Die Perlentaucherin in der rumänischen Kunstszene

Joana Grevers setzt sich für zeitgenössische Kunst aus 2Rumänien ein

Joana Grevers mit einem Werk ihres Juwels Romul Nuţiu, dem bereits 80-jährigen Künstler aus Temeswar Foto: Lucia Schöpfer

Wenn Joana Grevers von ihrer Galerie und von dem von ihr vertretenen Künstler Romul Nuţiu spricht, ist sie kaum zu bremsen, soviel Begeisterung aber auch Fachwissen und die Fähigkeit, dieses mitzuteilen, steckt in ihr. In Bukarest geboren, lebt sie seit ihrem 17. Lebensjahr in Deutschland, hat ihre Wurzeln aber nicht vergessen und ist zurückgekommen, um sich der zeitgenössischen Kunstszene im Land zu widmen. 2008 hat sie mit ihrem amerikanischen Kollegen Guy Williamson in einer kleinen Straße im Herzen Bukarests die 418gallery eröffnet, die neun rumänische Künstler betreut. Momentan ist in den Räumen eine Ausstellung aktueller Werke Romul Nuţius zu sehen. 1932 geboren, überzeugt er schon seit den 1960er Jahren mit einem abstrakt-expressionistischen Stil. Seine Ausstellung in der 418gallery ist bis Mitte März verlängert worden. Lucia Schöpfer hat der Galerie einen Besuch abgestattet, um im privaten Ambiente der Galerie mit Joana Grevers über Kunst zu plaudern.

Frau Grevers, Sie sind studierte Ärztin und haben auch lange als solche gearbeitet. Warum haben Sie sich entschlossen, neben Beruf und der Erziehung ihrer beiden Töchter nebenher noch zu studieren?
Kunst hab ich schon immer geliebt, auch als Kind, ich bin so aufgewachsen. Wenn ich krank war, bekam ich Bücher mit Rom oder Michelangelo ins Bett gelegt. Dann irgendwann mal habe ich beschlossen, das auch zu studieren, zuerst als Experiment, aber es ging dann sehr gut. Ich war inzwischen Ärztin und habe so parallel das zweite Studium gemacht und teilweise nur halbtags gearbeitet, weil ich ja auch meine beiden Töchter hatte. Die Kunstgeschichte war dann so meine Freude. Allerdings hat das länger gedauert, ich hab etwa zehn Jahre unter den Umständen studiert.

Und wann wurde aus dem Hobby und der Leidenschaft „Kunstgeschichte“ der Beruf?
Bis 2004 habe ich weiterhin als Ärztin gearbeitet und parallel Kunstführungen in München gemacht. Dann bin ich 2004 nach Rumänien gekommen. Von Seiten der Künstler, die ich inzwischen kennengelernt hatte, kam dieses Verlangen nach einer Galerie hier. Ich habe einfach gesehen, wie viel tolles künstlerisches Potenzial hier ist und wie wenig Chancen diese Leute haben, bekannt zu werden und ausgestellt zu werden. 2008 haben wir dann die Galerie gegründet.

Setzen Sie den Schwerpunkt ihrer Arbeit mehr aufs Ausland oder mehr auf den rumänischen Markt?
Beides natürlich. Im Ausland hat bisher kaum einer von Rumänien gehört, in Palm Beach beispielsweise sagten die Leute: „Ah, you’re from Romania.“ – Das die gerade so wissen, wo das liegt. Und dann sind sie alle begeistert von der „Great art“ usw. Also natürlich ist die Arbeit im Ausland wichtig, aber eben auch die hier in Rumänien. Aber das dauert hier lange und ist recht schwierig. Der Typ des Sammlers existiert hier noch nicht. Der rumänische Sammler ist der ältere Sammler, der die, sagen wir mal, schon etablierte Kunst sammelt, Petraşcu, Tonitza, weil er da den Eindruck hat, er geht auf Nummer sicher. Es gibt nicht sehr viele Sammler, die bereit sind, sich mit moderner Kunst auseinanderzusetzen. Und es gibt auch nicht das Angebot. Insofern hat der Sammler wenig die Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit der Gegenwartskunst. Und das muss wachsen, und ich bin sicher, es wird wachsen. Das junge Publikum hat Interesse. Zeitgenössische Kunst ist ja auch ein Abenteuer, da muss man sich auch auf sein Urteil verlassen können und schon visuelle Kultur und Erfahrung haben, um Qualität zu finden. Aber ich bin überzeugt, dass sich diese Schicht auch entwickeln wird, die Schicht des Sammlers für moderne rumänisch Kunst.

Momentan läuft eine Ausstellung mit dem abstrakten Expressionisten Romul Nuţiu in Ihrer Galerie. Er ist Ihr kleines Juwel?
Ein großes Juwel! In Nuţiu habe ich einfach dieses unglaubliche Talent erkannt und die Rolle, die er in Rumänien gespielt hat, schließlich hat er in den 60er Jahren angefangen abstrakt-expressionistisch zu arbeiten und tut das bis heute noch. Und das auf einem sehr hohen Level, mit sehr viel Konsequenz und Kraft und originellen Einfällen. Er ist einfach ein großer, großer Künstler, der in die Reihe der schon bekannten abstrakt-expressionistischen Künstler eigentlich reingehört.

Die Ausstellung mit Romul Nuţiu ist jetzt bis Mitte März verlängert worden. Ihre Galerie ist allerdings nicht so einfach zu finden. Wer kommt zu Ihnen, mit direkter Laufkundschaft ist ja nicht zu rechnen?
Nein, das gibt’s nicht und wir wollten das auch nicht. Weil das auch kein Massenphänomen in Rumänien ist. Die Leute, die hierher kommen, sind Leute, die sich dann doch für Kunst interessieren. Die Galerie ist zwar täglich besetzt von 11 bis 19 Uhr, aber besser ist ein Besuch mit Anmeldung. Dann kommen die interessierten Betrachter, Sammler her in dieses private Ambiente.
Die Galerie ist zwar öffentlich, aber eben nicht so für die Masse. Ich denke, das ist hier so ein kleiner Schatz in Bukarest und den wollen wir nicht jedem zeigen. (lacht)