Der Wunsch nach Unsterblichkeit

Zur Premiere von „Jugend ohne Alter und Leben ohne Tod“ am Radu-Stanca-Theater

Prinz Wunderhold (Daniel Plier) und die Hexe (Anca Cipariu) nach dem Kampf und der Versöhnung.

Das Schattenspiel im Reich der ewigen Jugend.
Fotos: Andrey Kolobov

Wenn man die Worte „Es war einmal...“ hört, weiß man, dass etwas Wundersames, Unerwartetes folgen wird: ein Märchen. Das verfügt über keine präzise Zeitangabe, keinen genau definierbaren Ort, nichts Greifbares und rührt uns trotzdem, weckt unsere Fantasie, unsere Sehnsüchte. Ein solches Märchen, das von der menschlichen Begierde nach ewiger Jugend und Unsterblichkeit berichtet, bot am Mittwochabend die Deutsche Abteilung des Radu-Stanca-Theaters in Hermannstadt/Sibiu.

Als Vorlage für die erste Premiere des Monats März diente dem Regisseur Gavriil Pinte das Märchen „Jugend ohne Alter und Leben ohne Tod“, das Petre Ispirescu 1862 veröffentlichte. Die Zuschauer wurden bereits beim Eintreten in den Saal in eine Märchenwelt hineingezogen. Wie in einer Endlosschleife verfangen, bewegten sich die Schauspieler zu einer meditativen Musik auf der Bühne. Doch plötzlich dämmerte das Licht und die Handlung nahm ihren Lauf. Zuerst langsam, als würden die Akteure wirklich aus einer Trance erwachen, danach aber immer schneller, rasanter und plötzlich wieder langsamer, nachdenklicher.

Die Geschichte ist einfach erzählt. Ein kaiserliches Ehepaar wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Kind. Dieses bekommt es nur mit Hilfe eines Alten, der den Kaiser jedoch warnt: „Wenn dein Wunsch in Erfüllung geht, wird dir daraus großer Kummer erwachsen.“ Um das Kind, das noch vor der Geburt zu weinen begann, zu beruhigen, verspricht der greise Kaiser dem Ungeborenen Prinzen Wunderhold „Jugend ohne Alter und Leben ohne Tod“ zu geben.

Als Wunderhold (Daniel Plier) mit 15 Jahren nach diesem Geschenk verlangt und der Kaiser (Wolfgang Kandler) es ihm nicht geben kann, macht er sich auf den Weg, „bis ich finde, was mir verheißen wurde.“ Doch als er nach einigen Abenteuern das Reich der ewigen Jugend tatsächlich findet und dort nach einer Weile das Tal der Tränen ohne zu wollen betritt, überfällt ihn die Sehnsucht nach seinen Eltern. Er kehrt zurück zum Schloss seiner Eltern und findet es verfallen und von Unkraut überwuchert vor. In einem tiefen Keller stößt er auf eine Truhe, in der zusammengeschrumpft  der Tod auf den Prinzen wartet.

Das von Roxana Ionescu entworfene Bühnenbild ist grandios minimalistisch. Ein riesiger Tisch dominiert die Bühne. Hin und her geschoben, verwandelt er sie mal in ein Schloss, mal in eine Wiese oder in einen Keller. Zusätzliche Requisiten werden entweder von oben herabgesenkt oder tauchen aus dem Tisch auf. Jedoch stört dieser Minimalismus absolut nicht. Das Bühnenbild ist nur ein Hilfsmittel, das dem Zuschauer erlaubt, ein eigenes Bild vom Geschehen zu entwerfen. Ein weiteres Werkzeug, mit dem der Regisseur die Schauspieler und das Publikum in Zeit und Raum versetzt, stellt die Beleuchtung dar. Strahlend hell ist die Bühne bei der Geburtsfeier des langerwarteten Erben des kaiserlichen Ehepaars, blutrot beim Kampf des jungen Prinzen mit der Unholdin (Anca Cipariu), giftgrün bei jenem mit der Hexe. Um die Jenseitigkeit und die Flüchtigkeit des Reiches der ewigen Jugend zu verdeutlichen, benutzte Pinte das Schattenspiel, das auf einer riesigen Leinwand ausgetragen wird.

Dieser Ausflug in die Welt der Märchen gehört eindeutig zu den erfolgreichen Inszenierungen der Deutschen Abteilung. „Ich kenne die Schauspieler der Abteilung zu wenig, um über ihre Entwicklung zu urteilen“, sagte der Regisseur Pinte vor der Premiere. „Ich kann nur sagen, dass die Art und Weise, in der ich die Stücke interpretiere, gewisse deutsche Strenge verlangt. Die Schauspieler, mit denen ich jetzt zusammengearbeitet habe, bringen zweifelsohne eine Leistung, die ohne diese Strenge nicht möglich wäre“, unterstrich Pinte. Aus der Perspektive eines Zuschauers gesehen, gelang die Vorstellung vollkommen.