Punk im Palast

„Geniale Dilletanten“ eine Ausstellung des Goethe-Instituts

Blick in die Ausstellung
Foto: Michael Marks

Leider entfällt der „Dilletant-Brunch“ am 26. Juni, mit dem die Ausstellung „Geniale Dilletanten – Subkultur der 1980er-Jahre in Deutschland“ im Museum für moderne Kunst (MNAC) ihren fulminanten Abschluss finden sollte. Bis dahin können sich die Besucher durch Devotionalien der deutschen Punk-Szene, bzw. der Vorläufer der erfolgreichen „Neuen Deutschen Welle“, Kurzfilme, Fotowände und natürlich Audiotapes in die Welt der 80er versetzen lassen. Zusammengetragen wurde dies alles von der Kuratorin Mathilde Weh im Auftrag des Goethe-Instituts für eine Wanderausstellung, die bereits in München und Minsk zu sehen war. Ergänzt wurde das Programm durch ein Dilletanten-Festival am 10. und 11. Juni, wohl in Erinnerung an das titelgebende legendäre Konzert im Berliner Tempodrom 1981(der orthographische Fehler findet hier seine historische Erklärung) bei der mehrere rumänische und deutsche Formationen (u.a. Las Poftas, Raizing Hell, TBA oder Chris Imler) auftraten und mit ihrem Sound die Palastwände erzittern ließen und die Magenwände der Zuhörer in Vibrationen versetzten.

Passend konnten Einspieler an der Wand im Hintergrund verfolgt werden, in denen im feinen Tweedkostümchen eine Kommentatorin die künstlerische Relevanz der „Einstürzenden Neubauten“ erklärte und Blixa Bargeld darüber philosophierte, warum er unbedingt 1983 im „Goldenen Saal“ auf dem Reichsparteitag in Nürnberg spielen musste.

Die „Sexpistols“ und Vivien Westwood sind längst Gegenstand musealer Betrachtung, da lag es nahe, die Zeit des Übergangs auch in Deutschland näher unter die Lupe zu nehmen. Der Mainstream - auch der Begriff kam erst in dieser Zeit auf, um die herrschende Mode zu benennen - bewegte sich zwischen Cocktails, Kokain, dem Disko-Sound von Modern Talking und den Helden der Wallstreet, den Untergrund zu definieren fiele schon schwerer. Es gab noch keine Berliner Republik, die Partei der Grünen startete in Frankfurt durch, das Wendland erklärte sich zur Freien Republik und auf den Bonner Rheinwiesen demonstierten BAP und Beuys gemeinsam gegen den Nato-Doppelbeschluss.

Aber die Party-Szene in Berlin war bereits legendär. Übergänge zwischen Kunst, Mode und Musik verliefen fließend. Dass Martin Kippenberger hier als tonangebend aufgeführt wird, der den Club SO36 in Berlin gründete, als Freiraum für die Kunst- und Musikszene, ist bezeichnend. Kippenberger galt immer als „enfant terrible“ der Kunstkritiker, nicht so sehr wegen seines exzessiven Lebensstils, sondern vor allem, weil er zwischen den verschieden Genres und Stilen irrlichterte, die Kunstkritik damit ad absurdum führte. Namen die auch damals kaum einem Zeitgenossen geläufig waren, wie die Berliner Performance-Künstler„die Tödliche Doris“ oder „der „Plan“ aus Düsseldorf stehen hier neben bekannten Marken wie DAF (Deutsch-Amerikanische Freundschaft) oder eben den „Einstürzenden Neubauten“. Eher authentisch und schlecht als perfekt durchgestylt, war nicht nur das Motto der Punker. Raum für Kreativität durch Verweigerung jeglicher Professionalität. Der heutige allgegenwärtige Dualismus zwischen selbstoptimierten Avataren und amateurhaften Bloggern und YouTube-Stars nahm hier seinen Ausgang.