Eine bittere Komödie

Zur Premiere von „Chaos“ an der deutschen Abteilung des Hermannstädter Radu-Stanca-Theaters

Nathalie Sigg (Sofia) und Anca Cipariu (Julia) nach der Polsterschlacht.

Johanna Adam stellt Emma dar und führt auch Regie.
Fotos: RST

Chaos entsteht, wenn die harmonische mit der schmerzvollen Seite des Lebens verschmelzen. So ähnlich formulierte es Psychotherapeutin Julia – dargestellt von Anca Cipariu – irgendwann im Verlauf des Stückes „Chaos“. Von Mika Myllyaho verfasst und von Eeva Bergroth sowie Martina Marti ins Deutsche übersetzt, erlebte die „dunkle Komödie“ (so das Programmblatt) am Samstag, dem 29. September, seine Premiere an der deutschen Abteilung des Radu-Stanca-Theaters in Hermannstadt/Sibiu. Regie führt die Schauspielerin Johanna Adam, assistiert von einer anderen Schauspielerin, Cristina Stoleriu. Es ist die zweite Erstaufführung der neuen Spielzeit nach „Gegen die Demokratie“ von Esteve Soler in der Regie von Alexandru Dabija.

„Chaos“ ist das Pendant zu dem drei Jahre früher verfassten Stück „Panik“. Im zweitgenannten Stück werden die existenziellen Krisen von Max, Joni und Leo auf die Bühne gebracht, im erstgenannten jene von Sofia, Emma und der eingangs erwähnten Julia. 2008 bzw. 2005 von dem zu den am meisten geschätzten finnischen Regisseuren und Dramatikern gehörenden Mika Myllyaho (Jahrgang 1966) herausgebracht, sind „Panik“ und „Chaos“ inzwischen in zahlreiche Sprachen übersetzt und werden auf vielen Bühnen der Welt gespielt.

Das Leben jedes und jeder Einzelnen kann in unserer Gesellschaft mit ihren Problematisierungen und Verwinkelungen aus der Bahn geraten. Bei Lehrerin Sofia – gespielt von Nathalie Sigg – ist der Auslöser die bevorstehende Schließung der Schule. Die Journalistin Emma – von Johanna Adam dargestellt – wurde nach 12-jähriger Ehe von ihrem Mann verlassen, der nun um das Sorgerecht für die Tochter kämpft und auch erhält.

Die Psychotherapeutin Julia verliebt sich in einen (verheirateten) Patienten und hat auch sonst Schwierigkeiten im Bereich Beziehungen. Die drei Frauen kommen auf die spärlich dekorierte Bühne, auf der das Publikum im hinteren Teil mit dem Gesicht zum Zuschauerraum sitzt, und stellen sich wie bei den TV-Wettbewerb-Shows vor.

Für kurze Zeit stehen sie im Rampenlicht. Sobald sie ihre Probleme den Freundinnen zu erzählen beginnen – und diese in die Rollen der Protagonistinnen und Protagonisten der die Krisen auslösenden Gegebenheiten schlüpfen – verlieren sie zunehmend an Glamour. Irgendwann setzen „Handlungsketten“ ein: die Frauen rasten aus. Die letzten Handgreiflichkeiten der beschwipsten Damen enden mit einem Kurzaufenthalt im Gefängnis. Am Schluss erscheinen sie in Schlafhemd und Morgenrock. Sie waren in der Heilanstalt gelandet, wo sie eine Polsterschlacht veranstalten.   
Sofia, Emma und Julia werden von den Konfliktsituationen überfordert – und die drei Schauspielerinnen von diesen Rollen.

Sie schafften es nicht, die inneren Auseinandersetzungen, die Zweifel an sich und der Gesellschaft, für den Zuschauer glaubhaft darzustellen, und wirkten zuweilen, selbst in humorvollen Szenen, zickig. Dafür brillieren sie in den Nebenrollen: Anca Cipariu als mit französischem Akzent sprechende Schulleiterin in den Auseinandersetzungen mit Julia, Nathalie Sigg als amerikanische Chefredakteurin im Konflikt mit Emma und Johanna Adam als mit russischem Akzent sprechender Arzt sowie als flötenspielendes Mädchen Tine. Diese Auftritte überzeugten – und nur sie konnten zu zaghaftem Lachen verleiten. 

Am Programmblatt abgedruckt ist die mit Google Translate aus dem Finnischen ins Deutsche übersetzte Biografie des Autors. Da die rumänische Fassung korrigiert worden ist, geschah es nicht mit Absicht, sondern ist eine Folge von Chaos.