Geschichte der Juden und Deutschen in Rumänien seit 1830

Mariana Hausleitner zieht in ihrem neuesten Werk Bilanz aus ihren Studien

Mariana Hausleitner, bekannt für ihre detailgenauen Studien zur jüngeren Geschichte Rumäniens wie über die „Nationalen und sozialen Konflikte in Siebenbürgen“ bis generell zur „Geschichte Rumäniens und dem Holocaust“, führt in ihrem jüngsten Werk „Selbstbehauptung gegen staatliche Zwangsmaßnahmen: Juden und Deutsche in Rumänien seit 1830“ viele dieser Facetten zusammen und zieht Bilanz. Dabei scheut sie sich nie, Täter und Opfer unbesehen ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit beim Namen zu nennen. Dass die Auswirkungen bis in die heutigen politischen und gesellschaftlichen Debatten reichen, macht sie nachvollziehbar deutlich. 


Strukturiert ist ihre Abhandlung einesteils chronologisch: von der Zeit vor dem Ende des Ersten Weltkrieges, des Faschismus und des Zweiten Weltkrieges, der Phase des Stalinismus zum rumänischen Nationalkommunismus bis zur Zeit nach dem Sturz des Regimes. Andererseits unterteilt Hausleitner die einzelnen Kapitel auch geo-graphisch und thematisch, wobei sie die sehr unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Landesteilen, insbesondere vor der Durchsetzung des Faschismus 1933, in den Blick nimmt.

Das Altreich, Siebenbürgen, das Banat, die Bukowina und Bessarabien unterstanden parallel, aber auch in zeitlicher Abfolge den bis ins 19. Jh. herrschenden Machtblöcken des Ungarischen Königreiches, des Osmanischen Reiches, der Habsburger Monarchie und dem Russischen Zarenreich. Das hatte weitreichende Konsequenzen für die deutschen oder jüdischen Minderheiten, die ihrerseits durchaus keine homogene Gruppe bildeten. 

Juden und Deutsche im Königreich Rumänien vor 1918

Eine Vorstellung von der Zeit um 1835 bietet der Film „Aferim!“ des Regisseurs Radu Jude, der in nostalgischen Landschaftspanoramen das damalige Rumänien wiederbelebt. Allerdings führt er auch die brutale Wirklichkeit von Leibeigenschaft für die Roma vor, die Hörigkeit der Rumänen sowie die allgemein üblichen Ressentiments, die er ausgerechnet von einem Vertreter des Klerus äußern lässt. 

Hausleitner konzentriert sich hier auf die Entwicklung der Walachei und der Moldau zum Königreich Rumänien unter dem Hohenzol-lernfürsten Karl I., wobei der Schwerpunkt auf den Ursachen der antisemitischen Strömungen in der rumänischen Mehrheitsgesellschaft liegt. Die Widersprüche zwischen der Rechtlosigkeit der Juden, den Verboten, Grundbesitz zu erwerben und damit das Abdrängen in verpönte Berufe wie z.B. die des Geldverleihers, etc., die umgekehrt zu ungeliebten Abhängigkeiten führten, erläutert Hausleitner in etlichen Beispielen. Als eines sei hier die Karriere und das Wirken des Wirtschaftswissenschaftlers Alexandru C. Cuza – dem geistigen Ziehvater von „Corneliu Zelea Codreanu, dem Gründer der faschistischen Eisernen Garde“ - angeführt. An der vom liberalen Fürsten Alexandru Ioan Cuza 1860 gegründeten Universität von Jassy/Iași entwickelte er seine antisemitischen Thesen, die sich im Kern um die Verdrängung der Rumänen aus Handel und Gewerbe durch die oft höher qualifizierten Juden drehten. 

Eine der Hauptforderungen der jüdischen Bevölkerung war die nach Einbürgerung, die in Aussicht gestellt, doch meist nur wenigen, allenfalls Armeeangehörigen, gewährt wurde. Unterstützung fanden sie bei dieser Forderung nicht zuletzt durch den deutschen Reichskanzler Bismarck, nicht ganz uneigennützig und relativ erfolglos, wie Hausleitner in ihrer Darstellung der sogenannten „Strousberg-Affäre“ um das finanzielle Desaster des rumänisch-deutschen Eisenbahnbaus darlegt. 

