Aufdeckung unbekannter Spuren der Stadtgeschichte auf dem Huetplatz

Archäologische Ausgrabungen im Innenraum der Stadtpfarrkirche Hermannstadt geben tiefe Einblicke in mittelalterliche Bautechniken

Die umfassenden Renovierungsarbeiten im Innenraum der Evangelischen Stadtpfarrkirche Hermannstadt erfordern ein hohes Maß an Geduld, Fleiß und Verantwortung
Foto: der Verfasser

Hermannstadt – Als eine archäologische Fundgrube von historisch außergewöhnlicher Bedeutung entpuppt sich der Bauplatz im Innenraum der Evangelischen Stadtpfarrkirche auf dem Huetplatz/Piața Huet in Hermannstadt/Sibiu. Da die Evangelische Stadtpfarrkirche Hermannstadt im März 2018 für den touristischen und gemeindeeigenen Betrieb auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde und seither einer gründlichen Sanierung unterzogen wird, rückte zu Beginn der aktuellen Renovierungsarbeiten ein Team archäologischer Experten und Facharbeiter auf die genannte Baustelle, dessen Mitglieder sich um eine möglichst exakte Sondierung der baugeschichtlichen Struktur des Kirchengebäudes bemühen. Da die archäologischen Forschungsarbeiten im Innenraum der Evangelischen Stadtpfarrkirche Hermannstadt ein fortgeschrittenes Stadium erreicht haben und ein Abschluss derselben in Aussicht steht, hatten Stadtpfarrer Kilian Dörr und das Stadtpfarramt der Evangelischen Kirchengemeinde Hermannstadt A.B. zu einer Pressekonferenz am Montag, dem 18. Juni, in das Pfarrhaus eingeladen. Die Pressekonferenz verzeichnete ein hohes Interesse zahlreicher Reporter der lokalen Presse und Medien und wurde durch einen öffentlichen Besuch der Baustelle im Innenraum der Evangelischen Stadtpfarrkirche Hermannstadt abgeschlossen.


Victor Dr²gan, Bauabteilungsleiter des Stadtpfarramtes, führte durch die Pressekonferenz, innerhalb derer Prof. Dr. Zeno-Karl Pinter wiederholte Male das Wort ergriff, um auf die historische Wichtigkeit der archäologischen Forschungsarbeiten in der Stadtpfarrkirche hinzuweisen. Der Vorsitzende des Deutschen Forums der Deutschen in Hermannstadt (DFDH) und auf Lokalebene bekannte Historiker des Hermannstädter Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften hob hervor, „dass dieser archäologische Bauplatz im Zentrum Hermannstadts wertvolle Einblicke in die Geschichte der Stadt ermöglicht. Wir können gut und gerne davon ausgehen, dass die archäologischen Ausgrabungen im Innenraum der Evangelischen Stadtpfarrkirche Hermannstadt den bedeutendsten Bauplatz ihrer Art auf dem gesamten Stadtgebiet im 21. Jahrhundert stellen“.
Den umfassendsten Beitrag während der Pressekonferenz bot Archäologin Daniela Marcu Istrate, die für die kompetente Durchführung der Ausgrabungsarbeiten verantwortet. Ihr Lebenslauf verzeichnet eine reiche Erfahrung auf mehr als 30 archäologischen Bauplätzen der Nachwendezeit Rumäniens. Daniela Marcu Istrate bestätigt, dass die Evangelische Stadtpfarrkirche Hermannstadt an baulicher Massivität all ihre vo-rangegangenen Erfahrungen übertreffe. Dafür spräche vor allem die Tatsache, dass die tragenden Säulen des Mittelschiffs von einem 170 Zentimeter breiten Fundamentbau gestützt werden.


Das wichtigste Forschungsergebnis der archäologischen Ausgrabungen bestätigt die bisherige Vermutung, dass der Bau der jahrhundertealten Stadtpfarrkirche als Erweiterung einer romanischen Basilika durchgeführt worden war, deren genaue Datierung bislang nicht möglich ist. Daniela Marcu Istrate gibt bekannt, dass die romanische Basilika etwa um das Jahr 1200 fertiggestellt worden sein könnte.

Ein weiteres interessantes Detail ist das Vorhanden-sein eines Heizungsschachts aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der jedoch laut Mihai }uc², Direktor des lokalen Architekturbüros S.C. Arhimus S.R.L, wenige Spuren tatsächlicher Verwendung aufweist. Der besagte Heizungsschacht endet in zwei große Öffnungen auf dem zentralen Mittelgang und war zum Zweck gebaut worden, warme Umluft in den Innenraum der Stadtpfarrkirche zu schicken. „Dieser Heizungsschacht ist ein wichtiger archäologischer Fund. Allerdings wird er nicht wieder in Betrieb genommen werden, da die warme Umluft das Mikroklima der Stadtpfarrkirche stark belastet. Das Renovierungsprojekt sieht den Einbau einer zeitgemäßen Fußbodenheizung vor, die mit einer vergleichsweise viel geringeren Belastung des alten Mauerwerks und der großen Sauer-Orgel einhergeht“, so Architekt Mihai Țucă.


Die Ausgrabungsarbeiten haben weiterhin einen archäologisch bedeutungsvollen Fund in der Gestalt der Grabplatte des Hermannstädter Bürgermeisters Mathias Armbruster offengelegt, die eindeutig dem Jahr 1542 zuzuordnen ist. Auch wurde im Zug derselben Ausgrabungsarbeiten festgestellt, dass während unterschiedlicher Episoden der Baugeschichte der Steinfußboden der Stadtpfarrkirche mehrmals um insgesamt bis zu 50 Zentimeter angehoben wurde.


An der Pressekonferenz beteiligten sich fernerhin Marcel Constantin Luca, stellvertretender Vorsitzender des Hermannstädter Kreisrates, sowie Paul Gruian, Direktor der Beratungsfirma European Investments Solutions, der die Interessen der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. Hermannstadt während sämtlichen öffentlichen Phasen der schriftlichen Antragsstellung und Projektausarbeitung vertreten hatte und auch weiterhin bis zur Beendigung der Renovierungsarbeiten vertreten wird. Archäologin Daniela Marcu Istrate erwähnte ebenfalls die wichtige Beteiligung von Prof. Dr. Ioan Marian Țiplic seitens der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt (ULBS) und von Dr. Maria Emilia Țiplic, Fachexpertin des Hermannstädter Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften, die bereits 2015 archäologische Stichproben in der Stadtpfarrkirche vorgenommen hatten, infolge derer die Vermutung bezüglich des Vorhandenseins der Spuren einer besagten romanischen Basilika in den Raum trat.


Die offiziellen Gäste der Pressekonferenz gaben bekannt, dass die archäologischen Forschungsarbeiten voraussichtlich Ende Juli 2018 abgeschlossen werden. Die Evangelische Stadtpfarrkirche Hermannstadt biete ein Vielfaches an archäologischen Forschungsmöglichkeiten, doch müsse das Einhalten des gesamten Zeitplans noch vieler ausstehender Schritte der Renovierungsarbeiten gewährleistet werden. Interessante Bilder und weitere Details zum aktuellen Stand der Sanierung bietet die Homepage der Kirchengemeinde www.hermannstadt.evang.ro.