Wie Donnerschlag und Sturmgebraus

Vor 100 Jahren wurde der Banater Deutsche Sängerbund gegründet (Teil 4 von 4)

Das erste Chorheft, herausgegeben 1937 von der Werkgemeinschaft schwäbischer Künstler

1937 fand in Marienfeld das Bundesfest des Banater Deutschen Sängerbundes statt.

(Fortsetzung vom letzten Freitag)

Das erste Banater Chorheft

Ein Jahr später erschien das erste Chorheft der neugegründeten Werkgemeinschaft Schwäbischer Künstler und Kunstfreunde, Abteilung „Banater schwäbisches Musikleben“. Unterschrieben wurde das Vorwort dieser Sammlung von Friedrich Ferch (Arbeitsleiter), Emmerich Bartzer (Führer der Kameradschaft „Banater schwäbisches Musikleben“) und Adam Weidmann (Leiter des Chorwesens), der auch die Sammlung betreute. Im Vorwort heißt es: „(...) Die bedeutenderen Werke der Komponisten, die in unserer Kameradschaft „Banater schwäbisches Musikleben“ zum Gemeinschaftsdienst an Volk und Heimat vereinigt sind, sollen in gleichen Heften, fortlaufend veröffentlicht werden. (...) Auch Arbeiten aus früheren Zeiten, Werke verstorbener schwäbischer Komponisten wollen wir sammeln, herausbringen und so dieselben der Vergessenheit entreißen...“ Dieser Wunsch konnte jedoch nicht mehr erfüllt werden, lediglich ein Heft mit Chorwerken Emmerich Bartzers wurde noch veröffentlicht, der Zweite Weltkrieg brachte dieser kurzen Entwicklung ein jähes Ende.

Trotz der politischen Propaganda von damals ist mit dem ersten Chorheft ein großer Erfolg erzielt worden. Die in Hatzfeld gedruckte Sammlung von 23 Chören beinhaltet Kompositionen von Adam Weidmann (Neusiedel a. d. H.), Wilhelm Ferch (Bogarosch), Emmerich Bartzer (Lowrin), Josef Bloser (Temeswar), Eduard Griffel (Lowrin), Josef Kertész-Gertheis (Marienfeld), Robert Koch (Lugosch), Johann Weber (Schöndorf), Martin Schlier (Marienfeld), Viktor Loidl (Franzdorf), Dr. Josef Ferch (Detta), und Annie Schmidt-Endres (Lenauheim). Vertont wurden Texte namhafter und auch weniger bekannter Banater Heimatdichter wie Peter Jung, Peter Barth, Nikolaus Lenau, Josef Gabriel, Hilde Martini-Striegl und Stefanie Gabriel. Die meisten Kompositionen sind für Männerstimmen geschrieben, einige für gemischte Chöre und Frauenchöre. Auch auf die Texte in schwäbischer Mundart wurde in dieser Sammlung ein großes Gewicht gelegt, es war zum ersten Mal, dass solche Chöre im Banat überhaupt veröffentlicht wurden.

Natürlich konnten in diesem ersten Chorheft nicht alle an die Redaktion eingesendeten Werke veröffentlicht werden. Zu den über 100 eingesendeten Kompositionen gehörten auch Vertonungen von Andor Arato, Richard Oschanitzky, Franz Waschek, Hans Weisz und Franz Strümer, die in einer nächsten Nummer erscheinen sollten. Mit diesem Heft wurden aber viele einheimische Musiker, Lehrer, Chorleiter und Kantoren zur Pflege des Banater deutschen Liedgutes angeregt. Friedrich Ferch und Emmerich Bartzer schreiben im Nachwort zu diesem Chorheft: „ ... Wir wollen unsere Heimatdichter, Schriftsteller, Komponisten, Maler, Bildhauer und Vortragskünstler in jeder Hinsicht fördern, dass unser Volk sie und ihre Werke kennenlerne. Dass sie aus der Heimat nicht wegwandern brauchen, um mit ihrer Kunst anderswo sich ihre Lebensbedingungen zu erkämpfen ...“ Obzwar dieser Aufruf „einiger kunstliebenden Söhne der Banater Heide“ von den meisten Interessenten vernommen wurde, konnte er wegen den nahenden politischen Wirren nicht mehr befolgt werden.

