Schwieriger Wiederaufbau verwüsteter Gebiete

ADZ-Serie Geschichte Siebenbürgens: Hintergründe und Folgen der Mongoleninvasion von 1241-1242 (Teil 4/5)

Die Michaelskirche in Karlsburg/Alba Iulia
Foto: George Dumitriu

Die Michaelskirche in Karlsburg/Alba Iulia
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König Stefan I. gründete das Bistum von Karlsburg.
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Der Mongoleneinfall spornte viele sächsische Gemeinden an, Fliehburgen zu errichten – hier die Festung von Rosenau/Râșnov
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Die Bartholomäuskirche in Kronstadt heute
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Die Kathedrale in Karlsburg/Alba Iulia wurde 1308 wieder aufgebaut, wie Dokumente aus einer späteren Gerichtsverhandlung über erneute Schäden belegen, diesmal durch sächsische Adlige, die gegen die Zollpflicht des Bischofs rebellierten. Der von den Mongolen zerstörte ursprüngliche Bau war im romanischen Stil errichtet worden, möglicherweise nachdem das Bistum 1009 von Ungarns neuem König Stefan I. etabliert worden war. Der heutige, beeindruckendere Bau mit romanischen und gotischen Elementen wurde 1246 begonnen und 1291 vollendet.

Ein weniger gut dokumentiertes Schicksal, ähnlich dem der Kathredrale von Karlsburg, ist das der Bartholomäuskirche in Kronstadt/Brașov. 1241 wurde mit dem Bau in romanischem Stil begonnen, nach der Mongoleninvasion wurde sie im frühgotischen Stil vollendet.

Verlagerung von Siedlungen

Über den Einfall der Tataren ins Burzenland und die Ermordung der lokalen Armee gibt es nur eine allgemeine Beschreibung. Strukturelle Schäden, etwa in Kronstadt, werden darin nicht erwähnt. Es gibt jedoch Hinweise, dass die Bewohner der Stadt aus Sicherheitsgründen ihre Häuser in einer höher gelegenen Hügelgegend wiederaufgebaut haben, heute im Kern der Stadt.

Möglicherweise wurden zwei sächsische Siedlungen, Arlsdorf und Toindorf im Burzenland, die vor der Mongoleninvasion existierten, zerstört, aber nicht wieder aufgebaut. Die Bewohner, falls welche übrigblieben, könnten statt dessen aus dem Bedürfnis nach einer Zufluchtstätte Zeiden/Codlea errichtet haben, das nahe an der Festung Schwarzburg liegt. Diese war vom Deutschen Ritterorden, 1211 vom ungarischen König Andreas II. als Grenzschützer und Missionare ins Burzenland eingeladen, während ihres 14-jährigen Aufenthalts in der Gegend errichtet worden. Das Szenario bleibt jedoch spekulativ, denn die Schwarzburg wird erst 1265 erstmals dokumentarisch erwähnt und Zeiden rund hundert Jahre später, 1377. Falls es jedoch so gewesen sein sollte, dass die beiden Gemeinschaften sich an einem Ort in einem sichereren Umfeld gemeinsam niederließen, dann hat sich diese Entscheidung in Bezug auf spätere Mongolen- und Osmanen-Einfälle gelohnt.

Die Festung Szent Leleukh

König Bela beauftragte 1251 den Woiwoden Laurentius, den er nach Siebenbürgen entsandt hatte, um nach dem Mongolenüberfall die Ordnung wieder herzustellen, mit dem Wiederaufbau der alten königlichen Festung, die damals Szent Leleukh hieß. Die Verteidigungsanlage war von den Mongolen offenbar völlig zerstört worden, denn in der Beschreibung der rumänischen Gemeinde Sânzieni, zu der sie gehörte, ist sie nicht einmal erwähnt. Nur ungarische Quellen belegen ihre Existenz unter verschiedenen Namen: Szent Lölek, Szent Lelek und Kezdiszentelek. Die Festung wurde wiederaufgebaut und später wahrscheinlich an eine Adelsfamilie verliehen oder verkauft, sie wechselte mehrmals den Besitzer. Im 15. Jahrhundert zerstörten sie dann die Türken und sie wurde abermals neu aufgebaut. Heute ist nur noch eine Ruine übrig.

