Ein wichtiges philosophisches Werk Lucian Blagas ins Deutsche übersetzt

Präsentation von „Die luziferische Erkenntnis” am Rumänischen Kulturinstitut in Wien

Vor Kurzem erschien erstmals eine deutschsprachige Übersetzung eines der wichtigsten philosophischen Werke des großen rumänischen Denkers im LIT-Verlag, der damit zur Verbreitung der Gedanken Lucian Blagas im deutschen Sprachraum einen entscheidenden Beitrag leistet. Übersetzt wurde „Die luziferische Erkenntnis” von Dr. Rainer Schubert, dem ehemaligen und langjährigen Kulturattaché an der Österreichischen Botschaft in Bukarest. Dr. Schubert beschäftigt sich schon seit Langem mit der Philosophie Lucian Blagas und war nach seiner diplomatischen Tätigkeit zwei Jahre lang Professor für Philosophie an der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg/Cluj. Derzeit lehrt Dr. Rainer Schubert als Honorarprofessor für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz/ Niederösterreich.

Die Präsentation des Buches fand Donnerstag, am 11. Oktober 2012, im Rumänischen Kulturinstitut Wien in Anwesenheit eines zahlreich erschienenen Publikums statt. Lucian Blaga wurde als Denker, Dichter und Diplomat vorgestellt. Nach einleitenden Worten von Dr. Gabriel Kohn im Namen des Kulturinstituts, Mag. Richard Kisling, dem Leiter des LIT-Verlages in Wien, und Mag. Lukas Vosicky, dem Generalsekretär der Österreichisch-Rumänischen Gesellschaft, ergriff Dr. Schubert das Wort und führte durch die genannten drei Themenbereiche.

Im Hinblick darauf, dass Lucian Blaga in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts vier Jahre lang Presseattaché an der Rumänischen Botschaft in Wien war, konzentrierte sich der Vortrag zunächst auf die diplomatische Tätigkeit des Philosophen in der österreichischen Hauptstadt. Dr. Schubert stützte sich dabei auf sehr authentische Quellen, nämlich die Tagebücher der Frau Lucian Blagas, Cornelia Blaga-Brediceanu, und auf das Buch seiner Tochter, Dorli Blaga, betitelt: „Tatăl meu. Lucian Blaga“.

Blaga war als Diplomat Zeuge einer sehr unruhigen Zeit in Österreich. Er erlebte hier den Bürgerkrieg am 12. Februar 1934, die Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß, den österreichischen Ständestaat sowie die schleichende Unterwanderung der österreichischen Innenpolitik durch die Nationalsozialisten vor dem Einmarsch Hitlers im März 1938.

Die zweite Sektion des Vortrags widmete sich dann dem Dichter Lucian Blaga, wobei Bezug genommen wurde auf das von Erika Scharf übersetzte Buch von Mircea Vaida-Voevod „Lucian Blaga. Ein rumänischer Dichter und die deutsche Literatur“. Der Vortragende hob die Bedeutung des Dorfes in der Dichtung Blagas hervor und las auch  aus dem berühmten Gedicht „Die Seele des Dorfes“ vor, das folgendermaßen beginnt: „Ich glaube, die Ewigkeit wurde auf dem Dorf geboren“.

Ebenso wurde Blagas Selbstbildnis zitiert: „Lucian Blaga ist stumm wie ein Schwan“ und es wurde die Rolle des Schweigens nicht nur für seine Dichtung sondern auch für seine Philosophie hervorgehoben, insofern der letzte Grund aller Dinge dem Menschen ein Mysterium ist und auch bleiben wird. Im dritten Teil seines Vortrages kam Dr. Schubert schließlich auf den Denker Lucian Blaga zu sprechen.

Blaga promovierte 1920 mit einer in deutscher Sprache abgefassten Doktorarbeit an der Universität Wien. Die Dissertation trug den Titel: „Kultur und Erkenntnis. Beiträge zur Erkenntnislehre vom kulturhistorischen Standpunkte.” Dr. Schubert hatte eine Kopie der Doktorarbeit angefertigt und sie dem Publikum präsentiert. In dieser Arbeit werden schon viele spätere Gedanken Blagas vorweggenommen.

Im weiteren Verlauf der Präsentation wies der Vortragende auf die Wichtigkeit hin, Blagas Philosophie viel mehr als bisher im deutschen Sprachraum ins Gespräch zu bringen, insofern sowohl seine Erkenntnistheorie als auch seine Metaphorologie Probleme behandeln, die nach wie vor auch in der westlichen Welt von höchster Aktualität sind. Schließlich nahm Dr. Schubert auch Bezug auf die Schwierigkeiten einer Übersetzung von Blagas Text „Die luziferische Erkenntnis“ und bedankte sich bei den Kollegen mit rumänischer Muttersprache (Univ. Doz. DDr. Mădălina Diaconu, Prof. Dr. Mircea Flonta, Dr. Andrei Todoca) für das gründliche Korrekturlesen.

Anschließend kam es zu einer lebhaften und interessanten Diskussion. Die Beiträge und Fragen der Diskussionsteilnehmer kreisten dabei um Blagas politische Ausrichtung, seine fast bis zum Verschwinden eingeschränkte Position in der Ära des Kommunismus, seine sehr durch die deutsche Sprache geprägte rumänische Schreibweise, sowie seine Bedeutung für die Linguistik aufgrund seiner Metapherntheorie. Überwiegend war die Auffassung, dass Blaga nicht mit politischen Maßstäben gemessen werden könne und die Einteilung in „links“ und „rechts“ in Bezug auf sein Werk inhaltslos sei.

Bezüglich seiner von der deutschen Sprache geprägten Ausdrucksweise kam der sicherlich plausible Hinweis, dass die Kultur Siebenbürgens für diese Zweisprachigkeit prädestiniert sei. Was die Metaphorik anbelangt, so wurde vom Vortragenden darauf hingewiesen, dass diese nicht nur für die Linguistik, sondern bei Blaga für das gesamte Kulturverständnis und daher auch für die Naturwissenschaft von Bedeutung ist, insofern auch diese von einem kulturellen Kontext abhängt.