Unterwegs auf der Insel der Götter

Teil 1: Das berühmte Spiegelfoto, die Unendlichkeits-Schwimmbecken und die Affen

Touristen am Lempuyang-Tempel. So sieht das Tempeltor in Wirklichkeit aus…

...und so sieht es mit dem Spiegel-Effekt aus.

Es ist 6 Uhr morgens am 31.Dezember. Der Himmel ist mit rosa Streifen übersät und langsam erscheint am Horizont, über dem majestätischen Gunung Anung-Vulkan, ein feuerroter Punkt. Es ist der letzte Sonnenaufgang des Jahres 2022 auf der indonesischen Insel Bali. Auf der Terrasse gegenüber des Lempuyang-Tempels geht es schon lebhaft zu. Touristengruppen haben die wenigen Tische besetzt, man bestellt balinesischen Kaffee und Mango-Tee, fotografiert den Djungel, der genau hinter der Terrasse beginnt und unterhält sich über die Pläne für die bevorstehende Silvesternacht. „Ihr habt Glück. Heute scheint nicht so viel Andrang zu sein”, meint Enewan, unser Fahrer, der uns schon um 3 Uhr morgens im Hotel abgeholt hat. Wir sind aus dem Zentrum der Insel in den Osten gefahren, im letzten Abschnitt auf einer kurvenreichen Straße, die sich steil den Berg hinaufschraubt. Am Parkplatz haben wir einen Sarong gemietet, der Beine und Schultern bedeckt, anders darf man nicht in den Tempel. „Unsere Wartenummer ist 49. An anderen Tagen hatte ich Wartenummer 180 oder sogar 300“, meint Enewan.

Das Himmelstor auf Instagram

Bis wir unseren Kaffee fertig getrunken haben, ist schon die Wartenummer 30 an der Reihe. Ich leihe mir noch für 150 Indonesische Rupiah (umgerechnet etwa 10 Euro) eine balinesische Tracht mit weißer Bluse und pinkfarbenem Rock aus. Das Mädchen, das mir beim Anziehen hilft, flechtet meine Harre und steckt mir eine rote Blume hinein. Inzwischen brennt die Sonne schon ganz stark, obwohl es erst 7.30 Uhr ist. Der Himmel ist blitzblau. „Ein wahres Glück. Manchmal ist es so bewölkt, dass man den Vulkan im Hintergrund gar nicht sehen kann. Dann wird das Foto nicht so gut“, freut sich Enewan.

Beim verschnörkelten Tempeltor, das „Himmelstor“ (Gate of Heaven) genannt wird, warten die Touristengruppen geduldig. Dann wird unsere Nummer gerufen. Ich gebe mein Handy an einen Mann ab.  Ist man unter dem Tempeltor, hat man etwa 2-3 Minuten für Fotos Zeit. Wenn der Mann mit dem Handy „Next Pose“ schreit, muss man eine andere Pose einnehmen. Wenn er „Jump“ schreit, soll man springen. Dann holt man das Handy ab und schaut sich die Fotos an. 

Auf den Fotos erscheint im Wasser jeweils das Spiegelbild der posierenden Touristen. Nur: in Wahrheit gibt es gar kein Wasser beim Lempuyang-Tempeltor.

Für den Effekt werden die Fotos jeweils mit einem Spiegel, der unter den Smartphones angebracht wird, geknipst. Eine Idee, auf die die Verwalter des Tempels nach der Corona-Pandemie gekommen sind. Vor Corona soll es keine Wartenummern gegeben haben, und die Touristen mussten das Foto selbst machen. Und ohne den Spiegel-Effekt.

