In klösterlichen und profanen Lebensbereichen beheimatet

Der Schriftstellerin Ricarda Maria Terschak zum Gedenken

Foto: Konrad Klein

Die Verfasserin von Kinderbüchern und Jugendliteratur Ricarda Maria Terschak verstarb am 30. September 2012 in ihrem Geburtsort Hermannstadt/Sibiu. Eine zahlreiche Trauergemeinde beteiligte sich am 3. Oktober d. J. an ihrer Beerdigung auf dem katholischen Teil des Hermannstädter Zentralfriedhofs.

Wer einst in die Lage geriet, Ricarda Terschak (geb. 18. Dezember 1929) dem Lesepublikum vorzustellen, anlässlich einer Lesung oder einer Preisverleihung, der musste sich zunächst eingestehen, über nicht allzu viele Gewissheiten hinsichtlich ihres Lebens, ihres Wirkens zu verfügen. Mir jedenfalls wurde dies nicht nur einmal deutlich, konnte ich mich doch nur auf relativ wenige Äußerungen in der Presse oder auf Daten aus dem Begleitmaterial zu Buchveröffentlichungen stützen. Obwohl man einander seit Langem kannte, scheute ich mich, über weniger gängige biographische Fakten bei ihr selbst nachzufragen – es  hätte sie vermutlich befremdet.

Nach und nach ergänzte sich mein Wissen von ihrer geistigen und künstlerischen Existenz. Auskünfte aller Art kamen mir zu, von ihr erteilt oder aus ihrem Umfeld herrührend. Als dokumentarische Bereicherung darf Konrad Kleins in Sachkenntnis und mit Einfühlung entworfenes Lebensbild der Ricarda Maria T. gelten („Siebenbürgische Zeitung“, 10. März 2010).
Und doch, trotz aller Präzisierungen, blieb manches im Ungewissen, und das wird wohl auch in Zukunft so sein. Vermutlich hängt das kaum Definierbare ihres Seins damit zusammen, dass sie sich, jeweils mit ganzer Kraft, recht unterschiedlichen Bereichen der Erziehung, sozialen Fürsorge, der Religion und Kunst zuwandte, sich dann aber plötzlich von einzelnen Tätigkeiten auch wieder lösen konnte.

Bei Einschätzung ihres Wesens hat man außerdem zu beachten (und auch dadurch wird die Aufgabe des Porträtisten komplex): Trotz aller Wechsel, mitunter verursacht von beruflichen Verpflichtungen, von angestrebter und bisweilen energisch erkämpfter Existenzsicherung, war sie stets auf Glaubensvorstellungen ausgerichtet.
Die Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche prägte die Ausbildung der jungen Ricarda Maria nachhaltig. Sie besuchte die Klosterschule der Ursulinen in Hermannstadt und wurde hierauf in Temeswar in den Orden der Benediktinerinnen aufgenommen. Die Schulreform 1948 sowie die drastischen Reduktion klösterlicher Einrichtungen drängten sie vom geistlichen Dasein in profanere Gebiete ab. Erst nach der politischen Wende konnte sie sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen und in Temeswar ein Theologiestudium absolvieren.

Ricarda Terschak arbeitete als Hilfslehrerin, sie war als Graphikerin im Brukenthal-Museum bzw. im Museum Bäuerlicher Technik angestellt; in der Neuro-Psychiatrischen Klinik setzte sie sich erfolgreich für Arbeitstherapie ein. Gesellschaftliche Fürsorge lag ihr am Herzen, die Betreuung von Waisen, von verlassenen Kindern, von Alten, Behinderten und Armen.
Erzieherische Neigungen und Verständnis für Heranwachsende brachten sie zur Kinderliteratur. In den 1970er und zu Beginn der 1980er Jahre wie auch in den letztverstrichenen Jahren sind von ihr eine ganze Reihe von Büchern gedruckt worden, die recht verbreitet und beliebt waren: „Drei Kinder und ein Dackel“ (1974), „Der Meteorit mit dem Edelstein“ (1976), „Der Kater in der Badewanne“ (1977), „Katrin“ (1980), „Die Zauberin Uhle“ (1980), „Elmolin“ (1985), „Die Bunte Omi“ (2000) und „Bootzi, ein Junge von elf Jahren“ (2004, Preis der Hermannstädter Filiale des Rumänischen Schriftstellervebandes).

Sie fühlte sich auch von der Jugendliteratur angezogen und veröffentlichte in dieser Sparte die beiden Romane „Verzeihung, brauchen Sie dies Brett?“ (1979, Preis des Schriftstellerverbands) und „Brennende Schwalbe“ (1985).
Zu Beginn der 1980er Jahre entdeckte sie für sich eine anziehende und doch auch fragwürdige Gestalt aus der siebenbürgischen Geschichte, den Hermannstädter Königsrichter und Sachsengrafen Johann Zabanius Sachs von Harteneck (1664-1703). Ricarda Terschak sah alte Handschriften durch, die von ihm und Zeitgenossen übergeblieben waren, sie sichtete verschiedene Dokumentationen, sie sprach angeregt von ihm – kurz, sie stand in seinem Bann. In einem Roman wollte sie Hartenecks Lebensgeschichte erzählen, manches brachte sie zu Papier und legte Entwürfe im Hermannstädter Literaturkreis vor. Dann aber ließ sie davon ab, sie kam den eigenen gestalterischen Vorsätzen nicht nach. Mag sein, dass sich ihr das Schicksal eines in Untat und Schuld zu Fall gekommenen Einzelkämpfers als unergründbar erwiesen hatte.
Ricarda Terschaks geistige Neugier richtete sich indes auf andere Ziele. Aus dem Deutschen übersetzte sie Arbeiten von Edith Stein (1891-1942) ins Rumänische. Diese Philosophin hatte als Karmelitin einem Orden angehört, dem Ricarda Maria in ihren letzten Lebensjahren innerlich zutiefst verbunden war.