Errichtung von Fliehburgen

Der Mongoleneinfall spornte viele sächsische Gemeinschaften, Fliehburgen zu errichten: Festungen, in denen die Bewohner der umliegenden Dörfer im Angriffsfall rasch Zuflucht suchen können. Solche Burgen entstanden zum Beispiel in Rosenau/Râșnov und Winz-Burberg/Vințu de Jos-Vurpăr, wo sich zwei Gemeinschaften die Fliehburg teilten und als Kombination ihrer Namen Urwegen/Gârbova nannten. Diese und andere Fliehburgen retteten während des nächsten Mongoleneinfalls 1285, aber auch späteren Mongolen- und Osmanenangriffen, zahlreiche Leben.

Die Fliehburgen hatten 15 mal 15 mal 15 Fuß große Lager für Lebensmittel und andere Vorräte für jede Familie, kleine Wohnräume, eine Kapelle und ein kleines Schulgebäude, sodass die Bewohner auch längerdauernde Belagerungen überstehen konnten. Die Rosenauer Burg wurde wahrscheinlich während der 14-jährigen Anwesenheit der Deutschen Ritter erbaut, anfangs aus Holz, doch nachdem die Mongolen sie niedergebrannt hatten, aus Ziegel und Stein. Sie ergab sich nur einmal, 1612, aus Wassermangel, weil der Feind den außerhalb der Mauern gelegenen Brunnen entdeckt hatte. Daraufhin wurde 1612 der 480 Fuß tiefe innere Brunnen gegraben. Die Fliehburg wurde zuletzt 1848-1849 als solche genutzt, als ungarische Revolutionäre die sächsischen Dörfer angriffen, die sich auf die Seite des kaiserlichen Wiens geschlagen hatten.

Repopulationsbemühungen

Nach dem Abzug der Mongolen kehrte auch König Bela IV. aus seinem kroatischen Exil zurück und ergriff Maßnahmen zur Beseitigung der vom Eindringling angerichteten Schäden. Neben den Tötungen hatten den Gemeinschaften auch von den Mongolen mitgebrachte Krankheiten zugesetzt. Der Verlust so vieler Leben veranlasste König Bela, „Botschafter auszusenden und an alle Nachbarländer (die nicht selbst betroffen waren) Briefe zu schreiben, um Siedler in die verlassenen Gebiete einzuladen, Männer aller Stände, Bürgerliche und Adlige. Vor allem Deutsche  kamen diesem Aufruf nach, und der König verlieh ihnen Privilegien, die sie in ihren Heimatländern nicht hatten, wie spezielle Besitzrechte und Handelsfreiheit im ganzen Königreich.

Für Siebenbürgen, wo ungefähr zwei Drittel der Sachsen bereits spezielle Rechte genossen, bedeutete dies eine Ausweitung derselben auf einige der verbliebenen Gemeinschaften, die aus den ein oder anderen Gründen diese nicht erworben hatten. Diese wurden gezielt nach dem Bedarf an Ersatz für menschliche Verluste in ihren Reihen ausgewählt. Ein dokumentiertes Beispiel ist die 1248 erfolgte Zuerkennung des Woiwoden Laurentius an die Sachsen von Winz und Burberg, die Wälder, Gewässer und Weiden mit demselben Recht wie die Hermannstädter Provinz zu nutzen, einschließlich aller anderen Privilegien.
Unklar ist, wie viel mehr Deutsche sich auf diese Maßnahmen hin in Siebenbürgen ansiedelten. Bekannt ist die Ankunft von deutschen Siedlern wie den Sachsen, die 1150 begonnen hatte und bis zum Ende des 13. Jahrhunderts andauerte.

Zeugen grausamer Tode

Was dagegen gut dokumentiert ist, ist die Todesart der Opfer der Mongoleninvasion.

Die meisten Historiker sind sich übrigens einig, dass die von zeitgenössischen Chronikern angegebenen Toten übertrieben sind. Großangelegte Ausgrabungen brachten ans Licht, wie die Menschen gestorben sind. Ein solcher Fund wird von Maria Vargha („Hoards, Grave Goods, Jewellery“ wie folgt beschrieben: „In jeder der zerstörten Siedlungen ist der Krisenmoment auf eine andere Weise erhalten. Ein ausgegrabenes Haus verriet, dass dort nicht nur die Bewohner desselben, sondern des ganzen Dorfs Zuflucht gesucht hatten, um anschließend darin verbrannt zu werden.“ Anmerkung: Der Verfasser zeigt in seiner Originalschrift ein Bild mit in einem Ofen zusammengedrängten Skeletten. Dorthin hatte sich eine Familie während des Angriffs versteckt und war zu Tode gekommen. Lesen Sie weiter in Folge 5 am nächsten Freitag.

Übersetzung aus dem Englischen und redaktionelle Anpassung: Nina May