Ein Geschäft mit der Eitelkeit

Das berühmte Spiegelfoto ist der Grund, weshalb täglich Tausende von Touristen am Himmelstor antreffen. Manchmal warten sie sogar bis zu 4-5 Stunden in der Hitze, um abgeknipst zu werden. Dann laden sie das Foto auf Instagram hoch. Wenn man dort den Begriff „Gate of Heaven Bali” in die Suchmaschine eingibt, erscheinen Tausende von Fotos mit Leuten, die vor dem Tempeltor in die Höhe springen. Es ist schon zum Klischee geworden. Ich schaue mir unsere Fotos an, die wirklich sehr schön sind, und muss an die Touristen- Fotos vor dem schiefen Turm von Pisa denken, auf denen es scheint, dass man den Turm wegschiebt. Ich erinnere mich auch  an eine Holztür, die vor etwa 12 Jahren auf einem Hügel in Vama Veche an der Schwarzmeerküste angebracht wurde. Am Anfang fanden es alle toll, sich zu fotografieren, während sie durch diese Tür schritten, das Meer im Hintergrund. Dann gab es eine neue Sommermode: sich mit einem Riesen-Plastikflamingo am Strand oder am Pool ablichten lassen. Inzwischen sind die Flamingos, wie auch die hölzerne Tür, aus der Zeit gefallen. Dann erinnere ich mich an ein grünes Straßenschild im mexikanischen Tulum, auf dem stand: Follow that dream (Folge dem Traum). Auch vor diesem Straßenschild ist dauernd eine Instagram-Warteschlange.

Auch in Bali hat man gemerkt, dass man mit der Eitelkeit der Menschen viel Geld verdienen kann. Tourismus ist für die etwa vier Millionen Bewohner der indonesischen Insel eine wichtige Einnahmequelle. Vor Ausbruch des Corona-Virus kamen jährlich mehr als fünf Millionen ausländische Gäste nach Bali. Seit März 2022 wurde Bali wieder für Touristen geöffnet – allerdings nur für diejenige, die drei Impfungen gegen das Coronavirus vorweisen können. Leute mit zwei Impfungen müssen sieben Tage in Qarantäne bleiben, falls man nur eine Impfung hat oder gar nicht geimpft ist, wird man nicht ins Land eingelassen.

Der Charme der hängenden Gärten

Um ein Anziehungspunkt für Touristen zu bleiben, muss man sich  dauernd etwas Neues ausdenken. Und in der Instagram-Ära müssen es eben Instagram-Orte sein (wunderschöne Foto-Kulissen, bei denen man etwas nachhilft, um sie noch schöner zu machen). Ein solcher Ort ist zum Beispiel ein Infinity-Pool, in deutscher Übersetzung: Unendlichkeits-Becken. Das ist eine besondere Art von scheinbar kantenlosem Schwimm- oder Reflexionsbecken, bei dem ein Ende so angesenkt ist, dass man den Eindruck hat, das Wasser würde im Nichts (oder in der Unendlichkeit) verschwinden. Tatsächlich läft das Wasser über die abgesenkte Kante eines Überlaufs in eine außen befindliche Überlaufrinne ab. Dieser Unendlichkeits-Effekt ist besonders eindrucksvoll, wenn das Wasser des Beckens scheinbar mit dem Wasser eines Meeres verschmilzt. Oder mit dem grünen Djungel, so wie in Bali. 14 Kilometer von Ubud entfernt befindet sich „Hanging Gardens of Bali“, eine Poollandschaft mitten im Djungel, die sich über mehrere Etagen und hängende Gärten erstreckt. Zu den Pools und dem Restaurant gelangt man mit einer Seilbahn, die von der Rezeption abfährt.

Will man einen Tag hier verbringen, muss man 500.000 Rupiah pro Person zahlen – das sind umgerechnet etwa 150 Lei. Dafür bekommt man einen Gutschein, mit dem man Speisen und Getränke kaufen kann – der Eintritt ist also frei, nur muss man im Restaurant bestellen.

Es lohnt sich auf jeden Fall, besonders deshalb, weil man im Pool ruhig seine Runden drehen kann – oft ist man alleine dort. Die Leute scheinen nicht her zu kommen, um zu schwimmen und um die Landschaft zu genießen, sondern um Fotos für Instagram zu machen.