Wie die quantitativ eher marginale deutsche Minderheit durch das deutsche Königshaus unter Karl I. eine Aufwertung ihrer kulturellen Einrichtungen, den Kirchenbauten und Schulkomplexe und vielem mehr, insbesondere in der Hauptstadt Bukarest erfährt, beschreibt sie eingehend. Nur in der Dobrudscha kam es zu einer Besiedlung durch deutsche Kolonisten aus Bessarabien und Russland. Der Erste Weltkrieg brachte eine Zäsur durch den Eintritt Rumäniens 1916 auf Seiten der Entente. Durch die zeitweise deutsche Besatzung weiter Landesteile und die anschließende Niederlage des Deutschen Reiches, wurden erstmals nicht nur Juden, sondern auch Deutsche offiziell als Feinde betrachtet.

Die Minderheitenpolitik Großrumäniens bis 1933

Die Lage der jüdischen und deutschen Minderheiten bis zum Aufstieg der Faschisten wird detailliert und mit Rückgriff auf historische Entwicklungen in den einzelnen Landesteilen des neuen Großrumäniens dargestellt. Eine der größten Veränderungen war neben der Gebietserweiterung das Anwachsen der unterschiedlichen Minderheiten einschließlich der Juden, denen auf einen Schlag Bürgerechte, d.h. soziale Teilhabe eingeräumt werden sollte, wobei umgekehrt bisher dominante Minderheiten wie Deutsche oder Ungarn in Siebenbürgen und dem Banat sich mit einer plötzlichen Marginalisierung konfrontiert sahen. Eine gescheiterte Wirtschaftspolitik, sowohl was die Agrarreform, als auch die protektionistischen Maßnahmen betrifft, verschärft durch äußere Faktoren wie die Weltwirtschaftskrise 1929 und die Bedrohung durch das bolschewistische Russland, werden in ihrer Wirkung auf die Minderheitenpolitik untersucht.

In der bislang österreichisch geprägten Bukowina kam es bis 1933 zu einer engen kulturellen und politischen Kooperation zwischen Juden und Deutschen, besonders in ihrem Widerstand gegen die Rumänisierung. Im industrialisierten Banat gewannen sozialistische Parteien und Gewerkschaften in allen Bevölkerungsgruppen einen stärkeren Rückhalt als beispielsweise im wesentlich ländlicher geprägten Siebenbürgen.

Bildungspolitik stellt jedoch in beiden Regionen einen besonderen Kristallisationspunkt für ethnische Konflikte dar. Hausleitner betont immer wieder die Bedeutung der Tatsache, dass das Bildungsniveau der Deutschen und jüdischen Minderheit erheblich über dem der rumänischen Bevölkerung lag. Bessarabien und die Dobrudscha nehmen eine Sonderstellung ein, das überwiegend bäuerliche Milieu und die mangelnde konfessionelle Homogenität lassen allenfalls eine rudimentäre schulische Versorgung zu. 

Insgesamt hatten die jüdischen Vertreter in Großrumänien bisweilen Schwierigkeiten, politisch eine einheitliche Linie zu verfolgen. Aufgezeigt werden die unterschiedlichen Strömungen von ländlichen Traditionalisten und angepassten Modernisten. So tendierte der Bu-karester Abgeordnete und Vorsitzende der Jüdischen Union, Wilhelm Filderman, lange zu einer Assimilierungspolitik, einer Eingliederung in die vorhandenen rumänischen Parteien, während z.B. im Banat die jüdischen Vertreter sich von Anfang an für eine eigene Interessenvertretung aussprachen.

Deutsche und die Verfolgung der Juden 1934–1944 

Im vierten Kapitel wird der Ausbreitung des Faschismus in Rumänien, der Aufstieg und Fall der „Eisernen Garde“, die Ära unter General Antonescu, samt der an den Juden begangenen Massaker und Deportationen aufgezeigt. Die Prozesse, die zur nationalsozialistischen Gleichschaltung der deutschen Institutionen und zur Umsiedlung der Deutschen aus Bessarabien und der Bukowina im Rahmen der faschistischen „deutschen Umvolkungsprogramme“ führten und die damit verbundenen Flüchtlingsbewegungen im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes  beschreibt Hausleitner detailliert. 

