Vorbereitungen zum Kirchentag 2017 in Kronstadt

Gemeindemitglieder der evangelischen Kirche in Bukarest zu Themen des Kirchentags

Besuch aus Kronstadt (v.l.n.r.): Stadtpfarrer Christian Plajer, Pfarrerin Adriana Florea, Liliana Şelaru und Dr. Frank Thomas Ziegler kamen, um über die Vorbereitungen zum Kirchentag in Kronstadt zu berichten.

Stadtpfarrer, Bischofsvikar und Dechant Dr. Daniel Zikeli freut sich über den Besuch und die Segenswünsche zu seinem Geburtstag.

Die Gemeindemitglieder im angeregten Gespräch über die „Säulen“ der Reformation.
Fotos: die Verfasserin

Am späten Nachmittag des 13. Dezember erhielten die Gemeindemitglieder der evangelischen Kirche A.B. in Bukarest Besuch von vier Vertretern der Honterusgemeinde aus Kronstadt/Braşov:
Stadtpfarrer Christian Plajer, Pfarrerin Adriana Florea, Dr. Frank Thomas Ziegler, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, und die Geschäftsführerin der Honterusgemeinde Liliana Şelaru hatten sich aufgemacht, um mit ihren Bukarester Glaubensbrüdern und -schwestern über die Themen des Kirchentages, der anlässlich des Lutherjahres am 30. September 2017 in Kronstadt begangen werden soll, zu sprechen und ihnen auch einen Einblick in den geplanten Programmablauf zu gewähren.

Kronstadt wurde in diesem Jubiläumsjahr deshalb ausgesucht, weil der siebenbürgische Humanist Johannes Honterus 1543 in seinem „Reformationsbüchlein“ die wichtigsten Grundsätze der Reformation in Siebenbürgen festlegte.
Herzlich begrüßt wurde die Abordnung vom Bukarester Stadtpfarrer, Bischofsvikar und Dechanten Dr. Daniel Zikeli, der auch einige Glückwünsche zu seinem Geburtstag entgegennehmen konnte. Offensichtliches Interesse hatte das Thema auch bei den Vertretern des Presbyteriums, der Frauenarbeit und des Bibelstundenkreises geweckt, die sich samt weiteren Gemeindemitgliedern und natürlich Pfarrer Andrei Pinte und dem Organisten Vlad N˛stase einfanden, der auch gleich zu diesem vorweihnachtlichen Termin ein Weihnachtslied auf dem Klavier anstimmte.

Das Motto des Kirchentages lautet: „Aus gutem Grund – Evangelisch in Rumänien“ und zielt diesmal ganz bewusst auf die besondere Situation der deutschen evangelischen Diasporakirche in Rumänien, auf die Beziehungen zu den anderen Konfessionen, aber auch auf die Selbstvergewisserung der eigenen konfessionellen Identität ab. Unterstützung finden die Kronstädter für ihr Projekt laut Stadtpfarrer Plajer durch die Landeskirche von Bischof Reinhart Guib, oder auch vom Referenten für Öffentlichkeitsarbeit, Stefan Bichler. Als eine Besonderheit in diesem Zusammenhang kann hier erwähnt werden, dass das Fest in Kooperation mit der ungarischen evangelisch-lutherischen Kirche in Kronstadt geplant wird.
Um sich dem Thema der konfessionellen Identität ein wenig anzunähern und was dies für die in Bukarest lebenden evangelischen Gemeindemitglieder bedeutet, leitet Pfarrerin Adriana Florea eine Vorstellungsrunde ein, bei der jeder auch kurz skizzieren soll, wo er geboren ist oder seit wann er bereits in Bukarest lebt.

