Jazzfestival für ein allgemeines Zerstreuungsbedürfnis

Europäische und südamerikanische Formationen bedienten in Hermannstadt globalen Mainstream

Die aus Spanien angereisten Musiker Juanfe Pérez (E-Bassgitarre), Javier Rabadán (Schlagzeug) und Sergio de Lope (Querflöte) hatten leichtes Spiel mit dem Publikum des Sibiu Jazz Festival. Foto: der Verfasser

Abends an den ersten vier Tagen nach den Eisheiligen Pankratius, Servatius, Bonifatius und Kalte Sophie machte das Wetter in Hermannstadt/Sibiu die Stimmungsübungen der 49. Auflage des internationalen Sibiu Jazz Festival unter einem Zeltdach auf dem Großen Ring/Piața Mare wind- und widerstandslos mit. In gespannter Vorerwartung der nächstjährigen Jubiläums-Festivalauflage testeten Zuschauer, Veranstalter und zehn Ensembles aus Europa, Südamerika und dem Nahen Osten den Glüheffekt ihrer Musikwerkstätten, deren Töne im Jahr 2020 in Höchstform am Nachthimmel Hermannstadts entlangziehen sollen. Ștefan Naftanailă, Musikredakteur des Kulturkanals der Rumänischen Rundfunkanstalt (Radio România Cultural) für das Fachgebiet Jazz, moderierte die Abendveranstaltungen im jeweils voll besetzten Großzelt am Großen Ring, das der betreffenden Stilrichtung im Vergleich zum lokal-klassischen Thaliasaal, Austragungsort der Sibiu Jazz Competition im November 2018, eine ungleich passendere Kulisse bot.


Das rings um die Zeltaußenwand aufgestellte Gaumenangebot italienischer, asiatischer, mexikanischer und US-amerikanischer Herkunft war nicht weniger bunt als die musikalische Programmauswahl selbst. Künstlerische Repräsentanten des Gastgeberlandes Rumänien waren die „Adi Bărar Band“ und das „Cristian Soleanu Quintet“. Belgien wurde von den Mitgliedern des Quintetts „Broes“ und Luxemburg von drei Schlagzeug, Kontrabass und Saxophon spielenden Interpreten der „Jeff Herr Corporation“ vertreten. Fünf Musiker, die sich 2005 im norwegischen Oslo unter dem fesselnden Namen „Electrocutango“ zu einer Formation zusammengeschlossen hatten und ihren Wirkungsort daraufhin nach Buenos Aires verlegten, gaben dem Hermannstädter Jazzfestival eine lateinamerikanische Note, die durch den Auftritt des Septetts „Conexion Cuba“ verstärkt zum Vorschein gelangte. Aus dem ehemals imperialen Österreich war das Quintett „Jazzodrom“ zu Gast, deren Mitglieder dank Unterstützung der Rumänien-Filiale des Österreichischen Kulturforums in Hermannstadt auftraten. Hilfe einer diplomatischen Vertretung war auch dem Trio „Shalosh“ versprochen worden, das mit Förderung der Botschaft Israels in Rumänien an dem Sibiu Jazz Festival teilnahm. Mit einem Wiedersehens-Gruß wurde das auf Schlagzeug, Kontrabass und Vibraphon spielende „Marcin Pater Trio“ (Polen) empfangen, das die Sibiu Jazz Competition 2018 für sich entschieden hatte. Keine geisttötende Langeweile, aber auch nichts Neues hinsichtlich interpretatorischer Eigenheit zeigten die Mitglieder des spanischen Quintets „Sergio de Lope“. Die Lautstärke der 49. Auflage des Sibiu Jazz Festival erzeugte weder abendliche noch nächtliche Lärmbelästigung im Zentrum der Altstadt, konnte aber auch laienhafte Ohrenpaare davon überzeugen, dass qualitätsvoller und kommerzieller Jazz nicht zwangsläufig zusammengehen müssen.