Dem Tod ins Gesicht lachen

Autorenlesung von Carmen Elisabeth Puchianu aus „Der Begräbnisgänger” und „Verortete Zeiten”

Carmen Elisabeth Puchianu mit dem vielleicht kleinsten Gedichtband der Welt, „Verortete Zeiten”

Dem Tod ins Gesicht lachen, das tut die Kronstädter Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Carmen Elisabeth Puchianu gerne und nicht nur mit ihrer kehligen, fast männlich anmutenden Stimme. In ihrer Lesung „Bildhafte Erinnerungen”, die am 2. Juni im Schillerhaus stattfand, drehte sie dem Sensenmann mit feingesponnenen Wortgeflechten den Strick - oder packte ihn kurzerhand in den Kühlschrank, wo er neben den schwer verdaulichen Silben aus ihrem Gedicht „Menü” klirrend zum „Eisheiligentod” erstarrte. Gleich mehrere Tode hat die Autorin auf diese Weise in die Schranken verwiesen, im vielleicht kleinsten Gedichtband der Welt, „Verortete Zeiten”: den Dränglertod, den Harlekintod und den Feinschmeckertod, der sich die knochigen Finger leckt, oder den Palaverertod, der ohne Punkt und Komma süßholzraspelnd zum Schweigen überredet. Am Zeitpfeil aneinandergereihte Worte kondensieren zu stationären Bildern im Hier und Jetzt: „Kühe lagern am Rande des Friedhofs, wiederkäuen schwarze Lettern, schlingen Verblasstes hinunter, speien Labsaft und Knochenstaub aus...” Leicht verdaulich ist sie nicht, die Puchianusche Kost - doch raffiniert gewürzt mit einer Prise Ironie und einem kräftigen Schuß Humor.

Die 1956 in Kronstadt geborene, dreisprachig (deutsch, ungarisch, rumänisch)aufgewachsene Sächsin, die der Versuchung widerstand, nach Deutschland auszuwandern und zuhause als den Ort bezeichnet, wo sie „schläft, isst, schreibt und mit ihrem Hund Bauschan spielt”, verfaßt neben Lyrik auch Geschichten in Prosa. Meist erzählt sie von einsamen,zurückgezogenen Menschen, die am Rande des Lebens stehen oder zwischen Grenzbereichen hin und herpendeln. Die Handlungen spielen im multikulturellen Karpatenraum - daher auch die Bezeichnung „Karpateske”, in Anlehnung an die Burleske, die sich durch groteske Komik aus anarchischer Freude an der Regelverletzung oder moralisierende Absicht auszeichnet. Bei der vorgetragenen Geschichte mit dem Titel  „Nachlese – eine kleine Karpateske” wirft sie denn indirekt die Frage auf, ob man sich über das Entsetzliche lustig machen oder gar laut auflachen darf. Doch Puchianu, die seit ihrem schriftstellerischen Debüt 1988 acht Bücher mit Gedichten und Erzählungen veröffentlicht hat, beantwortet diese Frage nicht. Vielleicht eine Herausforderung für die Literaturkritiker, die sich seit einiger Zeit mit ihren Werken befassen...