Eine asiatische Frau wechselt sogar mehrere Outfits (es sind meistens lange Kleider in bunten Farben mit Rüschen) während ihr Mann geduldig zwei Stunden lang Fotos von ihr knipst. Dabei sitzt sie, in einem Seidenkleid angezogen, genau auf der Kante des Pools, was sehr gefährlich sein kann. Es geht immer darum, das perfekte Foto zu haben und weniger darum, die Natur zu genießen.

An das perfekte Foto denken auch die Kleiderverkäufer. „Take this dress. It´s good for foto on swing!“, ruft ein Mann aus einem Geschäft, als wir vorbeigehen.

Dort werden lange Kleider verkauft, die gut in Fotos aussehen, wenn man sich zum Beispiel auf einer der vielen Instagram-Schaukeln auf der Insel ablichten lässt. Während des Schaukelns vergisst man oft, die Natur zu genießen, sondern denkt nur daran, wie man die Beine strecken muss damit das beste Foto entsteht. Dabei ist es ein wunderbares Gefühl, über den Reisfeldern zu schweben.

Achtung, Affen!

Die einzigen Momente, in denen die Touristen ihre Handys lieber in der Tasche lassen, sind diejenigen, in denen sie Affen begegnen. Das passiert in der Ortschaft Ubud bei Schritt und Tritt. Doch auch im Süden am Strand oder am Uluwatu-Tempel. Es besteht dauernd die Gefahr, dass die Affen die Handys einem einfach aus den Händen reißen und damit davonlaufen. Die Affen auf der Insel gelten als heilig, doch kann es oft gefährlich sein, sie zu fotografieren während sie auf deiner Schulter sitzen. Taxifahrer und Restaurantbesitzer warnen oft vor den Tieren. „Gerade eben habe ich Touristen ins Krankenhaus gefahren, sie wurden von Affen gebissen“, erzählt uns ein Fahrer. Dann erklärt er uns, dass wir Affen nie in die Augen schauen sollen. „Wenn ihr beim Lächeln eure Zähne zeigt, interpretiert das der Affe als Aggressivität. Tragt am besten keine Plastiktüten mit euch herum, die Affen denken nämlich, dass in ihnen Futter ist. Tragt keine Sonnenbrillen, sie werden sie klauen“ – so lauten die Ratschläge immer.

Doch manchmal vergisst man diese Aspekte. Am Strand Padang-Padang in der Nähe von Uluwatu lasse ich meine Kokosnuss auf dem Handtuch mit dem Gedanken, sie auszutrinken wenn ich wieder aus dem Wasser zurück bin.

Doch während ich unwissend schwimme, setzt sich ein Affe auf mein Handtuch und trinkt die Kokosnuss aus.

Auch in unserem Hotel, das in Ubud direkt  neben dem Affenwald liegt, gibt es an einem Vormittag Überraschungen. Während des Frühstücks hüpft plötzlich ein Affe auf unseren Tisch, nimmt sich ein Toastbrot aus dem Korb und verschwindet wieder in den Wald. Solche Begebenheiten gehören auf Bali zum Alltag.

Ubud, Massagen und das Galungan-Fest 
„Wer die Insel Bali besuchen will, sollte am besten in Ubud wohnen“. Auf diesen Ratschlag stößt man immer, wenn man im Internet für den zukünftigen Urlaub recherchiert. Und es ist wahr. Der einzige Nachteil ist, dass Ubud nicht am Strand liegt, sondern im Zentrum der Insel (deshalb ist es praktisch, hier zu wohnen: man braucht weniger Zeit, um die Insel zu besuchen). Aber wer einen klassischen Strandurlaub mit Faulenzen unter Palmen sucht, sollte nicht nach Bali reisen. Es gibt auch hier schöne Strände (wie Padang-Padang oder Nusa Dua) mit türkisfarbenem Wasser und goldenem Sand und es ist gut, ab und zu einen Pause-Tag am Strand einzulegen, aber die indonesische Insel hat viel mehr zu bieten. Und Ubud ist ein Ort, den man auf jeden Fall besuchen sollte, auch wenn man nicht hier wohnt.

