„Ein rumänischer Name zieht in Deutschland nicht“

Ein Gespräch bei der Leipziger Buchmesse mit Filip Florian

Filip Florian, dessen Debüt-roman „Kleine Finger“ (2005) drei Jahre nach Erscheinen durch den renommierten Suhrkamp-Verlag auch der deutschen Leserschaft zugänglich gemacht wurde, zieht am Rande der Leipziger Buchmesse, die am Sonntag zu Ende ging, eine eher kritische Bilanz über die Chancen der rumänischen Literatur auf dem deutschen Buchmarkt. Der 43-jährige Autor Filip Florian aus Bukarest sprach mit Bernhard Spring.

Welche Themen bewegen die jungen rumänischen Schriftsteller?
In unserer Generation werden sehr verschiedene Stimmen laut, die sich schwer auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. Die großen Motive sind Liebe und Tod, der Drang nach individueller Freiheit und die gegenwärtigen Folgen der Vergangenheit.
Unsere Vielfältigkeit ist ein absoluter Vorzug den älteren Generationen gegenüber, da diese oft für Dekaden über dasselbe schrieben und wenige, tonangebende Namen hervorbrachten.

Wie beurteilen Sie das deutsche Interesse an der rumänischen Literatur?
Es gibt eine kleine, aber ehrliche Neugier, mit der wir als Autoren mit unseren Werken aufgenommen werden. Generell aber beeinflusst nicht die Qualität der Bücher das Interesse, sondern die Bekanntheit. Zwei oder drei rumänische Autoren haben es geschafft, sich eine deutsche Leserschaft zu erobern, für den Rest ist es schwierig. Ein rumänischer Name zieht in Deutschland nicht.

Und daran hat auch Herta Müller nichts geändert?
Nachdem sie den Nobelpreis verliehen bekommen hat, dachte ich zunächst, das Interesse an rumänischer Literatur würde wachsen. Das hat sich als Trugschluss herausgestellt. Nicht Land und Leute bestimmen, zu welcher Kultur ein Autor gehört, sondern die Sprache, in der er schreibt. Insofern ist Herta Müller eine deutsche Autorin. Ihre Würdigung kann somit nur begrenzte Auswirkungen auf die rumänische Kultur haben.

Haben es rumänische Autoren in anderen europäischen Ländern leichter als in Deutschland?
Auf jeden Fall. Derzeit bestehen gute Möglichkeiten, um übersetzt zu werden. Rumänien ist erst seit Kurzem in der EU, das erweckt Neugier. Gleichzeitig bewegt sich seit 2004 sehr viel in der rumänischen Literatur, sie bricht auf und erweitert ihr Spektrum, was sie interessanter macht. Meine Bücher sind in insgesamt 18 Sprachen übersetzt, wobei mir der Austausch mit der osteuropäischen Leserschaft sehr wichtig ist, weil wir trotz aller Unterschiede doch eine große Familie sind, die dieselben Probleme und Chancen hat.

Unterscheidet sich das deutsche Publikum von dem rumänischen?
Ja, sehr. Die Deutschen haben oft eine bessere kulturelle Bildung, auch haben Lesungen und Diskussionsrunden eine längere Tradition. In Bukarest beispielsweise gibt es jedes Jahr vielleicht gerade einmal zehn Lesungen. Für uns Autoren ist es deshalb umso wichtiger, übersetzt zu werden und im Ausland lesen zu können. Ich habe im vergangenen Jahr nur einmal in Bukarest gelesen, dafür aber mehr als zwanzig Mal im Ausland.
Dafür ist mit der Reaktion der deutschen Zuhörer nicht immer leicht umzugehen. Oft sind nicht einmal meine übersetzten Texte bekannt und so kreisen die Diskussionen schnell um politische Themen statt um Literatur. Aber was soll ich dazu sagen? Ich bin nicht der Premierminister.

Glauben Sie, dass die Leipziger Buchmesse zur Popularität rumänischer Literatur beitragen kann?
Ganz sicher. Hier lassen sich gut Kontakte zu Verlegern und Übersetzern knüpfen. Für den deutschen Markt ist Leipzig noch viel bedeutender als die Buchmesse in Frankfurt.

Vielen Dank für das Gespräch.