Als charakteristisches Ergebnis stellt sich he-raus, dass etliche in Siebenbürgen, so in Kronstadt, Hermannstadt/Sibiu oder Mediasch geboren, allerdings bereits seit vielen Jahren in Bukarest ansässig sind. Andere sind in Bukarest geboren, haben aber zumindest durch ein Elternteil Wurzeln in Siebenbürgen. Kaum einer hat direkte Beziehungen zu Deutschland, mit Ausnahme eines Rückkehrers, dessen Eltern nach Deutschland ausgewandert sind, der aber nach Siebenbürgen zurückkehrte. Stattdessen gibt es nun eine Reihe gerade auch jüngerer Mitglieder, die aus einem rein rumänischen Umfeld stammen, dafür aber durch Erziehung und Kontakt zur Kirche sich für eine deutsche evangelische Gemeinde entschieden haben. Nachdem diese ethnische Komponente ausgeleuchtet ist, wandte sich Pfarrerin Florea dem theologischen Thema des Abends zu, den vier Säulen der Reformation, dem Leitgedanken des Augsburger Bekenntnisses mit der Frage: Was ist evangelisch heute?

Dabei verteilte sie auf dem Boden Blätter, auf denen die vier Begriffe stehen „Sola fide – allein aus dem Glauben“, „sola gratia – „allein aus Gottes Gnade“, „sola scriptura –allein durch die Schrift“, „solus Christus – allein in Christus“ und als fünftes Blatt „Versöhnung mit Gott annehmen und leben“.
Zusätzlich kommen weitere Begriffe wie „Freiheit“, „Bildung“, aber auch „Musik“ oder „Beteiligung“, die jeder nach Gutdünken zuordnen kann, wobei die Aufforderung ergeht, sich einen Begriff auszusuchen und dies mit anderen zu diskutieren oder seine Wahl zu begründen. Nach lebhaftem Meinungsaustausch wird die Diskussion wieder in ein gemeinsames Gespräch gelenkt mit der Frage: Wenn Sie das Wort „Evangelisch“ hören, was denken Sie?
Darauf fallen Begriffe wie „Diakonie“, das Studium der „Bibel in deutscher Sprache“, „Luther“, oder das „Augsburger Bekenntnis“, aber auch Bemerkungen wie „Bescheidenheit“, „mehr Inhalt und weniger Pomp“. Auch wird bemerkt, dass es in Bukarest wohl schwerer sei als in Siebenbürgen evangelisch zu sein, da das hiesige Umfeld mit der lutherisch-evangelischen Konfession nichts anzufangen weiß, dass somit das Bewusstsein, einer Minderheit anzugehören, sich stärker einstellt.

Allerdings gibt es eine langanhaltende Diskussion, wie diese Inhalte heute vor allem an die Jugend vermittelt werden könnten. Neben allgemeinen Schwierigkeiten, wie den veränderten Lebensumständen, kommt im rumänisch geprägten Umfeld die schwindende Kenntnis sowohl der deutschen Sprache als auch von Glaubensinhalten hinzu, die nicht mehr gegeben ist, weil dem Religionsunterricht wenig Beachtung geschenkt wird und wegen mangelnden Interesses in den Familien. Den Fragen „Wie sehen Sie die Kirche in 20 Jahren? Was und vor allem wie können Sie das evangelische Erbe der nächsten Generation vermitteln?“  steht ande-rerseits die Sorge gegenüber „Wie lässt sich unsere Tradition, in der wir uns zuhause fühlen, bewahren?“.

Als eine der Hauptsäulen wird mehrfach das „sola gratia – allein durch die Gnade“ betont, der Leitsatz, der sich vor allem gegen den Ablasshandel, d. h. die Möglichkeit durch eigene Werke zum Heil zu gelangen, wendet. Damit verbunden wird auch die Überzeugung, dass hierin die Freiheit des evangelischen Christen begründet liegt, da er ohne Angst vor Strafe durch das Leben und Sterben Christus und den Glauben zum Heil gelangen könne. Ebenfalls als „typisch evangelisch“ wird mehrfach angeführt, dass das Studium der Bibel, das „sola scriptura“, ja nicht nur durch die Vermittlung der Kirche, sondern eben durch Luthers Übersetzung ins Deutsche für jeden zugänglich sei.

