Sie brachten Gold, Weihrauch und Myrrhe

Die drei Weisen aus dem Morgenland legten dem Jesuskind kostbare Schätze zu Füßen

Apotheker Gottfried Satran holt sich den Weihrauch im Oman persönlich ab. Foto Mag. Ignazius Schmid

Handverlesen kommt Weihrauch in den Verkauf.

Weihrauchharz Foto Mag. Ignazius Schmid

Weihrauchbaum Fotos (4) Mag. Satran

Weihrauchbaum im Dhofar-Gebirge

Rinde des Weihrauchbaums

„Die drei Weisen aus dem Morgenland hatten eine lange Reise hinter sich. Sie folgten einem Stern, und als dieser über einem Haus in Betlehem stehen blieb, gingen sie hocherfreut in das Haus. Sie sahen das Kind mit seiner Mutter, fielen nieder und huldigten ihm. Sie taten ihre Schätze auf und brachten ihm Gaben dar: Gold, Weihrauch und Myrrhe.“ So steht es in der Bibel bei Matthäus (2,11). Die Weisen, auch Magier oder Sterndeuter – erst im 3. Jahrhundert wurden sie zu Königen uminterpretiert –, brachten das Kostbarste, was man damals als Geschenk bringen konnte: Gold für das Königskind, Weihrauch für den wahren Gott und Myrrhe für den leidenden, sterblichen Menschen.

Gottesduft Weihrauch

Weihrauch und Myrrhe sind Heil- und Duftpflanzen. Schon seit tausenden Jahren wurden ihre Harze aus Südarabien bis nach Alexandria gebracht und in Ägypten als kostbares Räucherwerk verwendet. Die antike Weihrauchstraße führte vom Oman über Jemen und Gaza nach Damaskus.

Myrrhe ist ein Balsambaumgewächs, ein bis zu zwei Meter hoher, dorniger Baum, der in den trockenen Wüstengebieten in Nord-abessinien und in Südarabien gedeiht. Alle Versuche, ihn anderswo heimisch zu machen, schlugen fehl. Aus den Harzgängen der Rinde tritt ein flüssiges, öliges Gummiharz aus, das an der Luft zu gelbbraunen Körnern erstarrt, die wunderbar duften. Die Wirkung der Myrrhe ist schmerzstillend, entzündungshemmend, betäubend, und es wird ihr eine erotisierende Kraft zugeschrieben. Leider ist der Geschmack außerordentlich bitter, so dass sie medizinisch vor allem als Tinktur zum Einpinseln entzündeter Schleimhautwunden verwendet wird – und zum Einbalsamieren und Mumifizieren von Verstorbenen.

Weihrauch hat eine sehr weite Verbreitung erfahren. Es ist das Harz des bis zu acht Meter hohen Boswellia-Weihrauchbaumes, das durch Anritzen als klebriger, milchiger Saft aus der Rinde austritt und an der Luft zu kleinen Klümpchen aushärtet. Schon in der Antike war Weihrauch so kostbar wie Gold. Die Sumerer, Babylonier und Perser kannten Weihrauch, in Ägypten nannte man ihn „Schweiß der Götter“ und „Gottesduft“, in Indien und China ist er seit Jahrtausenden medizinisch im Einsatz. Die Israeliten brachten damit ihre kultischen Rauchopfer dar. Weihrauch wird in den Psalmen erwähnt und wurde von den alten Griechen auch als Medizin bei Problemen mit Gelenken, Knochen, Magen, Darm, Atemwegen, Herz, Haut, Cholesterin und Gedächtnis eingesetzt.

Da Weihrauch auch als Ausdruck der göttlichen Verehrung für die römischen Kaiser verbrannt wurde, stieß er im Christentum erst mit einiger Verzögerung auf Wertschätzung. Ab der Mitte des ersten Jahrtausends wird Weihrauch in der  Kirche im Gottesdienst verwendet. Der Rauch aus dem Weihrauchkessel soll mit den Gebeten zu Gott aufsteigen und das Wehen des Heiligen Geistes spürbar machen.

