Ein Kreuz zum Verweilen

Prof. Dr. Paul Niedermaier wurde das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen

Bischof Reinhart Guib, Konsulin Judith Urban, Prof. Paul Niedermaier und Landeskirchenkurator Friedrich Philippi (v.l.). Foto: Hannelore Baier

Hermannstadt - Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland hat Bundespräsident Joachim Gauck in Anerkennung seiner Lebensleistung und dem Verdienst für das deutsch-rumänische Verhältnis Prof. Dr. Paul Niedermaier verliehen. Die Ordensüberreichung fand nicht, wie üblich, in Amtsräumen der deutschen Auslandsvertretung sondern im Festsaal des Bischofssitzes der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien statt. Es war der Wunsch des Geehrten, die Feier in seiner Heimatstadt Hermannstadt/Sibiu und an diesem Ort stattfinden zu lassen, da er sich seit der politischen Wende von 1989 besonders der Evangelischen Kirche A. B. verbunden fühlte und fühlt, wie dies Konsulin Judith Urban in ihrer Laudatio sagte. Die Familienmitglieder, Freunde, Weggefährten sowie Gäste der Feier, zu denen Bischof em. D. Dr. Christoph Klein, Bürgermeister Klaus Johannis, Konsul Andreas Huber, Landeskirchenkurator Friedrich Philippi und Martin Bottesch, der Vorsitzende des Siebenbürgenforums, gehörten, hatte Bischof Reinhart Guib begrüßt. Er dankte dem „Alt-Landeskirchenkurator“ dafür, dass er es stets verstanden hat „für die Gemeinschaft zu bauen, zu pflanzen, zu erhalten und zu beten“.

Das Lebenswerk von Prof. Dr. Paul Helmut Niedermaier stellte Konsulin Judith Urban in der Laudatio vor. Der Gewürdigte gehört „zu den bedeutendsten Architekten und Architekturexperten Rumäniens, dies insbesondere in Bezug auf den Bereich des baulichen Kulturerbes der Siebenbürger Sachsen“, sagte sie. Zwischen 1963 und 1971 war er Leiter der Restaurierungswerkstätte des Brukenthalmuseums und ist seither hauptamtlich Mitarbeiter am Forschungszentrum für Geisteswissenschaften in Hermannstadt, dessen Leitung er Anfang der 1990er Jahre übernahm. Seit 1999 ist er zudem Professor an der Lucian-Blaga-Universität.

Seine wissenschaftliche Kompetenz hat er in zahlreichen Gremien eingebracht, zu denen die rumänische Akademie der Wissenschaften, die Städtegeschichte-Kommission Rumäniens und das rumänische Historikerkomitee (beide der rumänischen Akademie), die Denkmalkommission und die Kommission für Städtebau des Kultur- und Kultusministeriums gehören. „Seine besonderen Bemühungen im Rahmen dieser Gremien galten dabei stets und insbesondere der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und dem Austausch zwischen Deutschland und Rumänien“, so Urban. Die zahlreichen in Rumänien, Deutschland und Österreich erschienenen Publikationen von Prof. Niedermaier haben wesentlich zur Vertiefung der rumänienspezifischen Kenntnisse im deutschsprachigen Raum und zum wissenschaftlichen Austausch beigetragen, sagte die Laudatorin.

Neben Lebenswerk und Lebensleistung gibt es für Prof. Niedermaier die „Berufung“, die ihm besonders am Herzen lag und liegt und aus der heraus er zwischen 1992 und 1999 das Ehrenamt des Kurators des Hermannstädter Kirchenbezirks und sodann von 1999 bis 2008 jenes des Landeskirchenkurators innehatte. „In dieser wichtigsten Laienfunktion der Kirche“ unterstützte er den Bischof „im Interesse des Fortbestands der Kirchentraditionen der Kirche der Siebenbürger Sachsen. Der Erhalt der reichen Kunst- und Kulturgüter der Kirche und vor allem der Erhalt des evangelischen Lebens hier in seiner siebenbürgischen Heimat waren für ihn stets Antriebskraft und Verpflichtung“, so Konsulin Urban.    
In seinen Dankesworten sagte Prof. Niedermaier, der Orden bedeute mehr als eine Auszeichnung, denn er hebe den Unterschied zwischen den „Zurückgeblieben“ und den Gemeinschaftsmitgliedern „oben“ (in der Bundesrepublik) auf und trage zur Selbstfindung bei.

Die Auszeichnung sei ihm stellvertretend für das Institut für Geisteswissenschaften und die dort geleistete Arbeit verliehen worden, deren Aufgabe nicht bloß die Vertiefung der Kenntnisse über die siebenbürgische Kultur sondern auch die engere Bindung zwischen den Religions- und Volksgemeinschaften darstellt. In Sächsisch dankte er dafür, dass die Feier im Festsaal des Bischofshauses stattfinden konnte, wo man sich angesichts der Bildergalerie der Bischöfe bewusst wird, „in welcher historischen Nachfolge wir stehen“. In der Geschichte habe es Zeiten gegeben, mit denen verglichen die heutige nicht schlecht ist, sagte der Gewürdigte. Auch sei es in der Geschichte immer anders gekommen, als gedacht und so können wir auch nicht wissen, ob das vor 20 Jahren vorausgesagte Ende der Siebenbürger Sachsen eintreffen werde. Das ihm verliehene Verdienstkreuz deutete Prof. Niedermaier in Assoziation mit den an Wegkreuzungen aufgestellten Kreuzen zum Verweilen als Mahnmal, um über die heute durch Grenzen gespaltene siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft am Weg zu einem neuen Europa nachzudenken.