Künstlerischer Ausdruck durch modernste Technik

Paul Popescu und Ioana Calen erzählen von ihrem Projekt

Die Teilnehmer des Workshops beim Bau des Theremins
Fotos: Ben Uhder

Zwei Lötkolben, ein Karton voller kleiner Lautsprecher, der Geruch von Lötzinn liegt in der Luft. Etwa 20 Besucher sitzen im Halbkreis und schauen zu, wie Paul Popescu einen Draht mit einer Platine, einem elektrischen Schaltkreis, verbindet. Das Bukarester Modulab lud im Zuge des Innersound-Festivals vom 17. bis zum 20. September 2014 in Bukarest, zu einer Werkstatt ein. Im Programmheft steht, es solle eine Art Mini-Theremin gebaut werden. „Es ist aber eher eine Art „Geräuschemacher als ein Theremin“, sagt Ioana Calen, die Modulab 2008 zusammen mit Popescu ins Leben gerufen hat. Zuvor war sie als Journalistin tätig, wodurch sie Popescu kennenlernte. Popescu ist Autodidakt und hat sich auf multimediale Kunst spezialisiert.

Das Modulab versteht sich als multimedialer Kunstraum, als „interdisziplinäre Plattform zwischen Kunst, Technik und Design“, wie Calen erklärt. Es liegt im Nordosten der Stadt. Versteckt hinter einem hohen Eisentor befinden sich ein Garten und ein großes Atelier. Das Atelier haben sie selbst gebaut und auch einen kleinen Tresen, hinter dem Kaffee für die Teilnehmer zubereitet wird. Alles in und um das Modulab entstand in Eigeninitiative. „Es ging uns nicht nur darum, einen Ort für eigene Projekte zu schaffen, sondern auch darum anderen Künstlern und Designern einen Ort für die Verwirklichung ihrer Projekte zu bieten.“, sagt Calen.

Modulab hilft aber nicht nur mit Räumlichkeiten aus, sondern steht auch mit technischer Unterstützung zur Seite.

Die Motivation für das Projekt liegt einem postkapitalistischen Gedanken zugrunde: Das Ziel sei es, eine Gemeinschaft zu schaffen, die auf Teilen und gegenseitiger Unterstützung basiert. Zusammen mit anderen Künstlern, Computerexperten und Designern entwickeln sie neue Programmiersprachen und multimediale Darstellungstechniken. Designs werden nach dem Open Source Prinzip im Internet kostenlos öffentlich zugänglich gemacht.

Wissen zu teilen  ist ein wichtiger Aspekt der Plattform. Deshalb liegt den Machern ihr Projekt „Future Garden“ sehr am Herzen. Hier werden Workshops und Vorträge zum Thema Design und Technik angeboten, denn auch die breite Öffentlichkeit ist eingeladen, sich am Modulab zu beteiliegen. „Wir veranstalten Workshops auf verschiedenen Niveau-Stufen. Unter anderem  können sich die Teilnehmer des Möbelbau-Workshops ihren DIY Stuhl mit nach Hause nehmen“, sagt Calen.

Finanziert wird Modulab zum Teil durch den Nationalen Kulturfonds (Administraţia Fondului Cultural Naţional), aber auch durch kommerzielle Auftragsarbeiten. Auf klassisches Marketing und Kundenakquise wird jedoch verzichtet. Wer mit Modulab zusammenarbeiten möchte, muss auf sie zukommen. „Die Priorität liegt bei unseren kulturellen Projekten“, sagt Calen. Und auf diesem Gebiet konnte das Trio auch schon diverse Erfolge für sich verbuchen. Unter anderem durch die medienkritische Installation „Leeks”, die 2012 auf dem Piksel New Media Art Festival in Bergen, Norwegen, ausgestellt wurde. Dabei verbanden sie den Newsfeed von Wikileaks, dem Nachrichtenticker der Webseite, mit verschiedenen Röhren, durch die eine Flüssigkeit geleitet wurde. Einzelne Meldungen werden dabei wie Morsezeichen dargestellt, die den Strom immer wieder unterbrechen. Die Meldungen werden dabei variiert und gestückelt bis sich die eigentliche Information auflöst. Ähnlich wie bei Nachrichten die ihren Ursprung beim Durchlaufen verschiedener Kanäle verlieren.

Auch im Bukarester Museum für Zeitgenössische Kunst MNAC ist Modulab regelmäßig vertreten. Derzeit ist dort die interaktive Installation „FluO” zu bewundern. Es ist ein von der Harfe inspirierters Instrument, das reagiert, sobald  der Besucher die fluoreszierenden Wassertropfen des Objektes berührt..

Ein weiteres Projekt mit dem Titel „Symbiomorphogenesis“ setzt sich mit Fragen des Transhumanismus auseinander. Vereinfacht geht es dabei  um die Symbiose von Technik und Mensch.

„Symbiomorphogenesis“ entstand in kollektiver Zusammenarbeit. In technischen Workshops aber auch Gesprächsrunden mit Spezialisten aus Philosophie und Technik entstand die Idee für eine Installation bestehend aus künstlichen Muskeln , die nur durch menschliche Interaktion reagieren. Gleichzeitig zwingen sie den Mensch aber auch zur Interaktion, indem sie ihren Raum verteidigen. Eine Metapher für die Beziehung von Mensch und Technik. Sie soll die Frage aufwerfen, wer eigentlich wen kontrolliert. „Künstlerischer Ausdruck kann nicht nur in Wort und Bild sondern auch durch Interaktion mit Technik stattfinden.“ fügt Calen noch hinzu.

Paul Popescu hat die Platine inzwischen mit einem Lautsprecher und einer Batterie verbunden. Mit einem Kabel schließt er den Stromkreis und es ertönt ein schiefes Geräusch.  Es erinnert an zeitgenössische Avantgarde-Musik. Einige Teilnehmer blicken fragend. Ist das etwa schon die Musik?