Weihrauch ist nicht gleich Weihrauch

Es gibt einige Unterarten des Boswellia-Baumes, deren Harze sich etwas unterscheiden. Noch wichtiger sind jedoch klimatische Gegebenheiten, Standort und Zeitpunkt der Ernte. Wenn ein Weihrauchbaum ausgewachsen ist, bringt er die erste Ernte, das können pro Saison etwa zwei bis zehn Kilogramm Harz sein. Da ein Baum bis zu 500 Jahre alt wird, kann er für mehrere Generationen einer Familie zur Altersversorgung werden. Etwa Anfang April wird die Ernte vorbereitet: Stamm und Äste werden vorsichtig angeritzt, der Aderlass soll für den Baum ja nicht tödlich sein. Die erste Ernte beginnt im Herbst und ist von minderer Qualität. Die kleinen, dunklen Harzkörner wurden früher weggeworfen, heute werden sie ebenfalls gehandelt. Die zweite Ernte, einen Monat später, ergibt schon eine bessere, die „Kirchenqualität“. Sie wird mit Anis und dem Naturharz Styrax gemischt. Je später und öfter geerntet wird, desto heller und größer werden die Harzklümpchen – bis etwa fünfzehn Millimeter groß – und umso kostbarer wird auch das Harz. Es kann im November, bei der letzten Ernte, bis 15 Mal teurer sein als im Frühling. Seine ganze Qualität ist zu spüren, wenn es in höchstmöglicher Frische auf glühende Kohlen gelegt wird und der Rauch beim Verbrennen „alle Wohlgerüche Arabiens“ (Shakespeare, „Macbeth“) verströmt. Bei langer Lagerung, oft noch in der großen Hitze, verflüchtigen sich die ätherischen Öle, was die Qualität erheblich vermindert. Daraus ist zu ersehen, dass es großer Erfahrung bedarf, um wirklich die beste Qualität zu bekommen, die den hohen Preis – für bestes Harz kann er sich auch im Oman um 500 bis 1000 Euro pro Kilo bewegen – rechtfertigt. In hundert Kilo Harz ist aber höchstens ein Kilo von bester Qualität enthalten.

Eine Vertrauensfrage

Weihrauch erfreut sich steigender Beliebtheit und wird immer mehr gehandelt. Ob er das Geld wert ist, das verlangt wird, hängt von der Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers ab, und zwar sowohl im Oman als auch im Verbraucherland. Diesbezüglich hat sich der Apotheker Mag. Gottfried Satran in St. Wolfgang im Salzkammergut schon vor Jahren eher auf sich selbst verlassen. Im Jahr 2003 hat er sich mit seiner Frau Helga mit Rucksack und Zelt aufgemacht, um sich auf die Suche nach den Ursprüngen des geheimnisvollen Weihrauchs zu begeben. Eine abenteuerliche Reise war das. Da standen sie am Flughafen der Hauptstadt Muskat, ein Auto zu mieten war damals so gut wie unbekannt; und als sie über Umwege endlich eines hatten, waren viele hundert Kilometer bis in das trockene Dhofar-Gebirge nur über glühend heiße, staubige Holperpisten zu bewältigen. 55 Grad im Sommer sind keine Seltenheit. Aber dann standen sie im Südosten der Arabischen Halbinsel, im antiken Reich der biblischen Königin von Saba, vor den imposanten Weihrauchbäumen.

Die in diesem Gebiet lebenden Nomaden haben das ausschließliche Recht, hier die Bäume zu pflegen und den weltbesten Weihrauch zu ernten. Mag. Satran konnte in vielen Reisen geduldig die Kontakte aufbauen und das gegenseitige Vertrauen mit den Nomaden herstellen. So kann er auch bezüglich der Frische sicher sein, die bei der Handelsware im Souk nie so genau kontrolliert werden kann. Ist der Kauf abgeschlossen, wird das kostbare Harz sofort luftdicht verpackt und mit dem Flugzeug auf dem schnellsten Weg nach St. Wolfgang gebracht. Händisch einzeln in kleine Gläser verpackt, steht es dann sofort und noch fast „sonnenwarm“ den Käufern für ihre Gesundheit und für ihr Wohlbefinden zur Verfügung.

Vielleicht sind es die „Weisen“ von heute, die so viel Mühe für die Beschaffung eines so edlen Naturproduktes aufwenden. Und wer in den Genuss eines solchen kommt, darf sich dann bestimmt so kostbar beschenkt fühlen wie das Jesuskind vor zweitausend Jahren...