Ehemaliges Pressehaus an ungarischen Verein verkauft

Temeswar (ADZ) – Für 2,3 Millionen Euro haben die Unternehmerbrüder Marius und Emil Cristescu das ehemalige Temeswarer Pressehaus an den ungarischen Verein „Bastion –   Várbástya Egyesület“ verkauft. Die Cristescus hatten vor einigen Jahren das Unternehmen „Timpress“ des verstorbenen Millionärs Iosif Constantin Dr²gan von dessen Witwe gekauft und waren somit in den Besitz des Ende der 1920er Jahre von der Temeswarer ungarischen Gemeinschaft errichteten Gebäudes gekommen. Zunächst wollten sie dort ein Hotel eröffnen und den Bau aufwendig erweitern, doch die Covid-19-Pandemie zog ihnen einen Strich durch die Rechnung. 

Der ungarische Verein hatte jedoch schon vor drei Jahren sein Interesse an den Erwerb der Immobilie bekundet und beantragte hierzu eine Finanzierung bei der Regierung in Budapest, die nicht weniger als 3 Millionen Euro für das Vorhaben zur Verfügung stellt. Ungarns Honorarkonsul in Temeswar, Péter Tamás, sagte im Zusammenhang mit dem Erwerb, dass der Restbetrag aus der ungarischen Regierungsfinanzierung für die Sanierung des geschichtsträchtigen Hauses dienen wird. Nach der Instandsetzung soll das Gebäude erneut den Interessen der ungarischen Gemeinschaft in Temeswar und im Banat dienen, so wie das ursprünglich vorgesehen war. Es werde den Ungarnverband UDMR, ungarische Vereine und Kulturgruppen, eine Druckerei und ein Geschäft mit ungarischen Produkten beherbergen. Die Gesamtnutzfläche beträgt 1800 Quadratmeter, das Haus werde zum Dreh- und Angelpunkt ungarischen Gemeinwesens in Temeswar.

Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns und dem Frieden von Trianon sahen sich die in Temeswar und in dem zu Rumänien gekommenen Teil des Banats vor der Herausforderung, als Minderheit in einem neuen Staat leben zu müssen, in Temeswar ging ihr Einfluss schnell zurück, da sich zum einen das deutsche Kultur- und Gemeinwesen, von den Zwängen der Magyarisierung befreit, neu entfalten konnte und zum anderen die Zahl der Rumänen zu steigen begann und die von Bukarest betriebene Rumänisierung das ungarische Element immer stärker zurückdrängte. Es gelang jedoch den Ungarn in Temeswar, 1929-1930 ein Gebäude auf der sich damals zu entwickeln beginnenden neuen Straße zwischen der Innenstadt und der Fabrikstadt zu errichten. Vor 1989 beherbergte der Bau zunächst die Rumänische Arbeiterpartei und dann das Temeswarer Presse- und Verlagswesen. So kamen dort die rumänische Tageszeitung „Drapelul Roșu”, die deutsche „Neue Banater Zeitung“, die Temeswarer Redaktion des „Neuen Wegs“, das ungarische Blatt „Uj Szó“, die serbische Publikation „Naša rec“, der Facla-Verlag sowie die Korrespondentenbüros der rumänischen Landespresse und der staatlichen Presseagentur Agerpres unter. Das ADZ/BZ-Büro hatte dort seinen Sitz bis 2004.

Iosif Constantin Drăgan, nach Italien geflohenes ehemaliges Mitglied der faschistischen Eisernen Garde und ab den 1970ern Freund und Helfer Nicolae Ceaușescus, hatte nach 1989 mehrere Unternehmungen im Banat, sowohl in Temeswar als auch in seiner Geburtsstadt Lugosch/Lugoj, betrieben. Unter anderem konnte er die ehemalige Tageszeitung der Temescher RKP, „Drapelul Roșu“, mit ihrem gesamten Vermögen übernehmen und unter dem Namen „Renașterea Bănățeană“ weiterführen. Drăgan starb 2008, acht Jahre später verkaufte seine Witwe, die Tochter des Armeegenerals Stefan Gușă (einer umstrittenen Gestalt der 1989er Revolution, die an der blutigen Niederwerfung des Temeswarer Aufstandes beteiligt war), das Presseunternehmen „Timpress“ an die Holding der Cristescu-Brüder.