Aus der Fülle der Ereignisse und Personen sei hier nur symptomatisch der Aufstieg und Fall von Fritz Fabritius mit seiner „Nationalsozialistischen Selbsthilfebewegung“ erwähnt, der für die schleichende Entmachtung der alten Eliten sorgte. In Siebenbürgen wurden so der evangelische Bischof Viktor Glondys und der Abgeordnete Hans Otto Roth ins Abseits gedrängt. Die endgültige Gleichschaltung aller Organisationen zur „Deutschen Volksgruppe“ erfolgte ab 1940 unter der Regie des Nachfolgers Andreas Schmidt. Nennenswerter Widerstand regte sich allenfalls im katholischen Banat, neben kirchlichem mehr noch durch Sozialdemokraten und Gewerkschafter.

Genannt sei an dieser Stelle Anton Breitenhofer, Kommunist und Gewerkschafter, der durch den strammen Nationalsozialisten Fritz Cloos denunziert wurde. Anton Breitenhofer war nach dem Krieg jahrelang Hauptredakteur des „Neuen Weges“. Der Kronstädter Fritz Cloos leitete die nationalsozialistische Arbeiterschaft in Reschitza, ging nach dem Krieg in den faschistischen Untergrund, geriet in sowjetische Gefangenschaft, arbeitete in Rumänien und nach seiner Übersiedlung in die BRD als Securitatespitzel und bekleidete leitende Posten in der Organisation der Siebenbürger Landsmannschaften, die er im Sinne Rumäniens zu manipulieren wusste.

Der rumänische Holocaust wird an dieser Stelle eher summarisch abgehandelt. Hausleitner konzentriert sich hier auf die Erklärung, warum General Antonescu einerseits die Massaker in Jassy und Odessa, die Deportationen der Juden und Roma in die Lager nach Transnistrien zuließ, bzw. welche Beweggründe - u.a. die Niederlage von Stalingrad - dazu führten, dass die Juden in anderen Landesteilen verschont blieben, obwohl sie auch hier massiven Repressalien ausgesetzt waren. Deportationen nach Auschwitz wurden hauptsächlich aus dem von Ungarn besetzten Teil der Nordbukowina durchgeführt, weshalb die rumänische Geschichtsschreibung sich meist nur auf diesen Teil des Holocaust eingelassen hat. Hilfsaktionen durch jüdische Organisationen mit Unterstützung der USA waren in Rumänien vor allem nach dem politischen Paradigmenwechsel möglich. Erwähnung finden vereinzelte Hilfsaktionen, an denen auch Deutsche beteiligt waren.

Deutsche und Juden im Stalinismus und im rumänischen Nationalkommunismus – 1989

Wesentlich breitere Ausführungen liefert Hausleitner zur Diskriminierung von Deutschen und Juden in der Nachkriegszeit, wobei sie eine Zäsur um 1965 zieht, d.h. beim Übergang von der stalinistisch geprägten Ära der Ana Pauker und des Gheorghe Gheorghiu-Dej zur nationalkommunistischen des Nicolae Ceaușescu.

Nach dem Sturz des Regimes, der kurzen Übergangszeit unter dem jungen König Michael I., begannen sich rasch die Kommunisten durchzusetzen, nicht zuletzt dank des geheimen Churchill-Stalin Paktes, der Rumänien im Tausch mit Griechenland dem sowjetischen Block überließ. Kriegsverbrecherprozesse wurden nur gegen die prominentesten Führer angesetzt und endeten mit einigen Ausnahmen eher mit Freisprüchen oder Begnadigungen. Das gleiche galt auch für die deutschen Täter, viele setzten sich unbehelligt nach Deutschland ab, die wenigsten wurden tatsächlich zur Rechenschaft gezogen. Ausführlichere Dokumentationen der Gräueltaten verschwanden nach kürzester Zeit aus den Bibliotheken oder wurden erst gar nicht zugelassen. 

