Das Manuskript des Josephus Fazakas Krizbacensis

Eine Sammlung von Musikstücken aus dem 18. Jahrhundert

„Das Manuskript des Josephus Fazakas Krizbacensis. Band 1. Faksimile“. Honterus Verlag: Hermannstadt 2021, 92 Seiten. ISBN 978-606-008-083-1.

„Das Manuskript des Josephus Fazakas Krizbacensis. Band 2. Transkriptionen“. Honterus Verlag: Hermannstadt 2021, 100 Seiten. ISBN 978-606-008-084-8

„Das Manuskript des Josephus Fazakas Krizbacensis“ ist 2021 in zwei Bänden mit der Unterstützung des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und Mitteln des Departements für Interethnische Beziehungen beim Honterus Verlag in Hermannstadt/Sibiu erschienen. Im Folgenden wird die Geschichte einer überraschenden siebenbürgischen Musiksammlung aus dem 18. Jahrhundert von ihrer Entstehung bis zur Veröffentlichung erzählt.

„Dieses ist ein Manuskript eines ugrischen Studiosen, welchem irmahls die Mühle den rechten Arm abgerißen gehabt, daß er mit der Lincken Hand schreiben lernen müßte“, steht auf der Umschlagseite des Manuskripts. Wahrscheinlich gehört das bewegende Bekenntnis Josephus Fazakas Krizbacensis, dessen Name ebenfalls auf der mit deutscher Handschrift aufgezeichneten Sammlung von Musikstücken deutscher, italienischer, französischer Komponisten sowie weiterer noch nicht identifizierter Autoren erscheint. Auf dem mit der Zeichnung der Kirche von Krebsbach/Crizbav verzierten Umschlagseite steht über dem erwähnten Satz noch die Abkürzung MMST´ A1738, wahrscheinlich ein Hinweis auf das Entstehungsjahr des Manuskripts. Auf die geheimnisvolle Abkürzung wirft die letzte Seite des Büchleins ein bisschen Licht: Ein gebildeter, lateinkundiger Mann namens „Mart.(in) Müller SC: Rupens“, wie aus den von ihm aufgezeichneten „Regeln“ hervorgeht, erklärt sich zum Besitzer des Heftes, indem er betont „Sum Poßesor libri“, danach unterschreibt und das Datum „A:1739, Mens Junij, Die=20” darunter setzt. 

Wahrscheinlich sind Krebsbach und Reps/Rupea die Herkunftsorte der beiden genannten Personen. Doch bleibt das Rätsel um die Identität der Besitzer oder Schreiber des Manuskripts weiter ungelöst. Infolgedessen einigten sich die Herausgeber der zweibändigen Sammlung, Ursula und Kurt Philippi, darauf, ihre volle Aufmerksamkeit dem hochwertigen Inhalt zu schenken. 

Der erste Band besteht aus dem Faksimile des originalen Manuskripts, welcher Musikstücke für Tastenintrumente (Cembalo, Orgel), Suitensätze mit barocker Tanzmusik und – eine Seltenheit in siebenbürgischen Manuskripten der Zeit – Sonaten für Violine und Generalbass enthält. Wo immer sich ein freier Platz bot, wurden Choräle mit beziffertem Bass, einzelne Melodiezeilen oder Klavierstücke hinzugefügt. Nicht überall ist die gleiche Handschrift erkennbar. „Stilistisch stammt einiges aus späterer frühklassischer Zeit“, heißt es im Vorwort der Herausgeber.

Das Manuskript gibt fast keine Hinweise auf die Komponisten der einzelnen Stücke, jedoch konnten einige von ihnen mithilfe der Organistin und Professorin für Orgel an der Musik-Akademie Basel, Nicoleta Paraschivescu, und des Musikers Mátyás Bartha, der Violine im Sinfonieorchester Basel spielt, identifiziert werden. Es ist erstaunlich, dass die damals europaweit neueste Musik, Stücke von Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann, Antonio Lotti und Arcangelo Corelli, schon in einem siebenbürgischen Manuskript von 1738 erscheint. Hier wird auch die Kunst, die Musikausübung aus Partimenti zu lernen, zum ersten Mal belegt. 

Auf den letzten Seiten der Sammlung wurden „Regeln, Principia zum Clavier“ niedergeschrieben. Diese bieten eine kurzgefasste, ganz auf die Praxis gerichtete Musiklehre und erweisen das Manuskript als echtes Lehrwerk. „Es ist bei diesen Regeln eindrücklich zu sehen, dass Musik als Handwerk gelehrt wurde“, bemerken die Herausgeber im Vorwort des zweiten Bandes, welcher die digitalisierte Trankription der handschriftlichen Musiksammlung darstellt. 

Das originale Manuskript befindet sich gegenwärtig im Besitz des Hermannstädter Staatsarchivs, Brukenthalfonds jj110, und trägt auf der Innenseite des Umschlags den Stempel des Baron Brukenthal’schen Museums in Hermannstadt/Sibiu. Es ist möglicherweise im Zuge der Sammelaktion alter Noten, die von Gottlieb Brandsch (1872-1959), Leiter der Handschriftsammlung, veranlasst wurde, in den Bestand des Museums gelangt. 


Über die Herausgeber

Ursula Philippi studierte Orgel und Klavier zunächst privat beim damaligen Organisten der Schwarzen Kirche Eckart Schlandt und dann an der Staatlichen Musikhochschule in Bukarest bei Prof. Dr. Lidia Sumnevici. Von 1985 bis 2014 war sie Kantorin der evangelischen Gemeinde Hermannstadt, wo sie an der größten Orgel Siebenbürgens, einem Werk mit 80 Registern von Wilhelm Sauer (1914), amtierte. Ab 1990 betreute sie als Dozentin die wiedereingerichtete Orgelklasse an der staatlichen Musikhochschule „Gheorghe Dima“ in Klausenburg und seit 2007 ist sie Professorin. 

Kurt Philippi ist ebenfalls Musiker und Musikologe. Er absolvierte die Musikhochschule in Klausenburg im Hauptfach Cello und wirkte bis 2014 als Musikwart bei der evangelischen Kirche in Hermannstadt. Ursula und Kurt Philippi sind durch ihre Forschung und Publikationen stets im Einsatz für die Rettung des geistlichen Gesangguts sowie des Orgelbestandes der siebenbürgischen Kirchen.