Bregenzer Festspiele feiern 75. Ausgabe

„Rigoletto“ von Giuseppe Verdi ist das Highlight des Jubiläumsprogramms

Das Bühnenbild von „Rigoletto“
Foto: Bregenzer Festspiele/KoenigsFreunde

Ein Moment in der Aufführung „Nero“
Foto: Bregenzer Festspiele/Karl Forster

Am 21. Juli begann mit der 75. Eröffnung der Bregenzer Festpiele die Jubiläumssaison des Festivals. In der ganzen Innenstadt fühlte man trotz Corona eine feierliche Atmosphäre, Plakate mit der bekannten Oper „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi und Festspiel-Fahnen waren in allen Ecken zu sehen. Wegen der Absage des Festivalsommers 2020 aufgrund der Corona-Maßnahmen wurde ein Großteil des Programms auf 2021 verschoben, darunter das Stück auf der Seebühne „Rigoletto“ und die Oper im Festspielhaus „Nero“, die am 21. Juli die Jubiläumssaison eröffnen. Die Abschlussaufführung findet am 22. August statt.

Die eröffnenden Aufführungen

Spektakuläre Bilder aus dem von Philipp Stölzl inszenierten „Rigoletto“ sind an 28 Abenden auf dem Bodensee zu bestaunen. Der Kopf des riesigen Clowns, dessen friedlicher Ausdruck sich in boshaftes Grinsen und eine schreiende Grimasse verwandeln kann, der beleuchtete Fesselballon, aus dem die Figur Gilda entführt wird, oder die Erscheinung des niederträchtigen, aber verführerischen Herzogs mit seinem Gefolge waghalsiger Akrobaten stellen Höhepunkte des Spektakels dar. „Rigoletto“ ist ein packendes Drama, in dem die Aufregung des Zirkus und die Feinheiten eines Kammerspiels ineinandergreifen. Dirigiert wird die Oper von Julia Jones von Wiener Symphoniker, als erste Frau in dieser Rolle im Spiel auf dem Bodensee.

Im Festspielhaus sehen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in diesem Festspielsommer das historische Stück über den römischen Kaiser „Nero“ als flamboyantes Musiktheater an. In Arrigo Boitos Tragödie erscheint Nero als schillernde und zwielichtige Figur. Das Werk wurde 1924 posthum an der Mailänder Scala uraufgeführt.

Top-technisiertes Bühnendesign

Was die seit 1946 bestehenden Bregenzer Festspiele zu einer Hauptattraktion macht, ist die größte Seebühne der Welt, das Spiel auf dem See. Die Seebühne verbirgt ausgeklügelte Räumen für besondere Szenen und entfesselt hinreißende Bühneneffekte. Das Bühnenbild fürs „Rigoletto“, besteht aus einem 13 Meter hohen und beweglichen Clownskopf von Philipp Stölzl und Heike Vollmer.
Die Schönheit der Naturkulisse des Bodensees, überdimensionale Bühnenbilder, ausgefeilte Technik und eine hervorragende Akustik, die durch die Technologie des Bregenzer Richtungshörens erreicht wird, bilden ein einzigartiges Erlebnis für das Publikum.

Das Set für das Spiel auf dem See wird alle zwei Jahre auf Holzpiloten rund um eine feste Konstruktion mit witterungsbeständigen Materialien aufgebaut. Diese ist fest im Bodensee verankert und beherbergt auch Künstlergarderoben und Technikräume. Die Seebühne muss bis zu zwei Drittel größer sein als ein normales Theaterset, damit auch das Publikum in den hinteren Reihen das Bühnengeschehen verfolgen kann. Gleichzeitig muss sie das geringstmögliche Gewicht haben. Außerdem muss die Bühne so konstruiert sein, dass alle Transformationen während der Oper schnell und geräuschlos erfolgen können, insbesondere, weil es im Open-Air-Theater keine Vorhänge gibt.

Abwechslungsreiches Jubiläumsprogramm und viele Premieren

Zum 75. Geburtstag der Bregenzer Festspiele werden grandiose Werke von Richard Wagner und Joseph Haydn gespielt. Als Zeichen für die tiefe Verbundenheit zwischen den Musikschaffenden rund um den Bodensee gesellen sich zum Bregenzer Festspielchor für Haydns „Die Schöpfung“ auch weitere regionale Chöre. Dirigiert wird das Oratorium von Andrés Orozco-Estrada, der seit Herbst 2020 neuer Chefdirigent der Wiener Symphoniker ist. Er steht auch bei der konzertanten Aufführung von Wagners „Das Rheingold“ am Pult. Für sein Festspielhaus-Debüt hat der israelische Dirigent Omer Meir Wellber zwei Werke ausgewählt, die beide 1946 uraufgeführt wurden: „The Unanswered Question“ von Charles Ives und das Oboenkonzert von Richard Strauss. Auf beide Stücke folgt Anton Bruckners kühnste und dynamischste Sinfonie „Nr. 6 A-Dur“. Die Vorarlberger Symphoniker unter ihrem Chefdirigenten Leo McFall spielen die neueste Sinfonie von Thomas Larcher, dessen Oper „Das Jagdgewehr“ 2018 mit ihrer Aufführung in Bregenz großes internationales Interesse erregte.

