JazzTM: Ein Festival etabliert sich

Guter Musikgeschmack will früh gelernt sein

Der zweifache Grammy-Gewinner Bill Laurance trat in diesem Jahr bei JazzTM auf.
Foto: Zoltán Pázmány

„Wenn ich meinen Londoner Freunden erzähle, dass ich in Temeswar einem Open-Air-Konzert von Chick Corea beigewohnt habe und dieses sogar kostenlos war, werden sie nicht schlecht staunen“, sagt die junge Frau, die gerade Urlaub in Rumänien macht. Mihaela (37) ist vor vielen Jahren nach Großbritannien ausgewandert, sie ist inzwischen britische Staatsbürgerin, lebt und arbeitet in London. Aus ihren Worten ist Bewunderung herauszuhören – für ein Ereignis, das sich inzwischen auch über die rumänischen Grenzen hinaus zeigen lassen kann.

Temeswars Jazzfestival, das fünfte JazzTM, ging am ersten Juli-Wochenende über die Bühne. Es ist ein Fest, das von der Kommune ins Leben gerufen wurde und aus eigenen Mitteln sowie mit Unterstützung von Sponsoren finanziell getragen wird. Ein Ereignis, das sich nicht nur an Jazzfans richtet, sondern an alle, die an guter Musik Gefallen finden. Schließlich handelt es sich um Open-Air-Konzerte, die dem Publikum kostenlos angeboten werden. Äußerst bewundernswert waren in diesem Jahr die Zuschauer, die den gesamten Platz vor der Oper füllten und sich exemplarisch, beinahe wie richtige Jazzkenner, verhielten. Sie lauschten mit Freude und ließen sich von den Künstlern in ihren musikalischen Bann schlagen. Alle Sitzplätze waren voll besetzt – hinzu kamen jene Menschen, die stehend zuhörten. Besonders erfreulich: Sehr viele junge Leute waren dabei und Jazzfans aus anderen rumänischen Städten, wie etwa Bukarest und Arad, waren allein für das Festival in die Hauptstadt des Banats gereist. Für Touristen aus dem benachbarten Serbien und Ungarn könnte das JazzTM gewiss eine großartige Attraktion darstellen – eine Voraussetzung ist allerdings die grenzüberschreitende Werbung, wobei ein erster Schritt die bereits bestehende Webseite in englischer Sprache (www.jazztm.ro) ist.

Besonders erfreulich ist seit einigen Jahren die Tatsache, dass die Veranstalter einen Termin gewählt haben, der sich mit dem Internationalen Jazzfestival in Wolfsberg/Gărâna nicht überlappt. Das war beim ersten JazzTM der Fall – die Auflage, bei der Konzertkarten verkauft wurden, und die sich trotz der eingeladenen Jazzgrößen nicht des erhofften Erfolgs erfreute. Inzwischen hat es die Kommune verstanden, dass die beiden Festivals gut nebeneinander stattfinden können – ein Gewinn für alle Jazzfreunde, die es an diesem Wochenende nach Wolfsberg/Gărâna ins Banater Bergland verschlägt, wo das 21. Internationale Jazzfestival über die Bühne geht.

Dass Jazz-Größen wie Chick Corea oder Monty Alexander in Temeswar auftreten, ist entschieden eine gute Sache. Pessimisten könnten daran auszusetzen haben, dass man die Menschen daran gewöhnt, etwas Großartiges kostenlos serviert zu bekommen und diese dann für kleinere Acts lokaler Künstler keine Konzertkarten mehr kaufen würden. Doch Optimisten sehen gerade darin eine große Chance für die Jugend, die meist Musik minderer Qualität gratis serviert bekommt. Wenn junge Leute – Kinder, Schüler und Studierende – frühzeitig mit hochwertiger Musik in Kontakt kommen, wird der gute Geschmack geschult. Und der Appetit auf Jazz geweckt. Die Jugend, die heute bei JazzTM dabei ist, ist das erlesene Jazzpublikum von morgen, das gewiss auch Konzertkarten kauft. Temeswars Jazzfestival ist definitiv ein Aushängeschild für die europäische Kulturhauptstadt 2021, deren touristisches Potenzial in einigen Jahren noch mehr ausgeschöpft werden sollte.