Umgeben von saftig grünen Reisterrassen und Wäldern ist die kleine Stadt das kulturelle Mekka Balis, eine Art Oase der Kunst. Am schönsten ist es, im Viertel direkt neben dem Affenwald zu wohnen. Es ist viel ruhiger als im Zentrum und trotzdem sehr lebhaft. Vormittags riechen die Straßen nach frischem Kaffee und die vielen Frühstück-Bars füllen sich mit Leuten – digitale Nomaden, die vor ihren Laptops sitzen und arbeiten, Yoga- und Meditations-Liebhaber in bunten Baumwollhosen, die ihre grünen Smoothies trinken (in Ubud gibt es die meisten Yoga-Retreats auf der Insel), Influencer die ihre Frühstücksteller fotografieren und Rucksack-Touristen aus aller Welt, die vor ihrem Flat White sitzen und Pläne für die nächsten Tage schmieden. Überhaupt sollte man in Ubud einmal in einem Café frühstücken: nirgends auf der Welt gibt es bessere frische Smoothies und pochierte Eier mit Avocado. Abends gehen in den Cafes die Lichter an und Live-Musik ertönt. 

Die beste Massage der Welt 
34.000 Menschen wohnen in der Kleinstadt (mit den Touristen verdoppelt sich diese Zahl), die 30 km östlich von der Hauptstadt Denpasar liegt (der Weg bis dorthin dauert anderthalb Stunden wegen dem Verkehr).  Früher war Ubud hauptsächlich für Kunstbegeisterte und Backpacker interessant, heutzutage ist sie ein beliebtes Ziel für Urlaubstypen aller Art.  Ubud ist das Zentrum der balinesischen Kultur und das ist auch nicht zu übersehen. Kein anderer Ort auf Bali hat so viele Tempel und balinesische Tore wie diese Stadt. Bei jedem Schritt entdeckt man eine neue Steinfigur (viele haben die Form von Affen oder Elefanten) oder ein Tor, das zu einem verwinkelten und geheimnisvollen Innenhof führt. In Ubud kann man sich am besten vorstellen, wie Bali einst einmal ausgesehen haben muss – vor dem Instagram-Massentourismus. 

Nicht nur Tempel findet man auf Schritt und Tritt, sondern auch Spaß und Massage-Salons. Praktisch gibt es in fast jedem zweiten Gebäude aus Ubud einen Massage-Salon oder ein Spa-Zentrum. Das ist auch der Grund, weshalb Massagen und Kosmetik-Behandlungen hier so günstig sind. Für eine einstündige balinesische Massage zahlt man in Ubud zwischen 100.000 und 200.000 indonesische Rupiah, das bedeutet zwischen 30 und 60 Lei. Vergleichsweise zahlt man in Kronstadt für eine Stunde Massage zwischen 120 und 150 Lei. Generell stellt die Massage auf Bali und in anderen Regionen Indonesiens eine traditionelle Heilmethode dar. Im Original basiert sie auf der asiatischen Massage und hat tiefe Verknüpfungen zu chinesischen sowie indisch-ayurvedischen Therapien. Es gibt zwei verschiedene Massagearten: Urut und Pijat. Während Urut für medizinische Behandlungen angewendet wird und Masseure unter anderem über Kenntnisse der Akupressur und Akupunkturpunkte sowie der neuralgischen Nervenbahnen verfügen müssen, ist Pijat leicht zu erlernen. Diese Form der balinesischen Massage erfordert weniger technische Fertigkeit und wird in Indonesien von Generation zu Generation weitergegeben.

