Ikonen der Zeitgeschichte

Art Safari: Die Deutschlandbilder der Fotografin Barbara Klemm

Farbe lenkt ab vom Wesentlichen...

Vernissage der Ausstellung | Fotos: George Dumitriu

Bilder aus dem geteilten und wiedervereinten Deutschland: Kanzler Kohl in „Zwiesprache“ mit Lenin

Der berühmte „Bruderkuss“ von Honecker und Breschnjew

Frauenproteste in den 70er Jahren

„Barbara Klemms Stärke und Gabe ist es, mit dem Bild mehr zu erzählen, als das, was man sehen kann“, sagt Dr. Peer Gebauer, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, über die Ausstellung „Light and Dark. Photographs from Germany“. Über vier Jahrzehnte lang knipste Klemm, eine der bekanntesten Fotografinnen Deutschlands und Fotoreporterin für die nicht minder bekannte „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) prägende Ereignisse und Persönlichkeiten aus dem geteilten und wiedervereinten Deutschland. 

150 Fotografien umfasst die Ausstellung, die im Rahmen des 30. Jubiläums des Deutsch-Rumänischen Freundschaftsvertrags auf der 9. Ausgabe der „Art Safari“ in den Dacia-România Palast der Bukarester Altstadt mit inzwischen historischen Schnappschüssen locken soll: Der provokante Bruderkuss (1979) zwischen Breschnjew und Honecker, mitten auf den Mund! Helmut Kohl in nachdenklicher „Zwiesprache“ mit einer Lenin-Büste (Historisches Museum Berlin, 1995). Der jähe Freudenschrei von Gerhard Schröder nach der gewonnenen Kanzlerwahl (1998 Bonn).

Den deutschen Zeitgeist spiegeln Alltags-, Straßen- und Fabriksszenen wider, die heute tragikkomisch, skurril oder auch voyeuristisch wirken, Blicke hinter längst verblasste Kulissen der Erinnerung: Drei unscheinbare Ostfrauen mittleren Alters, die verstohlen eine mondän gekleidete Schaufensterpuppe anhimmeln (Leipzig, 1970). Die türkische Gastarbeiterfamilie beim Suppe-Essen (Frankfurt am Main, 1979). Drei Akrobatinnen auf dem Trapez in altmodischen Rüschenbadeanzügen, mit altbackenen Frisuren und gequälten Gesichtern (Rostock, 1974). Der Kunststudent in Feinripp, der im Hörsaal sein winziges Baby füttert (Frankfurt 1990). Momente der Zeitgeschichte wie Mauerfall, Antinuklearproteste oder Demos für Frauenrechte lösen Gänsehautfeeling, Schmunzelmomente und Aha-Erinnerungen aus.

Auch Rumänien hat die heute 82-Jährige, immer noch gelegentlich knipsende Fotokünstlerin dreimal besucht (1972, 1973, 1991)  und verewigt: Leere Wurst- und Käsetheken in Bukarest (1991). Blutjunge Leiche im offenen Sarg (1972). Ländliche Hochzeit, Kartoffelernte, hölzernes Riesenrad beim Dorfrummel, der jüdische Friedhof in Siret, wo ein Hirte mit Kuh vor den wie Zahnstummel in alle Richtungen geneigten Grabsteinen vorbeischlurft (1973). 

Augenblick um Augenblick hat Klemm der forteilenden Zeit entrissen: Gegenwartsmomente, festgenagelt auf dem Brett der Ewigkeit. Konzentrierte Extrakte aus vorbeigeplätscherten Jahrzehnten. Essenz, Schwarz auf Weiß. Gegen Farbfotografie hat sich die Künstlerin zeitlebens gewehrt, erzählt der Kurator der Ausstellung, Matthias Flügge. Vielleicht, weil Farbe ablenkt. Vielleicht aber auch, weil nur die Gegenwart bunt sein kann. 


„Light and Dark. Photographs from Germany“ von Barbara Klemm, wurde von der Deutschen Botschaft Bukarest  in Kooperation mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), dem Goethe-Institut Bukarest und dem Rumänischen Kulturinstitut zum Anlass des 30. Jubiläums des Deutsch-Rumänischen Freundschaftsvertrags realisiert.

Die am 12. Mai eröffnete Ausstellung ist noch bis zum 7. August im Palast Dacia-România in der Lipscani Straße 18-20 zu sehen.