Die deutsche Minderheit erlitt kollektiv Enteignungen, und die arbeitsfähigen Männer und Frauen wurden als Kompensation für erlittene Kriegsverluste zur Zwangsarbeit für fünf Jahre in die Sowjetunion deportiert, ohne Rücksicht auf ihre früheren politischen Überzeugungen, z.B. als Kommunisten. Hausleitner schildert die genauen Abläufe und Verantwortlichkeiten, auch die Hintergründe, warum es nicht zu einer vollständigen Vertreibung aller Deutschen wie in anderen Ostblockländern kam. 

Bis zur Abkehr Stalins von Israel, das sich 1948 den USA zuwandte, waren Juden unter den kommunistischen Funktionären überdurchschnittlich vertreten. Prominenteste Vertreterin ist hier Ana Pauker, die als Außenministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin jahrelang die stalinistische Politik in Rumänien durchsetzte, bis sie letztlich von Gheorghe Gheorghiu-Dej und seiner sog. „Gefängnisgruppe“ mit Billigung Stalins entmachtet wurde. Jüdische Funktionäre halfen, die Sicherheitspolizei aufzubauen und waren treibende Kraft bei der Deportation der Banater Schwaben in die Bărăgan-Steppe, die auf Grund des Zerwürfnisses zwischen Stalin und Tito durchgeführt wurde. Nach 1948 galten zionistische Organisationen als Instrument des Klassenfeindes. So musste der Leiter des jüdischen Hilfskomitees Filderman bereits 1948 nach Paris fliehen. Im Zuge von Kollektivierungsmaßnahmen wurden Juden wie Deutsche diskriminiert, der Fokus lag nun nicht mehr auf der ethnischen, sondern der sozialen Zugehörigkeit. Die sich daraus ergebende Perspektivlosigkeit führte zu ersten Auswanderungswellen unter den Juden, während die deutsche Minderheit versuchte, langsam wieder Fuß zu fassen. Dabei blieb sie Gegenstand von Verfolgung und Bespitzelung. 

Nach dem Ableben Stalins und der sich anschließenden kurzen politischen Tauwetterperiode, kam es 1957 zu Schauprozessen und Inhaftierungen wie dem Schwarze-Kirche-Prozess um den Kronstädter Stadtpfarrer Konrad Möckel oder dem Schriftsteller-Prozess 1959 um Eginald Schlattner und Hans Bergel, um nur die prominentesten Vertreter zu nennen. 

Bereits unter Gheorghiu-Dej eingeleitet, vollzog sich unter Ceaușescu eine Abkehr von der Sowjetunion, ohne den kommunistischen Pfad zu verlassen. Angestrebt wurden eine größere wirtschaftliche Autonomie und Industrialisierung, die auch westliche Handelsbeziehungen miteinschloss. Legendär die Rede Ceaușescus zum Prager Frühling 1968, die von vielen als Hoffnungsschimmer begrüßt wurde. Trügerisch, wie sich bald erweisen sollte. Hausleitner begleitet den Weg vom relativ aufgeschlossenen sozialistischen Führer zum fast paranoiden Nationalisten, der durch Geschichtsklitterung und Überwachungsapparate seine Version von Rumänien in größenwahnsinnigen Projekten zu verwirklichen suchte. 

Jüdische Kader wurden nun u.a. wegen ihrer Nähe zur UdSSR aussortiert, nicht gebremst wurde allerdings der Exodus nach Palästina, der sich zudem von Anfang an durch Kopfgeldprämien als lukrativer Devisenbringer erwies.  Nun konnten öffentlich auch wieder antisemitische Töne angeschlagen werden, vor allem durch Corneliu Vadim Tudor, Gründer der späteren ultranationalistischen Großrumänienpartei.

Für die deutsche Minderheit ergaben sich relative Entspannungsperioden, in denen kulturelle Betätigung möglich war, so in deutschen Theatern, Zeitungen, Schulen oder auch Schriftstellerzirkeln, die aber bald Bespitzelung und Repressionen ausgesetzt waren. Erwähnt sei hier nur kurz die Aktions-Gruppe Banat oder der Kreis um Herta Müller und Richard Wagner. Auch mit den Deutschen setzte ein schwunghafter Menschenhandel mit Ausreisewilligen ein, der sich im Zuge der Brandt’schen Ost- und Entspannungspolitik beschleunigte und in der Kohl-Ära auch auf Anraten der Landsmannschaften in der BRD eigentlich eine finale Lösung vorsah, sehr zum Ärger der verbliebenen Minderheiten.  Hierzu werden die Berichte des langjährigen Verhandlungsführers für den Freikauf Heinz Günther Hüsch eingebracht. Der Dammbruch mit der massenhaften Auswanderung setzte jedoch erst nach 1990 ein.