Falls man während der Regenzeit in Ubud unterwegs ist, kann es sein, dass einen ab und zu ein Regenschauer überrascht. Manchmal regnet es in Strömen, der Himmel färbt sich schwarz und man glaubt, dass es nie wieder aufhören wird. Doch nach höchstens einer Stunde scheint die Sonne wieder. Was tut man, während man darauf wartet, dass der Regen aufhört? Am besten, man flüchtet in ein Massage-Studio. Denn, anders als in Kronstadt, muss man keine Programmierung machen und eine Woche lang warten. Man geht direkt hin und bekommt eine Massage. Nach der einstündigen Massage fühlt man sich wie neugeboren (und nach drei Massagen hat man überhaupt keine Rückenschmerzen mehr). Den Kunden wird auch noch ein kostenloser Tee angeboten, und wenn man mehrere Male dasselbe Studio besucht bekommt man auch ein Geschenk – ein Scrub, eine Seife oder eine Körpercreme. 

Das Fest des Sieges des Guten über das Böse 
Eine andere Methode vor dem Regen zu flüchten ist in ein Restaurant oder Café gehen. Das taten wir am 4. Januar auch. Doch während wir in Ruhe unsere Lychee-Smoothies schlürften, ertönte plötzlich lauter Gesang und Trommelwirbel. Ein überdimensionales Fabelwesen, das an eine Kuh erinnert, betrat die Bar und fing an zu tanzen. Interessant war, dass der Tanz ganz familiär aussah. Er erinnerte an die rumänische „Capra“, ein Brauchtum in der Silvesternacht. Wie in Rumänien ging auch in Bali eine große Gruppe junger Männer durch die Straßen und das Tier tanzte zu ihrer Musik, wobei Passanten oder Restaurant-Gäste den Männern Geld zusteckten. Dann erinnern wir uns, was uns ein Taxifahrer gesagt hat, als wir vor mehreren Tagen gefragt hatten, warum die Leute alle Straßen mit Blumen und Altären schmücken. Am 4. Januar 2023 hat in Bali das Galungan-Fest angefangen. Galungan ist der Jahrestag der Schöpfung der Welt und einer der wichtigsten Feiertage auf Bali. Nach dem balinesischen Pawukon-Kalender wird Galungan einmal alle 210 Tage gefeiert und leitet eine 10-tägige Festzeit ein, die mit dem Kuningan-Fest endet.Nach balinesischer Vorstellung wurde die Welt von Sang Hyang Widi, dem höchsten Gott, erschaffen. Am Jahrestag der Schöpfung besucht er zusammen mit anderen Göttern und den Ahnen die Tempel bzw. die Häuser der Nachkommen, der Lebenden, und verlässt diese am letzten Tag (Kanungan) wieder.

Mit dem Jeep auf den Vulkan
Der Dschungel, die Reisfelder, die Tempel, die versteckten Strände, die Affen, die freundlichen Menschen – Bali hat unendlich viel zu bieten. Doch wer niemals einen Sonnenaufgang auf dem aktiven Vulkan Batur gesehen hat, war nie auf der indonesischen Insel. Schon um 3 Uhr morgens klingelt der Wecker, um 3.30 werden wir im Hotel abgeholt. Es ist noch stockdunkel, als wir aus dem Auto in einen Jeep steigen, mit dem wir den Vulkan erklimmen werden. Nach einer irren, etwa dreißigminütigen Offroad-Fahrt sind wir an einem Belvedere-Punkt angelangt. Etwa 50 andere Jeeps mit Touristen warten schon auf den Sonnenaufgang. Der Vulkan, auf dem wir uns befinden, hat eine Höhe von 1717 Metern und die letzte Eruption fand im Jahr 2000 statt. Es ist ungewöhnlich kalt für Bali (man muss eine Jacke, feste Schuhe und eine lange Hose tragen). Manche Touristen trinken Kaffee, andere fotografieren sich auf dem Dach der Jeeps. Am Horizont erscheint eine blasse rosa Linie. Doch der Himmel ist von Wolken bedeckt, wir können die Sonne nicht sehen. Zudem fängt es auch noch an, zu regnen. Den Sonnenaufgang haben wir nicht gesehen, dafür werden wir mit einer spektakulären Aussicht belohnt. Und dann geht es weiter zu den heißen Quellen von Banjar. Um die Quellen wurde ein Schwimmbad mit mehreren Becken gebaut, hier kann man im heißen schwefeligen Wasser baden. Ein Thermalbad in freier Natur, dessen Wasser heilende Kräfte hat.

