anderen Menschen, der lockere Umgang mit ihnen, Bewegungsfreiheit und kulturelle Veranstaltungen. Als Autor habe ich etwas wirklich Neues für mich ausprobiert, ich habe absolut nichts geschrieben. Zumindest im Lockdown habe ich beschlossen, zu versuchen, die Gefühle durch mich hindurchgehen zu lassen, ohne sie durch meine poetische Wahrnehmung zu filtern. Ich denke, ich habe diese Pause gut gemacht, ich habe mich mehr um meine Gesundheit, meinen Körper und weniger um die Poetisierung meiner inneren Welt gekümmert.

Wie haben Sie Ihr Schreiben weitergeführt? Für manche war die Corona-Zeit eine Inspirationsquelle für das Schreiben. War das bei Ihnen auch der Fall?
Ich hatte während der Pandemie mehrere kulturelle Projekte, in denen ich Videogedichte entworfen habe. Ich habe also versucht, mich künstlerisch nicht durch neue Texte, sondern durch Intermedialität und Interdisziplinarität auszudrücken. Ich kann immer noch nicht herausfinden, ob die Pandemie eine Inspirationsquelle war oder nicht. Ich denke, dass ich irgendwann, wenn es langsam wieder zur Normalität zurückgeht oder wenn ich Lust zum Schreiben habe und intensiver wahrnehmen kann, welche Spuren und Verletzungen sie im letzten Jahr in meinem Dasein hinterlassen hat. Aber es war eindeutig eine Quelle der Veränderung und Erneuerung in meinem Leben, was bedeutet, dass diese Zeit irgendwann in meiner poetischen Vorstellung deutlich auftauchen wird.

Wie war der Kontakt mit dem Publikum in dieser Zeit? Finden Sie, dass die Online-Lesungen und Veranstaltungen den direkten Kontakt ersetzen können?
Ich hielt den Kontakt mit der Öffentlichkeit durch Online-Veranstaltungen und, wie bereits erwähnt, durch verschiedene Multimedia-Projekte, die online übertragen werden konnten. Ich glaube, dass Online-Lesungen die  Energie und Intensität einer physischen Lesung nicht ersetzen können, aber bestimmte Audio-Video-Ausdrucksstrategien, wie das Videogedicht, können neue Wege für künstlerische Innovationen im Bereich der Literatur, aber auch im Bereich der bildenden Kunst eröffnen.

Ein Tag aus Ihrem Corona-Lockdown...
Sehr langsam, es schien mir, als ob ich 3 Jahre in einem Zeitraum von wenigen Monaten lebte. Aber das hat mir gezeigt, wie hektisch mein Leben vor dem Lockdown war und wie wenig Zeit ich hatte, einfach über die Welt um mich herum, meine Beziehung zu ihr und verschiedene kleine persönliche Freuden nachzudenken. Aus dieser Sicht war der Lockdown eine Art Urlaub vom Chaos des zeitgenössischen Alltags.

Wie sollten Kultur und Kunst aus Ihrer Sicht langfristig auf die Krise reagieren?
Hoffen wir, dass sie dies auf Dauer nicht tun müssen, aber was Kunst und Kultur tun müssen, ist sich anzupassen und neue Ausdrucksformen, neue Kommunikationsmittel und neue Wege zu finden, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen. Dies kann nur durch eine intensive Zusammenarbeit der Künste geschehen. Interdisziplinarität ist für mich das Schlüsselwort, wenn es um das Überleben der Kunst in dieser Pandemie geht, die wir durchmachen.

 

Bogdan Coșa:  „Die Pandemie hat mir geholfen, die Essenz zu finden“
Das Interview führte Codruța Coșman, Masterandin im I. Jahr des Masterstudiengangs Interkulturelle Studien zur deutschen Sprache und Literatur der Kronstädter Philologischen Fakultät, Transilvania Universität

Wie haben Sie dieses letzte Jahr erfahren? Was haben Sie am meisten vermisst? Was haben Sie Neues versucht?
Jeden Tag habe ich an das schlechteste Szenario gedacht, dass wir nicht ohne Schaden dem Virus entkommen, dass das Leben nie wie zuvor sein wird, und ich habe viel gearbeitet, ich habe jeden Tag, an dem ich aufwachte und verstanden habe, dass ich OK bin, ausgenutzt als einen wirklich sehr wertvollen Tag, als ob die Zeit beschränkt sei; kurz gesagt, ich habe alles gemacht, was ich bis dahin aus dummen Gründen aufgeschoben habe. Ich habe geheiratet, ein Kind gezeugt, viel getanzt, ich bin gelaufen, habe Bücher gelesen  und so weiter. Während der Quarantäne habe ich gemerkt, dass ich die Natur am meistens vermisse, so dass ich meine Wohnung, die ich grade in der Stadt gekauft habe, verkauft habe und auf einen Hügel, unter den Wald umgezogen bin, so dass ich in der Natur durch den Garten gehen kann - im Falle, dass die Situation schlechter wird, im Falle einer neuen Quarantäne.

Wie haben Sie Ihr Schreiben weitergeführt? Für manche war die Corona-Zeit eine Inspirationsquelle für das Schreiben. Was das bei Ihnen auch der Fall?
Ich habe ein Buch für Kinder  geschrieben - das war eine der Tätigkeiten, die ich immer wieder hinausgeschoben hatte. Ich habe einen Roman fertig geschrieben, er wurde auch in der Zwischenzeit publiziert, Wie nah die kalten Regen sind (Cât de aproape sunt ploile reci).  Ich habe es geschafft, eine Geschichte zu schreiben, mehrere Aufsätze, ich habe an neue Ideen für Texte gedacht, die ich in den nächsten Monaten und Jahren schreiben werde, und jetzt arbeite ich an einer Novelle. Ich würde nicht sagen, dass die Pandemie meine Aktivität betroffen hat, ganz im Gegenteil; die Pandemie hat mir geholfen, die Essenz zu finden, was wichtig ist, zu machen, hat dazu geführt, dass ich mich zusammennehme.

Wie war der Kontakt mit dem Publikum in dieser Zeit? Finden Sie, dass die Online-Lesungen und Veranstaltungen den direkten Kontakt ersetzen können?
Das war am schwersten. Ich hatte keine Signierstunde, keine Lesung, und ich habe das vermisst - nicht unbedingt wegen der Werbung für das neue Buch, sondern wegen der Stimmung, das Treffen mit den Lesern ist speziell, und tausend Fotos auf Social Media mit einem Kaffee und dem Buch können einen Klaps auf die Schulter von dem Leser in Person, der sagt, dass ihm den Roman, dein Buch, gefallen hat, nicht ersetzen.

Ein Tag aus Ihrem Corona-Lockdown...
Wie einer von vorher, aber länger und geräumiger, tiefer; es ist schon wahr, dass sich meine Schlafroutine etwas geändert hat, aber sonst hatte ich keine Probleme. Ich habe die Techniken der Insassen benutzt: Routine, physische Übungen, Arbeit zum Spaß... und die Tage sind vergangen.

Wie sollten Kultur und Kunst aus Ihrer Sicht langfristig auf die Krise reagieren?
Die Kulturmenschen und die Künstler sollten solidarisch sein, sie sollten allen helfen, wie sie können, sie sollten sich engagieren und sie sollten nicht so zynisch sein.

(Fortsetzung folgt)