In den Punkten, die Pfarrer Plajer zum Schluss besonders hervorhebt, spielt in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Aspekt eine herausragende Rolle. Die Möglichkeit der „Beteiligung“, man ist in der evangelischen Kirche nie nur Konsument, sondern, ob bei der Kirchenarbeit, beim Bibelkreis oder im Kirchenrat, überall ist auch die Hilfe der Gemeinde gefragt. Die „Zugehörigkeit durch Mitmachen“ und die Bereitschaft dazu ist ein besonderes Merkmal evangelischer Kirchenarbeit. Mit diesen Gedanken kann nun auch zur Vorstellung des eigentlichen Programms durch Dr. Frank Thomas Ziegler übergegangen werden, das sich ja nicht nur auf den 30. September 2017 erstreckt, sondern bereits am Vorabend zur Begrüßung mit einem besonderen Programmpunkt aufwarten kann. Denn zum „Abend der Begegnung“ werden die Teilnehmer durch die ungarische Schwestergemeinde und den evangelisch-lutherischen Bischof Dezsö Zoltán Adorjáni in ihrer Kirche in Kronstadt empfangen und zu einer Andacht eingeladen, dem die Bewirtung mit echt ungarischem Gulasch folgen wird.

Zum Thema „Aus gutem Grund: Evangelisch in Rumänien“ gibt es am frühen Morgen des eigentlichen Kirchentages bereits Workshops und Bibelarbeiten zu Römer 1, 16 (das Evangelium ist eine Kraft Gottes, die selig macht) mit speziellen Angeboten für die Ungarn und Rumänen. Der Festgottesdienst „Die vier Zeiten“ wird mit Persönlichkeiten aus Deutschland und Rumänien begangen, u. a. hat sich Nikolaus Schneider, ehemaliger Ratsvorsitzender der EKD, angesagt. Zudem werden vier Pfarrer in mehreren Sprachen predigen, dieweil das musikalische Rahmenprogramm von Steffen Schlandt und Inge Acker gestaltet wird. Auch am Nachmittag werden weitere Workshops angeboten, deren Themen um die evangelischen deutschen Christen in Rumänien kreisen, so werden die Probleme des Älterwerdens in den Fokus gerückt. Wer sich nach dem Mittagessen die Beine vertreten möchte, kann dies bei einer Stadtführung „auf Honterus Spuren durch Kronstadt“ ebenfalls im Rahmen eines Workshops gerne tun.

Abschließend werden in einem Podiumsgespräch unter dem Motto „Evangelisch mit Herzen, Mund und Händen“ mit hochrangigen Persönlichkeiten die Themen der Workshops noch einmal aufgegriffen und öffentlich diskutiert.
Den krönenden Abschluss dieses Tages wird zweifelsohne die Welturaufführung der „Messe von Kronstadt“ bilden. Eigens für dieses Ereignis werden die Sätze von verschiedenen Kirchenmusikern komponiert, die hier in einer Aufführung in mehreren Sprachen mit großem Orchester und Chor zusammengefügt werden.
Als Ausklang wird am Sonntag ein Ausflug zu den verschieden Kirchenburgen des Burzenlandes angeregt, denn der Aufforderung folgend „Gehe hin in alle Welt!“ – einer Losung der Reformation – werden Pfarrer aus den unterschiedlichsten Gemeinden aus Deutschland und Rumänien in 15 evangelischen und 4 lutherischen Kirchen Gottesdienste abhalten.

Herzlich eingeladen ist hierzu sicher nicht nur die Bukarester Gemeinde, denn, so Ziegler, man verspricht sich schon so etwas wie einen Funken bzw. neue Impulse, die von Kronstadt aus in die Gemeinden getragen werden können.
Das genaue Programm und die Zeitansagen finden Sie auf der Website der Honterusgemeinde:
http://www. honterusgemeinde.ro/top-menu/aktuelle-veranstaltungen/veranstaltungen-einzeln-anzeigen/article/evangelischer-kirchentag-2017/