Es war einmal… die Entdeckung ihrer Welt

Kulturzentrum zeigt Grimm-Ausstellung im Café Text Temeswar

Temeswar/Timişoara musste auf die Wanderausstellung des Goethe-Instituts „Märchenwelten“ lange warten. Seit einem Jahr reist sie durch Rumänien und die benachbarten Länder. Zumindest das große Jubiläum, anlässlich dessen die Ausstellung konzipiert wurde, hat die Stadt nicht verpasst. Offiziell ist 2013 im deutschsprachigen Raum Grimm-Jahr, obwohl der Start schon 2012 stattfand. Dann waren es 200 Jahre seit der Veröffentlichung der Märchensammlung von Jacob und Wilhelm Grimm.

Wer sich die Ausstellung anschaut, wird aber die verspätete Ankunft schnell entschuldigen. Lieber spät, als nie, dürfte hier der passende Leitspruch sein, denn die „Märchenwelten“-Ausstellung ist ein Blickfang und besonders für Kinder grandios.

Was dabei aber besonders überrascht, ist die Entscheidung der Veranstalter, sich nicht ausschließlich auf die alten Grimm-Märchen zu beziehen. Stattdessen nehmen sie diese als Vorwand, um auch die modernen Märchengestalten vorzustellen. So sind zum Beispiel nicht bloß die traditionellen Märchenhelden prominent vertreten, sondern auch moderne Comichelden wie Batman, Superman und die Spinne. Bei den Prinzessinnen findet sich nicht bloß Dornröschen oder Schneewittchen wieder, auch Prinzessin Leia aus „Krieg der Sterne“ gesellt sich dazu.

Eben diese Mischung aus alt und neu begeisterte auch die kleinen Besucher bei der Eröffnung der Wanderausstellung in Temeswar Anfang Oktober. Das Deutsche Kulturzentrum Temeswar und die Kreisbibliothek Temesch sind die lokalen Veranstalter der Märchenausstellung. Darum nahm an der Vernissage auch der aktuelle Bibliotheksleiter und Schriftsteller Tudor Creţu teil. Die Leiterin des Kulturzentrums, Alina Baciu, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend sein. Die Begrüßung der Besucher übernahm Bianca Barbu, die Bibliothekarin der Kultureinrichtung, die auch für die Kinder- und Jugendarbeit verantwortlich ist.

Und es gab noch einen ganz besonderen Gast, der speziell für die Kinder auf dem Besen angeflogen kam. Schauspielerin Tatjana Sessler schlüpfte in die Rolle einer modernen, feschen sowie missverstandenen Hexe, die, statt die Kinder zu vernaschen, ihnen ein Lied vorsang und sie zum Tanzen aufforderte.

Zum aktiven Mitmachen lädt auch die Ausstellung ein: Auf einem PC kann eine Geschichte angefangen und später von anderen fortgesetzt werden. Frage- und Antwort-Spielchen motivieren die Kinder dazu, mehr über die Helden, Heldinnen und Bösewichte zu erfahren. Sie können auch einiges über Aufbau und Form dieser besonderen literarischen Gattung erfahren.

Zwischendurch werden den ganzen Monat auch Lesungen und Vorstellungen gehalten. Die Ausstellung befindet sich im Café Text der Kreisbibliothek. Diese befindet sich in der Theresien-Bastei.

Ein weiterer Partner des Deutschen Kulturzentrums ist das Merlin-Puppentheater. Die Zusammenarbeit entstand über die Kreisbibliothek, die dem Theater einen Nebenraum des Cafés für Vorstellungen zur Verfügung stellt.

Aufgrund der thematischen Zusammenkunft zwischen Grimms Märchen und moderner Popkultur wird auch die Frage nach der Aktualität von Märchen aufgegriffen. Die inzwischen zerfledderten Comichefte geben einen Hinweis darauf, wie beliebt inzwischen Helden wie Batman sind. Oft kennen Kinder heutzutage eher diese modernen Figuren. Halb so tragisch, meinen Experten. Selbst im Knaurs Lexikon der Mythologie haben fiktive Gestalten wie Superman längst Einzug gefunden. Und auch Science-Fiction-Epen wie „Krieg der Sterne“ werden heute als Märchen gehandelt. Einziger Nachteil ist der Konsumaspekt dieser modernen Vorbilder.

So spannend ist die „Märchenwelten“-Ausstellung, die bis zum 27. Oktober im Café Text zu sehen ist. Lange mussten die Temeswarer auf sie warten, doch die meisten Besucher der Vernissage waren sich einig: Das Warten hat sich gelohnt.