Das Kornmarkt-Theater wird Schauplatz von drei ganz unterschiedlichen Veranstaltungen. Im sechsten Jahr seines Bestehens wird das Opernstudio Bregenz „Die Italienerin in Algier“ inszenieren, eine funkelnde Komödie, die Gioachino Rossini komponierte. Das Werk wird in der letzten Festivalwoche in einer Produktion von Brigitte Fassbaender unter der Leitung von Jonathan Brandani aufgeführt.
Die Förderung interkultureller Unternehmungen steht bei den Bregenzer Festspielen im Vordergrund. Das Bochabela String Orchestra & Friends bewundert das Publikum im Konzert-Theater „Beethoven goes Africa“ mit afrikanischen Kompositionen des Soweto String Quartet, Mango Groove, Zuko Samela und Ludwig van Beethoven. Die Aufführung fand erstmals 1975 in Südafrika statt.

Die Premiere „Michael Kohlhaas“ von Heinrich von Kleist wird im Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin im Theater am Kornmarkt aufgeführt und vom vielfach ausgezeichneten Regisseur Andreas Kriegenburg inszeniert. Die Berliner Wiederaufnahme-Premiere findet am 30. Oktober 2021 statt.

Als Weltpremiere zeigen die Bregenzer Festspiele Bernhard Studlars „Lohn der Nacht“, das im Wettbewerb der Österreichischen Theaterallianz als Siegerstück gekürt wurde. Diese erste Koproduktion mit dem in Bregenz beheimateten Kosmos-Theater wird dann auf den anderen Spielorten der Theaterallianz in Österreich erlebbar sein.

Als Österreich-Premiere wird die interdisziplinäre Filmoper „Upload“ auf der Werkstattbühne gefeiert. Komponist, Librettist und Regisseur Michel van der Aa setzt sich in diesem Werk damit auseinander, welche Folgen das Weiterleben nach dem Tod durch das Hochladen von Bewusstsein haben könnte.

Literatur und Kammermusik fließen außerdem ins Programm ein. Mit der Teilnahme von Künstlern aus den Programmreihen dieser Saison lädt die beliebte Reihe „Musik & Poesie“ an drei Abenden ins Seestudio. Ebenfalls an dieser Spielstätte wird „Ihr seid bereits eingeschifft“ gespielt, eine Kreation von Silvia Costa. Diese Weltpremiere des Vorarlberger Landestheaters entsteht als Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen, dem Kunsthaus Bregenz und dem Vorarlberg Museum.

Das Konzert im Kunsthaus Bregenz bringt am 10. August Musik aus der Renaissance, dem Frühbarock und der Gegenwart im großen Saal des Festspielhauses zum Gehör. Im Rahmen des Programms „Alles nicht wahr“ spielt das österreichische Musikensemble Franui gemeinsam mit dem Puppenspieler Nikolaus Habjan Lieder des Sängers und Dichters Georg Kreisler. Ein Werkstattgespräch und drei Festspielfrühstücke zum Kennenlernen verschiedener Künstler werden in Zusammenarbeit mit dem ORF Vorarlberg und dem Verein der Freunde der Bregenzer Festspiele organisiert.

Am 15. August steht außerdem die Blasorchestermatinee „Brass Eroico“ mit Teilnehmenden des 5. Internationalen Blasmusik-Camps auf dem Programm, Dirigent ist Martin Kerschbaum, Dozenten sind Mitglieder der Wiener Symphoniker.

Entstehungsprozesse hautnah erlebt

Der Entstehungsprozess einer neuen Oper ist seit April 2015 für das Publikum anschaubar: 2017 hatte das erste Opernatelier-Werk seine Uraufführung. Die Zuschauer können mehrmals im Jahr erfahren, wie Ideen entwickelt, verworfen oder umgesetzt werden. Darüber hinaus können sie die Herausforderungen, die auf dem außergewöhnlichen Weg zur geplanten Uraufführung auftreten, miterleben. In Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Bregenz wird der besondere Zugang zu den akustischen und visuellen Ideen und deren Umsetzung ermöglicht. Intendantin Elisabeth Sobotka initiiert dieses Jahr die Werkstatt mit der Oper „Wind“ von Alexander Moosbrugger aus Vorarlberg. 

Bis zur Premiere im Sommer 2021 gaben weitere Veranstaltungen Einblicke in deren Gestaltungsprozess, darunter auch die Entwicklung einer Orgel für die Werkstattbühne in Kooperation mit dem weltweit agierenden Unternehmen Rieger-Orgelbau in Vorarlberg. Die Vorbereitung dieses Instruments vor Ort soll auch teilweise für das Publikum erlebbar sein.

Die 1996 gegründete Jugendreihe „Crossculture“ lädt Jugendliche erneut zu einem vielfältigen Kreativprogramm rund um die Themen der Bregenzer Festspiele 2021. Kulminationspunkt ist immer die „Crossculture Night“, wenn mehr als 5000 Jugendliche eine der Seebühnen-Generalprobe erleben.