18 Quellen mit heilenden Eigenschaften
Doch nicht nur bei den Thermalquellen ist das Wasser wohltuend, sondern auch bei der nächsten Sehenswürdigkeit, die wir besuchen. Der erste Tag des Galungan  ist ein passender Tag, um den Wassertempel Pura Tirta Empul, eines der ältesten religiösen Heiligtümer Balis zu besuchen und an einer rituellen Reinigung mit heiligem Quellwasser teilzunehmen. Pura Tirta Empul ist der Tempel der sprudelnden Quellen, der vom Gott Indra erschaffen worden sein soll. Er wurde im Jahr 962 gebaut und ist eine der ältesten religiösen Bauten Balis. Besucher aus aller Welt kommen zum Tempel und beten zu den Göttern. Das ist auch am Vormittag des 4. Januar so. Doch im Wasser sieht man ausschließlich Touristen. Man erkennt sie an dem rot-grünen Sarong, eine Art Besucher-Sarong, den man am Eingang mieten kann. Die Erklärung ist einfach: die Einheimischen haben die Reinigungszeremonie schon in den frühen Morgenstunden ausgeübt. Viele Touristen sieht man auch kniend und betend beim Altar mit Opfergaben. Einige Minuten später mischen wir uns auch, die Sarongs tragend, in die Menschenmenge. Unser Fahrer erklärt uns, dass in den drei Wasserbecken insgesamt 21 Quellen sind. Für drei davon haben Nicht-Hindus keine Erlaubnis. Bei jeder der restlichen 18 Quellen soll man den Kopf drei Mal unter das kalte Wasser stecken. Warum so viele Leute das machen? Die rituelle Reinigungszeremonie in der sprudelnden Quelle soll Körper, Geist und Seele von bösen Gedanken und Problemen reinigen. Zudem werden dem Quellheiligtum heilende Eigenschaften nachgesagt. Wir machen es einfach den Touristen nach, die vor uns an der Reihe sind. Später erfahren wir aus dem Internet, dass jede der heiligen Wasserquellen für eine Charakterschwäche und für Dinge, die den Körper und Geist negativ beeinflussen, stehen. Ebenfalls erfahren wir, dass man sich mit einem Wunsch pro Fontäne Schritt für Schritt von den bösen Gedanken reinigt. Bei den Quellen waren wir jedoch so konzentriert darauf, das Ritual richtig auszuüben, dass wir unsere Wünsche komplett vergessen haben. Trotzdem fühlen wir uns, nachdem wir unsere Köpfe genau 54 Mal ins kalte Wasser gesteckt haben, sehr erfrischt und voller Energie. Als Dank kaufen wir den Göttern eine Opfergabe und knien vor einem Altar, bis das Räucherstäbchen  ganz abgebrannt ist. Später erfahren wir, ebenfalls aus dem Internet, dass es nicht richtig war. Das Opfer musste man machen, bevor man den Wassertempel betritt, indem man die Opfergabe auf Höhe des Herzens hält und in Gedanken um Erlaubnis bittet, den Tempel zu betreten. Trotz unserer Fehler sind wir überzeugt davon, dass das Ritual gewirkt hat: in den nächsten Tagen werden wir besser schlafen und, zurück zu Hause angekommen, werden wir viel mehr Energie haben als zuvor. Ob das am heiligen Wasser liegt oder einfach dank des Urlaubs, werden wir wohl nie wissen.