Utopie versus Dystopie

Internationaler Wettbewerb BIEFF 2020

Szene aus „Look Then Below“ (Ben Rivers)

Vom 24.-29. November werden in Rumänien erstmals im Rahmen des zehnten „Internationalen Festivals des Experimentellen Films BIEFF 2020“ (www.bieff.ro)  ausgewählte Filme gezeigt, in denen es um die Abscheu vor dem Konventionellen und neue Arten, Gegenwart und Zukunft zu betrachten, geht.

„Embracing Utopia“ ist eine Bestätigung der transformierenden Kräfte utopischer Bilder, aber auch einer der verführerischsten Programmpunkte des BIEFF. Die Filme dieses Programms laden ein, die Welt so zu sehen, wie sie sein könnte, betrachtet durch einen spekulativen Spiegel, der die zeitgenössische Realität reflektiert: In „I Am here“ (ich bin hier) verflicht Alina Manolache, einzig rumänische Teilnehmerin am internationalen Wettbewerb, in einer Art visuellem Gedicht postapokalyptische Bilder aus der Zeit der pandemiebedingten Isolation mit warmen Lichtern aus den Fenstern jener, die dort ihr Leben weiterleben.  In „They Parlaient Idéale (Laure Prouvost)  geht es um eine Gruppe von Performern aus verschiedenen Generationen und Rassen, die von Nordfrankreich nach Venedig reist. Ihr Abenteuer besteht in der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit in ein Ideal,  greifbar und doch imaginär. „Look Then Below“ (Ben Rivers) zeigt den hypnotischen Abstieg in eine jenseitige Welt, bestehend aus einem Höhlennetz im Dunkel der Zeit, in eine Zukunft, die von einer seltsamen Spezies bewohnt wird, entstanden aus unserer Welt nach einem ökologischen Desaster. „The End of Suffering“ (das Ende des Leids) zeigt auf rot imprägniertem Film die Reise  zu einem Ort, an dem es keine Zeit gibt und der Rhythmus einer planetarischen Symphonie den Zuschauer in ein Gefühl des endlosen Schwebens versetzt.

Vier Filme vereint das Programm „The Spectre of Dystopia“ (das Spektrum der Dystopie), als Warnung für die Gegenwart in Form von Zeichen, die eine mögliche Zukunft vorankündigen, beunruhigend ähnlich  mit unserer Vergangenheit: „In Vitro“  (Larissa Sansour, Søren Lind) stellt eine Welt unter der biblischen Stadt Betlehem vor, nach einer ökologischen Katastrophe. Hauptheldin Alia soll die Stadt, die sie noch nie gesehen hat, wieder aufbauen.  Ähnlich unmöglich erscheint die Mission der Helden in „The Bite“ (Pedro Neves Marques), die gegen eine Pandemie in Brasilien kämpfen. Im selben geografischen Raum, aber anderem historisch-politischen Kontext, spielt „Water and Salt“ (Luisa Mello). Der Film bietet eine subjektive Perspektive auf die Präsidialwahlen 2018, als Brasiliens Straßen von Protesten überflutet wurden. Extrem persönlich ist die Herangehensweise bei der Regie vom „Sun Rave“: In der ersten Person beschreibt der Erzähler , wie er als Elfjähriger in den 80er Jahren im Libanon durch die Wände in der Nachbarwohnung hörte, wie ein seltsames englisches Paar Zahlen rezitierte. Was seine Familie für ein spiritistisches Ritual hielt, war die Weitergabe von Codes.

Berlinale Forum Expanded

Im Rahmen der Partnerschaft zwischen  „Forum Expanded“ und dem „Internationalen Filmfestival  Berlin“ werden erstmals in Rumänien vier Filme als Streaming des Festivals von 2019 gezeigt. Seit 2006 gilt „Forum Expanded“ als bedeutende Plattform für Künstler, die neue Kino-Perspektiven eröffnen.

„The Phantom Menace“ ist ein stroboskopischer Film, getragen von Techno-Musik, über die Rolle der Arbeit in einer postapokalyptischen Zukunft.

„A I O U“ zeigt die ferne Zukunft auf einer Weltraumstation, wohin die Täter historischer Verbrechen  zur Sühne verdammt wurden.

„Citizens of The Cosmos“ inspiriert sich am biokosmischen Manifest von Alexander Svyatogor 1922 – eine russische Fiktion über die Ideale von Unsterblichkeit und Auferstehung.

„Porosity Valley 2: Tricksters’ Plot“ kommt aus Südkorea – mit einer faszinierenden Personifizierung des Konzepts der Migration, wo sich Flüchtlinge und ihre  Daten vermengen.

Das 10. „Internationale Festival des Experimentellen Films“ wird vom Kulturverein „Manekino“ in Partnerschaft mit Printor Com organisiert und vom Kulturministerium und dem Nationalen Zentrum für Kinematografie kofinanziert. Partner sind die Friedrich Ebert Stiftung, das Goethe-Institut und das Französische Kulturinstitut.