Kapellmeister Heinrich Weidt im Banat (III)

Opernkomponist und Kapellmeister in Temeswar

Temeswarer Hotel Kronprinz, in dessen Festsaal zahlreiche Konzerte stattfanden.

Titelseite des Programmheftes vom ersten Konzert der Philharmonie (8. Dezember 1871)

Heinrich Weidt, als Kapellmeister des Temeswarer Philharmonischen Vereins (1871)

Der Nachfolger Kleers als musikalischer Leiter der Temeswarer Oper für die Zeitspanne 1867-1872 war Heinrich Weidt. Aus Temeswarer Berichten erfahren wir, dass er bis zum Jahre 1867 u. a. auch am deutschen Theater in Pest als Kapellmeister tätig war. Im Jahre 1869 widmete er „seinem lieben Freunde August Pummer“, dem ersten Präses des Temeswarer Philharmonischen Vereins, eine Sammlung von Kompositionen für eine Singstimme mit Klavierbegleitung. Sämtliche Lieder sprechen nicht nur von einem beachtlichen kompositorischen Talent und dem dazu nötigen handwerklichen Können Weidts, sondern auch von einer unbegrenzten Phantasie an musikalischen Ideen. Den Widmungen nach hatte Weidt gute Kontakte zu bedeutenden Solisten und Persönlichkeiten seiner Zeit.

August Pummer, der Widmungsträger dieser Sammlung, kam am 8. Dezember 1837 in Temeswar zur Welt und starb 1893. Seine Familie stammte aus Parndorf (Burgenland), wo sein Vater als Gastwirt tätig war. Ab 1865 war er Besitzer der Pummer´schen Bierhalle am Sankt-Georgs-Platz in Temeswar. Pummer war in den Jahren 1871-1893 Präses des Temeswarer Philharmonischen Vereins und der Hauptinitiator in der Gründung dieser Gesellschaft: In seiner Bierhalle wurde am Abend des 21. Oktober 1871, nach mehrmaliger Wiederholung des Männerchores „Die Thräne“ von Franz Witt, der Philharmonische Verein gegründet. In den schwierigen Auseinandersetzungen der siebziger und achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts bezüglich der Sprache des Vereins konnte er taktvoll diese Streitigkeiten schlichten. Heinrich Weidt widmete August Pummer das Lied „Heimkehr“, op. 105, nach einem Gedicht von G. Reifert, das in Henry Litolffs Verlag, Braunschweig, erschienen ist.

Heinrich Weidts Name erscheint in einem Antrag einiger Temeswarer Bürger vom 14. März 1869 an das hohe königliche Ministerium in Pest. Diese Gruppe von Bürgern wollte in der Banater Hauptstadt eine Freimaurerloge nach dem Vorbild jener aus Pest gründen, in der vermutlich Heinrich Weidt bereits Mitglied war. Man wollte die zukünftige Tätigkeit dieser Temeswarer Loge „zur Ehre Gottes und zum Wohle der Menschheit“ ausüben. Unterzeichnet wurde diese Schrift u. a. von Eduard Reimann, dem Direktor des Königlich-Freistädtischen Theaters in Temeswar, und von Heinrich Weidt als „Capellmeister der serbischen Cathedralkirche in Temesvár“.

Bereits 1871 gründete Heinrich Weidt in Temeswar ein Dilettanten-Orchester, das sich einer großen Unterstützung durch die Musikliebhaber erfreuen konnte. Die Leistungen des Orchesters waren beachtlich. Man verband mit dem Lob den „zeitgemäßen Wunsch, daß das nun einmal gewonnene Dilettantenorchester auch beisammen bleiben möge“, denn Sinfonieorchester und Liedertafel seien eben das, was man bisher im Temeswarer Musikleben vermisst hat.

Im Jahr des 25. Gründungsfestes des Temeswarer Philharmonischen Vereins (1896) verfasste Friedrich Krämer als Sekretär dieser Institution eine kurze Geschichte der Philharmoniker. Darin finden wir öfter auch den Namen Weidts erwähnt. Die Unterschrift Heinrich Weidts finden wir auf zahlreichen Protokollen und selbst auf der Gründungsurkunde des Philharmonischen Vereins vom 21. Oktober 1871.

Neben dem damaligen Temeswarer Domkapellmeister Wilhelm Franz Speer wirkte Weidt als zweiter Dirigent des Philharmonischen Vereins. Kurze Zeit nach der Vereinsgründung begannen die Proben für das erste Konzert, das am Freitag, dem 8. Dezember 1871, im Städtischen Theater stattgefunden hat. Aufgeführt wurde „Die Frithjofs-Saga“ von Max Bruch und die Komposition des Dirigenten Heinrich Weidt „Der Taucher“, op. 91. Die Librettohefte dazu erschienen bei Ernest Steger in Temeswar. Leider ging das Aufführungsmaterial wie auch jedwelche musikalische Spur von Heinrich Weidts „Taucher“ verloren. Lediglich aus dem Textheft ist ersichtlich, dass die Bearbeitung des Schillerschen Textes von Wilhelm Becker stammt und das große Werk für Männerchor, Soli und Orchester dem ungarischen Magnaten Nicolaus Kiss de Ittebe gewidmet wurde.

Laut dem Bericht der „Temesvarer Zeitung“ vom 21. Juni 1872 sollte der Philharmonische Verein auch ein Konzert im benachbarten Arad geben. Zur Aufführung sollten u. a. „im hiesigen Theater zwei große weltliche Oratorien“, gelangen, „darunter (...) eine Novität des auch in weiteren Kreisen als Kompositeur geachteten Vereinsdirigenten H. Weidt“.

Am 12. Juli 1872 erschien in der „Temesvarer Zeitung“ ein ausführlicher Bericht über die Situation des Temeswarer Philharmonischen Vereins, den möglichen Weggang des Chorleiters Heinrich Weidt und die bevorstehende Gründung der Musikschule. Es scheint so, als wäre die ganze Stadt nur mit dem einen Thema befasst gewesen: Wie kann man Chormeister Weidt noch an Temeswar binden? Oder liegt ihm gar nichts daran, hier weiterhin tätig zu sein? Auslöser dieser Nachricht war vermutlich die Ankündigung im „Wiener Neuen Fremden-Blatt“ von einem Engagement, das Heinrich Weidt in Wien angeboten wurde: „Der Temesvarer Kapellmeister Weidt wurde für die italienische Oper des Direktors Pollini engagirt.“ Ob aber tatsächlich Weidt dieses Angebot angenommen hat oder ob er nur als Gastdirigent in Wien aufgetreten ist, bleibt ein Rätsel.