Das schönste meiner möglichen Leben

Foto: Renée Renard

Die Temeswarer Künstlerin Renée Renard stellt im Rahmen der Gruppenausstellung Chronic Desire (Chronisches Verlangen) bis zum 23. April im Corneliu-Miklosi-Transport-Museum (nahe Heuplatz) aus. Zusammen mit der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und angewandte Technologien der Universität für Lebenswissenschaften „König Mihai I.“ in Temeswar/Timișoara hat sie einen Jugendtraum in einer Kunstausstellung gegenwärtig werden lassen. Kuratorin Cosmina Goagea sowie zahlreiche Dozenten unterstützten sie dabei.

„Als ich meinen Namen auf der Liste der Abgelehnten bei der Aufnahmeprüfung sah, hatte ich das Gefühl, mir wurde der Boden von unter den Füßen weggerissen. Und dort, in diesem hektischen und lärmenden Gedränge vor dem Schwarzen Brett, beschloss ich, dass ich nie wieder von der Aufnahmeprüfung zur Pflanzenbauwissenschaft hören wollte und dass ich nie, aber NIE wieder ein Gewächshaus betreten würde, dort, wo ich geträumt hatte, als junge Botanikerin zu arbeiten...“ Und dann passierte es doch: Vor zwei Jahren stellte Renard im Gewächshaus der Agronomiefakultät (Stațiunea Tinerilor Naturaliști, ehem. Mitschurin-Anlage) bei der Avantpost-Gruppenausstellung „Oasis. Green Identity“ Arbeiten aus.

Nicht nur der Traum von der Arbeit in einem Botanik-Labor ist Gegenstand der aktuellen Ausstellung, auch die Wurzeln, der rote Faden ihres künstlerischen Schaffens in den letzten zehn Jahren kommen im Projekt wieder zum Vorschein. Das Projekt stellt ein Künstleratelier und ein wissenschaftliches Forschungslabor gegenüber und initiiert einen Dialog zwischen zwei scheinbar unterschiedlichen Sprachen und Diskursen: künstlerische Kreativität, der Wunsch, ohne Einschränkungen zu experimentieren, und die wissenschaftliche Forschung und Kreativität, basierend auf realen, konkreten, messbaren und quantifizierbaren Daten, die nur in strengen Sterilitätsbedingungen zu gewinnen sind. Im Atelier der Künstlerin überlagern sich zwei unterschiedliche zeitliche und emotionale Porträts: das der jungen Abiturientin, die überschwänglich einer Karriere im Garten- und Blumenbau entgegenblickt, mit dem der reifen Künstlerin, die ihre Wurzeln sucht (und findet) und analysiert, luzid und gleichermaßen nostalgisch, die vielfältigen Varianten eines „Was wäre gewesen, wenn…?“ Im wissenschaftlichen Forschungslabor werden Zell- und Gewebekulturen aus Samen und Meristemen verschiedener Pflanzenarten gezüchtet und zytogenetische Analysen zu Zellteilung, Chromosomen und Chromosomenaberrationen bei Pflanzen durchgeführt. Es dominiert das Weiß des Traumes und des Labors. An der Wand hängt ein Kittel, sind weißbemalte Blumenhybride. Mit dieser Ausstellung schließt sich für Renée Renard ein vor 40 Jahren begonnener Kreis. Im Herbst soll diese Zusammenarbeit mit der Fakultät für Pflanzenbauwissenschaft eine zweite Etappe bei der Stațiunea Tinerilor Naturaliști erleben.

Bis dahin ist Renard im April in Kronstadt/Brașov beim deutschen Kulturzentrum mit ihren Arbeiten über ihre Familiengeschichte „Ein Weg wie hundert Leben“ und FaBrique präsent, im Mai beteiligt sie sich an der Avantpost-Gruppenausstellung „Hyperästhesie” in der Theresienbastei und präsentiert im Juni eine Kreativwerkschau im Temeswarer Efeuhaus/Casa cu Iedera über die Geschichte dieses Hauses.