Zwei Kronstädter Pressejubiläen 180 Jahre „Siebenbürger Wochenblatt“ 60 Jahre „Karpatenrundschau“

Der Monat Mai war es, in dem zwei der  Kronstädter deutschsprachigen Publikationen mit ihren ersten Ausgaben sich der Leserschaft stellten, um dann jahrzehntelang zu erscheinen. Allerdings in unterschiedlichen Jahrhunderten und unter anderen politischen Voraussetzungen. Am 24. Mai 1837 wurde auf Privatinitiative von Johann Gött (1810 – 1888), einem Buchdrucker, der 1832 nach Kronstadt aus Wehrheim bei Frankfurt am Main gekommen war, um sich eine neue Existenz aufzubauen, von ihm das „Siebenbürger Wochenblatt“ herausgebracht. Nach nur zwei Jahren, in denen er in der Druckerei  des Franz Edler von Schobeln tätig war, konnte er diese ankaufen. Diese war eine Nachfolgerin der 1539 von Johannes Honterus gegründeten Druckerei. Johann Gött sah in der Presse einen wichtigen Fortschritt in der Kommunikation und einen bedeutenden Faktor zur gesellschaftlichen Entwicklung. Er konnte mehrere namhafte Mitarbeiter für die Redaktionstätigkeit heranziehen. Vor der Herausgabe des „Siebenbürger Wochenblatts“, der ersten deutschsprachigen Publikation für Kronstadt und dem Umfeld, hatte er im Januar gleichen Jahres die erste rumänische Publikation  „Foia Duminicii“ (Sonntagsblatt) des Kaufmannes Rudolf Orghidan herausgebracht. Dieser folgte die erste rumänische, politische Publikation „Gazeta de Transilvania“. 1849 wurde das Wochenblatt zur „Kronstädter Zeitung“ umgestaltet, die bis zum 25. August 1944 erscheinen sollte.

Nach 13 Jahren, in denen die neuen politischen Machthaber vom Erscheinen anderssprachiger Publikationen, neben der rumänischen „Drum nou“, die die  glorreichen Veränderungen widerspiegelte, absahen, wurde von den politischen Behörden der damaligen Region Stalin beschlossen, auch eine deutschsprachige Publikation herauszubringen. Dieses war die „Volkszeitung“, mit deren Herausgabe einige Journalisten der Bukarester Tageszeitung „Neuer Weg“ beauftragt wurden. Unter Anleitung von Eduard Eisenburger, der nach Kronstadt entsandt wurde, konnte diese zum ersten Mal am 30. Mai 1957 die Leser erreichen. Außer den politischen Propagandamaterialien enthielt diese aber auch erste Beiträge zur siebenbürgisch-sächsischen Geschichte, bezog sich auf das deutschsprachige Unterrichtswesen und Kulturveranstaltungen, stellte Menschen mit ihren Leistungen vor. Der Leserkreis war sehr groß, da die damalige Region ein großes geografisches Gebiet, mehrere Rayone, wie die Unterteilungen hießen, umfasste.

Chefredakteur Eduard Eisenburger nahm die neue Verwaltungsreform in Kreisgebiete 1968 zum Anlass, um dem Blatt einen neuen Inhalt und Form zu geben. Die „Volkszeitung“ wurde zur „Karpatenrundschau“  als Wochenschrift für Gesellschaft, Kultur und Politik umgestaltet. Diese wurde landesweit verbreitet, wendete sich an alle deutschsprachigen Leser, neue Mitarbeiter konnten herangezogen werden.  Die von der KR veranstalteten Lesertreffen, die Kulturabende, die Rundtischgespräche, die Historiker, Sprachforscher, Lehrer vereinten, die Treffen der Mundartautoren haben zur Festigung der Gemeinschaft beigetragen. 1989 wurde mit der Redaktionsleitung Dieter Drotleff beauftragt, eine Zeit der organisatorischen Umgestaltungen wegen  dem eingetroffenen Exodus der Leser. Nach seinem offiziellen Eintritt in den Ruhestand 2007, er ist aber weiterhin aktiv in der Redaktion, übernahm Ralf Sudrigian die Redaktionsleitung bis 2015, seither die Dramatikerin Elise Wilk. Über die Geschichte dieser Publikationen werden am Dienstag, dem 30. Mai, ab 17 Uhr,  l.J. im Rahmen der Kronstädter Deutschen Vortragsreihe Gernot Nussbächer und Dieter Drotleff sprechen, Hintergrundinformation bieten, auf Fragen der Teilnehmer antworten, Auskunft über Exponate der aus diesem Anlass organisierten Ausstellung im Festsaal des Kronstädter Forums bieten, dem folgt ein kleiner Empfang. 

Dieter Drotleff

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Zum 60. Jahrestag der Karpatenrundschau möchte ich allen ehemaligen und amtierenden Mitarbeitern herzlichst gratulieren. Ich bin Ihnen allen sowohl als konsequenter Leser wie auch als Abgeordneter für die geleistete Arbeit äußerst dankbar. Sie führten in all diesen Jahren die  jahrhundertealte Tradition der deutschen Presse in Rumänien weiter. Dies geschah sowohl in schweren wie auch in guten Zeiten, so dass Ihre Leserschaft stets aktuell informiert wurde. Ich freue mich sehr über die Tatsache, dass die Karpatenrundschau innerhalb der ADZ erscheint und dementsprechend uns allen Informationen über die deutsche Gemeinschaft und sonstige aktuelle Themen aus Ihrer Region bringt. Dieser Aspekt trägt zur Steigerung der Kohäsion der deutschen Gemeinschaft in Rumänien heutzutage bei. Auch die geschichtlichen Beiträge sind von großem Interesse, vor allem für uns, die keine Kronstädter oder Burzenländer sind. Die Vielfalt der von Ihnen präsentierten Themen stimuliert das Interesse des Lesers. Ohne Experte für Journalismus zu sein, glaube ich, dass Sie eine sehr gute Arbeit leisten und hoffe, dass Sie auch in den nächsten Jahren dieses Niveau halten werden. Um dieses tun zu können, bedarf es  guter Arbeitsbedingungen. Es war mir immer ein Anliegen und ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass unsere Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen) diese haben und werde es auch weiterhin tun. Unsere deutschsprachige Presse war schon immer ein wichtiger Teil unserer Identität hierzulande.


Für Ihre künftige Arbeit wünsche ich viel Erfolg.

Ovidiu Ganţ
DFDR-Abgeordneter