Im Jahre 1930 finden wir bereits den Banater Deutschen Sängerbund im Deutschen Sängerbuch von Franz Josef Ewens, auf einer Karte werden die schwäbischen Orte des Banats mit den jeweiligen Gesangvereinen angegeben, und wir erfahren einiges über die Geschichte dieser Chorgemeinschaft. Das letzte Fest des Banater Deutschen Sängerbundes fand im Jahre 1939 statt, diesmal allerdings ohne den Aufwand der früheren Jahre. Verbunden war damit auch eine Friedrich-Silcher-Feier, bei der ausschließlich Werke dieses Komponisten von der Lenau-, Eintracht- und Eisenkolb-Gruppe vorgetragen wurden.

Das Ende des Banater Deutschen Sängerbundes

Bereits in seiner Predigt zum Sängerfest des Banater Deutschen Sängerbundes 1936 in Marienfeld stellte Pfarrer Josef Springer fest, dass es große Spannungen in den Reihen der Banater Schwaben gibt. Kein minderer als Anton Valentin hat in der „Temesvarer Zeitung“ vom 2. Juni 1935 über dieses Bundesfest berichtet: Festtag des deutschen Liedes in Marienfeld. Bundesfest des Banater Deutschen Sängerbundes und siebzigjähriges Jubiläum des Marienfelder Musik- und Gesangvereines. Tausende Gäste aus allen Teilen des Banates in der schönen Heidegemeinde. Pfarrer Springer hat geschickt die Auseinandersetzungen in den Reihen seiner Gläubigen in der Predigt eingebaut. Das schwäbische Volk sei in seelischer Not durch den politischen Zwist in seinen Reihen: „Deutsche Sänger und Sängerinnen! Tief bewegt von dem Bild, welches ich von dieser Stelle schaue, ein Bild, wie es nur der Allmächtige schaffen kann, danke ich Gott und bin glücklich, dass das deutsche Lied und die deutsche Wesensart so wundervoll gepflegt werden. Herrgott, wir danken Dir, dass Du uns als deutsche Menschen in die Welt gesetzt hast!“ In diesem Fest der aufbauenden Arbeit erflehe er Gottes Segen. Als deutscher Bruder und Priester warne er aber von jenen Menschen, die als „positive Christen“ gegen Kirche und Glauben hetzen. „Als deutscher, katholischer Priester protestiere ich dagegen, dass man jemanden seines Glaubens wegen zu einem minderwertigen Volksgenossen stempeln will! Haltet fest an Euren Väterglauben, denn wir Schwaben im Banat sind ein „Volk in Not“ geworden. Die seelische Not, in welche das schwäbische Volk durch den Bruderkampf gekommen ist, kann aber nicht dessen Tod, nicht das Ende dieses arbeitsamen Volkes sein.“ Anlässlich dieses schönen Festes erflehe er als Priester den Segen des Allmächtigen und bete, dass Bruderliebe, Opfergeist und Zusammengehörigkeitsgefühl beim Schwabenvolke wieder einziehen mögen, damit es dem Ruf seiner Sendung gerecht werden könne. Pfarrer Springer schloss seine Predigt mit dem letzten Vers der Volkshymne: „Ja, einen heiligen Eid, schwört, die Ihr Deutsche seid...!“

Durch den Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 und den Einzug vieler Sänger in das deutsche oder rumänische Heer, musste die Tätigkeit des Banater Deutschen Sängerbundes zeitweilig eingestellt werden. Auch nach 1944 konnte die Tätigkeit nicht fortgesetzt werden, dafür waren die Zeiten nicht geeignet. Im Januar 1945 wurden viele Banater Schwaben nach Russland zur Zwangsarbeit deportiert, einige Jahre später in die Baragan-Steppe. Ab 1947 wurden viele Bauern enteignet, bürgerliche Vereine wurden durch das kommunistische Regime in Bukarest verboten. Dadurch kam es auch zu einem stillen Ende des Banater Deutschen Sängerbundes.

Das Archiv des Banater Deutschen Sängerbundes ist größtenteils verloren gegangen. Einige interessante Dokumente konnten in privaten Sammlungen und Bibliotheken entdeckt werden, davon wurde vieles in der Zeit der Ceaușescu-Diktatur und auch danach nach Deutschland gebracht und die Geschichte des Banater Deutschen Sängerbundes blieb bisher unerforscht.