Bleibt Temeswarer Literaturfestival ohne Finanzierung?

Projektzentrum lehnt Antrag ab, Bürgermeister sucht nach Alternativen

Temeswar (ADZ) – Nachdem das Projektzentrum der Stadt Temeswar den Finanzierungsantrag für die 11. Auflage des Internationalen Temeswarer Literaturfestivals (FILTM) abgelehnt und für Empörung in der lokalen und nationalen Kulturszene gesorgt hat, schaltet sich nun Bürgermeister Dominic Fritz ein und verspricht Abhilfe. Er sei selbst von der Entscheidung des Gremiums überrascht und werde nicht nur nachprüfen, sondern auch eine Lösung finden, erklärte der Bürgermeister am Donnerstag. Die Stadt müsse das eigene Literaturfestival unterstützen, das Event sei zu einem festen Bestandteil der nationalen und inzwischen auch der internationalen Kulturlandschaft geworden und verdiene natürlich eine Fortsetzung. Der Bürgermeister habe bereits mit mehreren Kulturinstitutionen, die der

Stadt untergeordnet seien, gesprochen und diese angeregt, eine Finanzierungs- und Unterbringungslösung für das für die Zeitspanne 23. bis 26. Oktober anberaumte Literaturfestival zu finden.

Andererseits wolle Fritz betonen, dass das von seiner Verwaltung gegründete Projektzentrum die gerechte und transparente Vergabe von öffentlichen Geldern sicherstelle und dass klare Bewertungskriterien für die Finanzierungsanträge der privaten Kulturträger erarbeitet worden seien. Gelder können deshalb nicht mehr wie bisher aufgrund von politischen Seilschaften und obskuren Entscheidungen verteilt werden. Dies beweise allein die Tatsache, dass insgesamt Projekte in Wert von über 9 Millionen Lei eingereicht wurden, die Fördersumme jedoch nur 3 Millionen Lei beträgt, das Vertrauen der Antragsteller in das Förderverfahren des Projektzentrums sei entsprechend groß. Weil aber die Ressourcen begrenzt seien, können nicht alle Vorschläge auch finanziert werden. Dass es im Anschluss zu Unzufriedenheiten, Enttäuschungen und erhitzten Debatten kommt, sei dem Bürgermeister klar. Deshalb müsse man offen darüber reden und sich konstruktiv einbringen, die Priorisierung der Fördergelder für den Bereich Kultur sei von enormer Bedeutung im Hinblick auf das Kulturhauptstadt-Jahr. Es dürften keine Fehler gemacht werden. Deshalb wolle Fritz im kommenden Monat einen runden Tisch einberufen und sich mit Kulturschaffenden und Experten aus dem ganzen Land über die Finanzierung der Kultur beraten. Details werde er rechtzeitig bekanntgeben.

Die härteste Kritik an der Ablehnung des Finanzierungsantrags übte der Schriftsteller und Kulturjournalist Robert [erban aus. Als einer der Mitorganisatoren des Festivals wies er auf dessen 10-jährige Geschichte hin, die Ablehnung empfand er als einen sehr schlechten Witz. Es handele sich um ein Event, das tausende begeisterte Leser und hunderte Schriftsteller von Rang zusammengebracht habe. So konnten nicht nur junge Autoren vorgestellt werden, sondern das Temeswarer Publikum konnte Bekanntschaft auch mit weltweit anerkannten Schriftstellern machen, deren Werke in mehrere Sprachen übersetzt wurden und die international renommierte Preise für ihr Schaffen bekommen haben. Die Ablehnung des Finanzierungsantrags habe man natürlich angefochten, aber die Jury soll unbeeindruckt gewesen sein und habe die Anfechtung ebenfalls abgelehnt. Es sei nicht zu verstehen, warum die Stadtverwaltung ein Jahr vor dem Start des Kulturhauptstadt-Programms ein traditionsreiches Kultur-event ignoriere, wo es doch gelte, das kulturelle Profil der Stadt zu stärken und jene Events, die bereits mit Erfolg veranstaltet werden, auszubauen und auf eine erfolgreiche Auflage im Kulturhauptstadt-Jahr vorzubereiten, fragte sich der empörte [erban. Zu den bisherigen FILTM-Gästen zählen die Kroatin Slavenka Drakulic, die Ukrainer Jurij Andruchowytsch und Serhij Schadan, die Russen Wiktor Jerofejew und Ljudmila Ulitzkaja, der Ungar László Krasznahorkai, der Pole Adam Michnik, der aus Rumänien stammende Cătălin Dorian Florescu oder Mircea Cărtărescu. Das Temeswarer Publikum habe sie alle und auch viele andere begeistert aufgenommen.

Die Angestellten des Projektzentrums und die Jury, die die Anträge begutachtet habe, würden über wenig Erfahrung verfügen, sie würden Projekte mit Unsummen fördern, die kaum einen Bezug zur Literatur hätten, ohne die Bedeutung von FILTM zu begreifen. Die Finanzierungsvorschriften habe man kurzfristig geändert, keine öffentliche Debatte mehr darüber veranstaltet und jene Projekte priorisiert, deren Durchführungskosten bei mindestens 250.000 Lei liegen. FILTM brauche nicht so viel Geld, setzte Șerban fort. Man habe weniger Geld verlangt, weil es sich doch um Steuergelder handelt und man diese nicht einfach ausgeben könne, wenn es nicht notwendig sei. Jedenfalls werde man auch in diesem Jahr das Literaturfestival veranstalten, auch wenn die Organisatoren ihr eigenes Geld ausgeben müssten. Man empfinde es als Aufgabe, die Lektüre unaufhörlich zu fördern, schließlich sei sie die grundlegende intellektuelle Übung.

Die Pressestelle des Projektzentrums erklärte da-raufhin, dass der FILTM-Antrag nur teilweise die erforderlichen Kriterien erfüllt habe. So zum Beispiel seien keine Aktivitäten vorgesehen, um das Projekt gegenüber der Gemeinschaft im Allgemeinen und benachteiligter Gruppen im Besonderen zu öffnen, auch gäbe es keine Aktivitäten, die in den verschiedenen Stadtteilen stattfinden sollen. Die Zielsetzung sei nicht klar genug erklärt und die für dieses Jahr geplanten Neuheiten seien nicht ersichtlich. Es gäbe zwar eine Gästeliste, doch würde von den eingeladenen Schriftstellern keine Bestätigung vorliegen. Das Projektzentrum wolle die FILTM-Organisatoren ermutigen, ihr Projekt nicht aufzugeben, es aber für neue Publikumskategorien zu öffnen und die künftigen Finanzierungsprogramme des Projektzentrums zu verfolgen und zu prüfen, um bei Gelegenheit einen neuen Antrag zu stellen.