Die Widersprüche zwischen dem nach außen beinahe prowestlichen positiven Erscheinungsbild und dem durch Nepotismus und Despotismus zunehmend heruntergekommenen Staatswesen weiß Hausleitner durch anschauliche Beispiele zu verdeutlichen. Proteste durch Menschenrechtsorganisationen, spontane Streiks, die Zerstörung der alten Viertel in Bukarest für einen überdimensionierten Volkspalast, oder Konflikte mit der ungarischen Minderheit wegen der Zerstörung ihrer Dörfer und schließlich in Temeswar wegen der Suspendierung des reformierten Pastors Laszlo Tökös leiteten das Ende ein.

Aufarbeitung der Geschichte von Deutschen und Juden aus Rumänien 

Auf die Behinderung der geschichtlichen Aufarbeitung und die Manipulationen der Landsmannschaften in der Bundesrepublik Deutschland durch Nationalsozialisten und Securitate-Agenten wurde bereits durch die Erwähnung der Karriere des Fritz Cloos hingewiesen.

Ähnliche Lebensläufe kann Hausleitner auch bei Vertretern der Buchenlanddeutschen oder der Banater Schwaben nachweisen, die gänzlich unbehelligt bis in die jüngste Vergangenheit für ein verfälschtes Geschichtsbild sorgten. Begünstigt wurden sie durch die späte Öffnung der rumänischen Archive und die Tatsache, dass die Securitate so ihren Einfluss durch Erpressung wahren konnte. Erst die jüngere Forschergeneration konnte trotz großer Anfeindungen einige Spitzel enttarnen bzw. für eine genauere Aufarbeitung sorgen.

Unter den Folgeregierungen von Ion Iliescu, der sich nicht zuletzt durch die Niederschlagung von Protesten durch Bergarbeiter – Mineriaden – in Bukarest durchsetzen konnte, erstarkten der Antonescu-Kult und nationalistische Bewegungen, wie die von Vadim Tudor. An eine Aufarbeitung des Nationalsozialismus und der kommunistischen Verbrechen war jedoch lange nicht zu denken.

Die Öffnung der Archive und die Aufarbeitung durch die Wiesel-Kommission 2004 im Zuge der Annäherung an die EU brachte eine Wende und einen Prozess in Gang, der bis heute nicht abgeschlossen ist.  Hausleitner belegt das mit einem Hinweis auf die jüngste Affäre um die ungarischen Autonomie-Bestrebungen von 2020, der größten verbliebenen Minderheit in Rumänien. Trotz des deutschen Staatspräsidenten Klaus Johannis, der sich als Präsident aller Rumänen versteht, ist die deutsche Minderheit auf nunmehr 0,3 Prozent geschrumpft und die jüdische auf nunmehr 0,03 Prozent.

Zum Schluss möchte ich auf den zeitgenössischen Film von 2018 „Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen“ des Regisseurs Radu Jude hinweisen. Der Titel zitiert den stellvertretenden Ministerpräsidenten Mihai Antonescu zu den Massakern an den Juden in Odessa von 1941. Das Vorhaben, dieses furchtbare Verbrechen als sarkastischen Weckruf durch eine Laienspieltruppe nachvollziehen zu lassen, geht nach hinten los: statt empathischer Betroffenheit für das grausame Schicksal der Juden, erntet die junge Regisseurin begeisterten Applaus, nicht nur für die wirklichkeitsnahen Pyroeffekte. Bei aller Kritik zeigt das bloße Vorhandensein dieser Filme und ihre positive Aufnahme durch ein junges rumänisches Publikum, das hier eine veränderte Wahrnehmung längst eingesetzt hat.

Hausleitner, Mariana, Selbstbehauptung gegen staatliche Zwangsmaßnahmen - Juden und Deutsche in Rumänien seit 1830; Frank & Timme: 6.4.2021